2. Liga:Zurückhaltend solide

Gegen Aachen endet die Erfolgsserie, die Unterhaching still und stetig aus der Abstiegszone gebracht hat.

Michael Neudecker

Im Training spielen sie manchmal dieses Spiel: Der Ball wird auf den Elfmeterpunkt gelegt, dann wird geschossen, nacheinander. Wer trifft, hat seine Schuldigkeit getan - wer aber vergibt, muss fünf Euro in die Mannschaftskasse bezahlen und so oft schießen, bis er trifft.

Fünf Euro, für einen Fußballprofi ist das keine wirklich große Summe, aber es geht ja mehr um den psychologischen Effekt; nicht darum, wie viel gezahlt wird, sondern dass überhaupt gezahlt werden muss. Harry Deutinger, der Trainer der SpVgg Unterhaching, sagt, Thomas Sobotzik habe bislang "jeden versenkt". Aber die letzte halbe Stunde auf dem Unterhachinger Trainingsplatz ist eben doch anders als die letzte viertel Stunde im Stadion am Aachener Tivoli.

Dort waren am Sonntag fast 19.000 Zuschauer, die viel Lärm erzeugten, und als Thomas Sobotzik in der 77. Minute zum Elfmeter antrat, lag Haching mit 0:1 zurück, ebenfalls wegen eines Elfmeters. In solchen Situationen, sagt Deutinger, "ist der Druck groß", weshalb er Sobotzik keinen Vorwurf macht.

Vom Abstiegskandidaten hin zu einer soliden Mittelfeldmannschaft

Er hatte ihn zum Elfmeterschützen bestimmt, im Training war er ja der sicherste. Nur wenn Sobotzik nicht spielt, dürfen Stefan Buck oder Christoph Teinert ausführen. Bislang hat Haching in dieser Saison zwei Elfmeter zugesprochen bekommen, beide wurden vergeben - der erste von Patrick Ghigani, der sich spontan vorgedrängelt hatte -, und Deutinger sagt: "Das ist natürlich nicht so tragisch, aber trotzdem werden wir darüber reden, vor allem mit Sobo." Den nächsten Elfmeter wird vermutlich nicht "Sobo" Sobotzik schießen.

Doch Elfmeter sind eigentlich nicht das Hauptthema, das Harry Deutinger und die Hachinger derzeit beschäftigt. Vielmehr ist es die Erfolgsserie, die die Mannschaft in den vergangenen elf Spielen hingelegt hat - trotz der Niederlage in Aachen. Bis Sonntag hatte Haching beeindruckende 22 Punkte in zehn Spielen geholt, und keiner hat es so richtig mitbekommen, nicht einmal Deutinger selbst.

Vor dem Anpfiff wurde er darauf angesprochen: Unterhaching gegen Aachen, Herr Deutinger, da spielt ja der Erste gegen den Zweiten, nicht wahr? "Ich hab' erst nicht gewusst, was die wollen", sagt er. Unterhaching, die erfolgreichste Zweitligamannschaft der letzten zehn Spiele, gegen Aachen, die zweiterfolgreichste. "Das habe ich vergessen", gibt Deutinger zu und schmunzelt.

Er schmunzelt aus Zufriedenheit, denn Unterhaching hat in dieser Zeit einen großen Schritt vom Abstiegskandidaten hin zu einer soliden Mittelfeldmannschaft gemacht. Die Niederlage in Aachen ändert daran nichts, weil Haching in der zweiten Halbzeit mit zehn Mann (Tavcar hatte die gelb-rote Karte erhalten) erstaunlich gut mit Alemannia Aachen, dem Aufstiegsaspiranten, mithielt.

Andererseits: In der ersten Halbzeit war Haching deutlich unterlegen, "wir waren viel zu zurückhaltend, wir sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen", wie Deutinger bemängelt. Deshalb betont er, was er immer betont, wenn seine Mannschaft gelobt wird: "Uns fehlt noch sehr viel."

Das stimmt ja auch - der Abstand zu den Abstiegsrängen beträgt zwar immerhin acht Punkte, aber dass in Unterhaching auch Serien der negativen Art jederzeit möglich sind, weiß man seit der Hinrunde, als die SpVgg acht Spiele in Folge nicht gewinnen konnte.

Doch die Hachinger sind zuversichtlich, dass so etwas nicht noch einmal passiert, schließlich, sagt Deutinger, habe die Mannschaft jetzt vor allem deutlich mehr Selbstbewusstsein als früher. Erfolge machen eben selbstbewusst, auch wenn sie heimlich passieren.

Jetzt will Deutinger nur noch, dass die Mannschaft sich ihres Selbstwertgefühls künftig in jeder Partie erinnert, von Anfang an. Zum Beispiel kommenden Sonntag, im Hachinger Sportpark gegen Wacker Burghausen. "Es wird Zeit, dass wir endlich mal gegen Burghausen gewinnen", sagt Deutinger. Der letzte Sieg datiert vom 30. November 2003, damals gewann Haching 2:0.

Die Voraussetzungen sind nicht schlecht: "Wir sind körperlich fit", sagt Deutinger. Man werde sich so vorbereiten wie immer, "warum sollten wir auch was ändern". Nur das Fünf-Euro-Spiel wird vielleicht ein bisschen häufiger gespielt als sonst.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: