2. Liga: 1860 München - Bielefeld:"Ein schlechter Tag für uns"

Im Spiel eins nach dem Punktabzug schießt Zweitligist 1860 München gegen Bielefeld kein Tor, beklagt die schwere Verletzung von Stefan Aigner - und kündigt obendrein auch noch seinem vermissten Stürmer Savio Nsereko.

David Binnig, Fröttmaning

Drei Sekunden lang saß Stefan Aigner reglos hinter der Werbebande auf dem Boden - dann sprintete er los. In den Bielefelder Strafraum, zum Ball, und fast zum 1:0. Es war die 26. Minute der Zweitligapartie TSV 1860 München gegen Arminia Bielefeld. Und es war eine symptomatische Szene: Aigner war nach einem Rempler hinter der Bande auf dem Hosenboden gelandet - um von dort aus sofort einen katastrophalen Fehlpass des Gegners abzufangen.

TSV 1860 München - Arminia Bielefeld

Ein Tag zum Vergessen: Die Profis des TSV 1860 München machen nach dem Spiel gegen Bielefeld lange Gesichter.

(Foto: dpa)

Damit ist Qualität dieses für beide Teams so wichtigen Spiels hinreichend beschrieben. Sie setzte sich fast ausschließlich aus jenen drei Komponenten zusammen: Kampf, Fouls, Fehlpässe. Die Gäste aus Bielfeld traten ihrer derzeitigen Situation angepasst an - ganz in schwarz. Die Arminia rangiert auf dem letzten Tabellenplatz. 1860 München ist nach dem Punktabzug wegen des Verstoßes gegen die Lizenzauflagen Neunter. Auf einem riesigen Plakat in der Nordkurve stand: "Die zwei Punkte sind egal, unsere Mannschaft spielt brutal!"

Doch das Schlimmste, was 1860 in dieser Woche passierte, geschah an diesem Samstag, in der 82. Minute: Markus Schuler, der Bielefelder Kapitän, trat Stefan Aigner um, den Antreiber und Liebling der Löwen-Fans. Nach dem Spiel verkündete Trainer Reiner Maurer die erschütternde erste Diagnose: Verdacht auf Syndesmosebandriss. Die Ballack-Verletzung. Konsequenz: mindestens sechs Wochen Pause. Als wären es der schlechten Nachrichten nicht genug, erklärte 1860-Geschäftsführer Robert Niemann, dass dem absenten Stürmer Savio Nsereko fristlos gekündigt wurde: "Wir haben ihn am Telefon persönlich gesprochen und ihm dann unsere Entscheidung mitgeteilt. Wir verfolgen unsere konsequente Linie."

Es wurde auch Fußball gespielt - und der am meisten beobachtete Mann saß auf der Bielefelder Bank: Christian Ziege, über dessen Verbleib nach der Heimniederlage gegen den MSV Duisburg schon spekuliert wurde, gestikulierte wenig, gab kaum Anweisungen. Er wirkte ruhig, der Bielefelder Trainer, für den es um so viel ging. Ziege gab sich alle Mühe, nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, dass diese Partie ein Schicksalsspiel für ihn sein könnte. Doch das Bild später bei der Pressekonferenz ist vielsagend: Zieges Blick ist nach unten gerichtet, die Stimme leise - seine Körpersprache passt nicht zu dem, was er sagt: "Ich bin sehr zufrieden mit dem Punkt. Es macht mich sehr stolz, wie sich meine Mannschaft heute reingeknallt hat." Die Sechziger hielten mit gleichen Mitteln dagegen. Das Fußballspielen haben beide Teams ob all der Scharmützel jedoch vergessen. "Auch wenn man das immer so dahersagt", bilanziert Ziege: "Glück kann man sich auch erarbeiten".

Die Anfangsminuten gehörten tatsächlich dem Tabellenletzten. Den ersten ordentlichen Torschuss der Partie fabrizierte Bielefelds Franck Guela in der siebten Minute. Im Laufe der ersten Halbzeit wurden dann die Hausherren immer dominanter. Wenn die Löwen gefährlich wurden, waren fast immer zwei Spieler involviert: Daniel Halfar, der frühere Bielefelder, und Moritz Leitner. Der 17-Jährige Leitner sprintete über den Platz wie eine kleinere, aber nicht weniger schlaksige Version von Thomas Müller. Zwar gelang es auch ihm nicht dauerhaft, das Löwen-Spiel zu lenken, doch der gelernte Spielmacher imponierte mit einem enormen Laufpensum. Er tauchte öfter mal ab, um dann dort wieder aufzutauchen, wo sich Gefahr anbahnte - sowohl vor dem gegnerischen als auch vor dem eigenen Sechzehnmeterraum.

Die meisten Löwen-Angriffe der ersten Halbzeit liefen nach demselben Schema ab: Die Löwen kamen über ihre starke rechte Seite, irgendwann kam ein Armine angerannt und beendete den Angriff mit einem Foul. "Ich kann nicht zufrieden sein. Das war ein schlechter Tag für uns. Das auf die Strafe zurückzuführen, ist uns zu billig.", sagte Trainer Reiner Maurer hinterher.

1860 hat gegen Bielefeld zwei Punkte verloren - schon wieder. Und obendrein einen verletzten Spieler zu beklagen und seinem hoffnungsvollen Stürmer gekündigt. Gute Tage sehen wahrlich anders aus.

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