2. Liga:1860: Alles eine Frage der Logik

TSV 1860 München - VfL Bochum

Ja, wohin denn? Spieler des TSV 1860 wissen selbst nicht, wie es mit dem klub weitergeht.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Dem TSV 1860 droht wegen der Gedankenspiele von Investor Ismaik die Insolvenz, trotzdem kommt jetzt ein teurer Stürmer vom FC Augsburg.

Von Markus Schäflein und Kathrin Steinbichler

Alle Beteiligten waren sich einig: die Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München und des Erstligisten FC Augsburg sowie der Stürmer Sascha Mölders, 30. Die Sechziger suchen bekanntlich erfahrene Verstärkung für den Kampf um den Klassenverbleib. Mölders wiederum - 103 Bundesliga- und 47 Zweitligaeinsätze, 36 Tore - kam in dieser Spielzeit beim FCA kaum noch zum Einsatz.

Dennoch herrschte Unsicherheit, ob das Leihgeschäft - mit Kaufoption im Sommer - klappen würde. Denn Sechzig musste noch auf die Zustimmung des zuletzt mürrischen Investors Hasan Ismaik warten. Am Montagabend erteilte sie der Jordanier dann - am Dienstag absolvierte Mölders in München bereits seinen Medizincheck.

Dabei dürfte der erfahrene Strafraumwühler dem Arzt auch gezeigt haben, welches Verhältnis er zu seinen bisherigen Vereinen pflegt: ein enges. Oder besser gesagt: eines, das unter die Haut geht. Noch am 1. Dezember hatte Mölders auf seine Facebook-Seite ein Foto gestellt, das ihn mit seinem neuesten Tattoo zeigt, und zu dem ihm Fans quer durch die Republik gratulierten. Kopfgroß trägt der Angreifer jetzt auf der rechten Brustseite einen Fußball und darüber die Vereinswappen des MSV Duisburg, von Rot-Weiß Essen, dem FSV Frankfurt und dem FCA. "Mein Leben. . . Die nehm' ich dann wohl mit ins Grab. . .", schrieb Mölders dazu.

Platz für ein weiteres Klublogo, etwa das der Münchner Löwen, war beim kunstvoll symmetrisch gestochenen Körperschmuck nicht eingeplant. Doch Mölders, der in Augsburg wie bei seinen Stationen zuvor wegen seines bedingungslosen Einsatzes und mitreißender Tore zum Publikumsliebling geworden ist und beim FCA noch bis 2017 unter Vertrag steht, hat seine Karrierepläne noch einmal überdacht.

2. Liga: Wohin mit dem Löwen? Ein weiteres Klublogo war bei Mölders' Tattoo nicht eingeplant.

Wohin mit dem Löwen? Ein weiteres Klublogo war bei Mölders' Tattoo nicht eingeplant.

(Foto: OH)

Der 30-Jährige war immer eher ein Arbeiter als ein Künstler. Unter FCA-Trainer Markus Weinzierl musste er seiner Mannschaft zuletzt mehr und mehr von Bank und Tribüne aus zusehen. Vier Kurzeinsätze jeweils in den Schlussminuten stehen in dieser Bundesligasaison in seiner Statistik, emotionaler Tiefpunkt für Mölders war die Nichtberücksichtigung bei der Kadernominierung für die Europa League.

"Ich habe jahrelang die Knochen hingehalten, alles gegeben. Und jetzt werde ich nicht mehr beachtet", meinte Mölders vor Weihnachten. Das war der Zeitpunkt, zu dem er endgültig die Freigabe bekam. Und 1860 die Chance auf einen leidenschaftlichen Fußballer, der es versteht, die Fans hinter sich zu bringen.

Am Montag hatte Verwaltungsrats-Vorsitzender Karl-Christian Bay noch von drohender Insolvenzgefahr gesprochen, am Dienstag wurde in Mölders jetzt ein neuer Spieler geholt, der rein vom Gehalt her zur Zweitligaspitze zählt. Dieser scheinbare Widerspruch entsteht, weil die Zahlungsunfähigkeit nicht in der aktuellen Saison eintreten würde.

Pokert Ismaik?

Ismaik kündigte ja einerseits eine Million Euro für die drei geplanten Winterzugänge an - und drohte andererseits, im März die für den Lizenzerhalt 2016/17 nötigen Darlehen von rund fünf Millionen Euro nicht geben zu wollen. Bestehende Darlehen bis zum 31. Dezember noch in Genussscheine umzuwandeln, um eine Strafe durch die Deutsche Fußball-Liga in Höhe von 750 000 Euro zu vermeiden, lehnte Ismaik ebenso ab. "Das ist seine Logik", sagte 1860-Vizepräsident Peter Helfer. "Für uns ist es keine Logik."

Logisch wird die ganze Sache in der Tat höchstens, wenn man davon ausgeht, dass Ismaik weiterhin auf einen Verkauf seiner Anteile schielt und sich noch im Prozess des Pokerns mit Interessenten befindet. Dann wäre es durchaus sinnvoll, eine Mannschaft zu bauen, die den Klassenverbleib noch schaffen kann. Ein Verkauf müsste allerdings in jedem Fall noch vor dem 15. März, dem Stichtag der Lizenzierung, erfolgen.

Denn eine externe Finanzierung der DFL-Auflagen, wie im Februar 2015, als Sechzig die Vermarktungsrechte an Infront abgab und dafür eine Abschlussprämie kassierte, erscheint diesmal äußerst unwahrscheinlich. Ein ähnlicher Deal - etwa über die Abtretung von den Fernsehgeldern oder Zuschauereinnahmen aus ferner Zukunft - dürfte angesichts der sportlichen Lage für mögliche Geldgeber viel zu risikoreich sein.

Wenn die Löwen die Zweitligalizenz nicht erhalten würden, dürfte auch die Teilnahmeberechtigung für die dritte Liga schwer zu bekommen sein. Präsident Peter Cassalette brachte vom Vermieter FC Bayern schon einmal schlechte Nachrichten mit. "Ich war letzte Woche zum Antrittsbesuch bei Karl Hopfner. Und der hat am Schluss gefragt: Was ist denn eigentlich, wenn ihr in die dritte Liga geht?

Dann müsst ihr ja noch immer bei uns in der Arena spielen", berichtete Cassalette. "Aber wir haben das Thema dann nicht weiter vertieft." Erst einmal will der Präsident erfahren, was der rätselhafte Investor vorhat. Dafür reist Cassalette am 4. oder 5. Januar auf Einladung Ismaiks nach Abu Dhabi.

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