90-Millionen-Transfers in St. Petersburg:Wo Geld keine Rolle spielt

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90 Millionen Euro für Hulk und Witsel: Zenit St. Petersburg überrascht die Fachwelt mit seinen jüngsten Verpflichtungen und strebt nach europäischen Titeln. Problemlos zahlt der russische Klub auch überdimensionierte Ablösesummen - kein Wunder, heißt der Eigentümer des Klubs doch Gazprom.

Johannes Aumüller

Russlands Fußball entwickelt sich vorbildlich weiter. Als die Statistiker nach dem Winter-Transferfenster 2011/12 die Liste mit den teuersten Wechseln erstellten, stand auf Platz eins ein Herr namens Balazs Dzsudzsak, der nicht jedem gemeinen Fußball-Fan ein Begriff ist, für den Dynamo Moskau aber etwa 20 Millionen Euro nach Machatschkala überwies.

Ab nach Russland, genauer nach St.Petersburg: Hulk. (Foto: dpa)

Insofern ist es tröstlich, dass die Rekordliste der sommerlichen Wechselperiode seit Montagabend ein allseits bekannter Akteur anführt: Brasiliens Nationalangreifer Givanildo Vieira de Souza, genannt Hulk. Etwas weniger tröstlich ist zugleich allerdings, dass der russische Meister Zenit St. Petersburg den sogar für einen Angreifer wie Hulk recht hoch erscheinenden Preis von angeblich 50 Millionen Euro an den FC Porto zahlte.

Und dass der Klub nur ein paar Stunden später auch noch 40 Millionen Euro für den belgischen Mittelfeldspieler Axel Witsel ausgab, dessen Bekanntheitsgrad bei allem Talent bisher eher auf Dzsudzsak-Niveau liegt.

"Beide sind Wunschspieler", jubelte jedoch der italienische Zenit-Trainer Luciano Spalletti über die sündteuren Zugänge, deren Verpflichtung nur möglich war, weil die Transferzeit in Russland - anders als im Großteil der europäischen Verbände - erst am 6. September endet.

Fast in jeder Wechselperiode gibt es Transfers, die maßlos überteuert zu sein scheinen. Erst kürzlich hat selbst FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß eingeräumt, dass der wahre Marktwert des neuen Mittelfeldspielers Javier Martínez aus Bilbao um einiges unter den bezahlten 40 Millionen Euro liege. Doch bei einem Blick auf die teuersten Wechsel dieses Sommers ist es schon auffallend, wie problemlos manche Vereine auch überdimensionierte Ablösen zahlen - und es ist kein Zufall, welche Klubs dabei besonders herausragen.

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Erstens der FC Chelsea des Oligarchen Roman Abramowitsch, der sich für mehr als 70 Millionen Euro die Dienste der Talente Eden Hazard, 21, und Oscar, 20, sicherte. Zweitens Paris St. Germain, das dank des Vermögens seiner katarischen Besitzer mehr als 130 Millionen Euro ausgab. Und eben Zenit St. Petersburg, dessen Eigentümer seit einigen Jahren der staatlich kontrollierte Energieriese Gazprom ist.

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Für die Ziele in der russischen Meisterschaft sind dessen Investitionen in Spieler wie Hulk und Witsel nicht zwingend notwendig. Zenit hat sich schon in den zurückliegenden Spielzeiten kräftig verstärkt und in den vergangenen zwei Saisons den Titel gewonnen; auch in der laufenden liegt der Klub wieder auf Platz eins. Doch die Verantwortlichen, zu denen seit kurzem auch der frühere Bundesliga-Manager Dietmar Beiersdorfer zählt, drängt es wieder nach internationalen Erfolgen - so wie 2008, als Zenit den Uefa-Pokal und Europas Supercup gewann.

Dass Geld bei diesem Ansinnen keine Rolle spielt, zeigt nicht nur ein Blick auf die Ablösesummen, sondern auch auf den Stadion-Neubau: Dessen Kosten belaufen sich nach aktuellen Schätzungen auf die - selbst für russische Verhältnisse astronomische - Summe von einer Milliarde Dollar.

Doch wegen der europäischen Ambitionen müssen sich die St. Petersburger Fans auch noch etwas gedulden, bis sie Hulk und Witsel erstmals spielen sehen. Im Moment ist sowieso Länderspiel-Pause - und das für den 15. September terminierte Ligaspiel zwischen Zenit und Terek Grosny wurde jetzt auch vertagt. Das Team soll sich in Ruhe auf das Champions-League-Spiel in Malaga drei Tage später vorbereiten können.

© SZ vom 05.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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