27-Jähriger kauft Europa-League-Klub:Dubioser Deal unter reichen Männern

Durch ein fragwürdiges Geschäft löst bei Metallist Charkow ein 27-Jähriger den Oligarchen Alexander Jaroslawskij als Eigentümer ab. Der Fall zeigt, wie eng Sport und Wirtschaft in der Ukraine miteinander verflochten sind - sogar die Regierung soll involviert sein.

Von Johannes Aumüller

Geschenke schaden ja nie, um die Stimmung zu verbessern, und in der Ukraine gibt es kein geeigneteres Datum für Präsente als den 31. Dezember. Am letzten Tag des Jahres kommt nämlich Ded Moros (Väterchen Frost, die slawische Variante des Weihnachtsmannes), um die Gaben zu verteilen - und so schloss sich Sergej Kurtschenko einfach der Reihe der Schenker an.

500 Fans, so verkündete der neue Präsident von Metallist Charkow, dürften im Februar auf Kosten des Klubs zum Europa-League-Spiel in Newcastle reisen. Kurtschenko hat solche Gesten allerdings auch nötig. Denn der Ruf des gerade mal 27-Jährigen ist nicht sonderlich gut, seit er kurz vor Weihnachten den Verein vom Oligarchen Alexander Jaroslawskij erwarb.

Es ist ein dubioser Fall, der sich da rund um den ostukrainischen Klub ereignete - und der wieder einmal exemplarisch zeigt, wie eng Sport, Politik und Wirtschaft in der Ukraine miteinander verflochten sind. Jaroslawskij, der im Finanzbusiness anfing und heute über die Holding DCH in etlichen Branchen mitmischt, zählt zu den reichsten Männern des Landes.

Wie genau der 53-Jährige mit dem markanten Glatzkopf zu seinem Geld kam, darüber schweigt er. 2004 jedenfalls erwarb er Metallist und steckte seitdem zirka eine halbe Milliarde Euro in den Verein sowie die Infrastruktur des EM-2012-Spielorts, wo es unter anderem zum Vorrundenspiel zwischen Deutschland und Holland (2:1) kam. Ein umgebautes Stadion, ein neuer Flughafen, ein neuer Bahnhof und neue Hotels: Überall mischte Jaroslawskij mit. Und weil er anders als sein Donezker Oligarchen-Rivale Rinat Achmetow kein zurückhaltender Typ ist, inszenierte er sich und sein Geld auch gerne.

Kontakte zur Regierung?

So lud er etwa vor der EM Fernsehteams ein, um seine Besitztümer abfilmen zu lassen. Als "König von Charkow" galt er irgendwann - sehr zum Verdruss von Bürgermeister Gennadij Kernes. "Wer sich selbst König nennt, ist krank", ätzte dieser. Jetzt hat er es geschafft, den König zu stürzen. Denn Jaroslawskij suggeriert, er sei von der Stadt zu dem Verkauf gezwungen worden; er spricht von "unverständlichen Forderungen" und einem "beispiellosen psychologischen Druck".

Einen konkreten Grund nennt er nicht, doch zuletzt hatte es immer wieder gravierende Vorfälle gegeben. Der jüngste Konfliktpunkt: ein Streit über das Stadion, das die Stadt und der Oligarch vor der EM für zirka 80 Millionen Dollar gemeinsam renoviert hatten. Nun wollte die Stadt über das Stadion komplett selbst verfügen.

In der Ukraine gibt es aber den Verdacht, dass bei dem Deal auch die politische Führung in Kiew eine Rolle spielte. Der neue Vereinspräsident Kurtschenko, der in Charkow geboren wurde und über dessen sonstige Vita nur wenig bekannt ist, gilt trotz seiner erst 27 Jahre als Mann mit besten Verbindungen. Kolportiert wird eine Freundschaft mit Alexander Janukowitsch, dem Sohn des Staatspräsidenten.

Nach Recherchen der ukrainischen Forbes-Ausgabe kontrolliert er faktisch die Firma GasUkraina-2009. Und der Anteil des Konzerns am ukrainischen Gasgeschäft ist in den vergangenen Jahren so imposant angewachsen, dass die Zeitung Kurtschenko bereits den Titel "neuer Gas-König" verlieh. Bei einem lukrativen Deal gelang es ihm sogar überraschend, den Oligarchen Dmitrij Firtasch auszustechen - der als enger Vertrauter des Staatschefs gilt.

Allerdings nehmen dem ehemaligen Eigner Jaroslawskij nicht alle Beobachter dessen Erschütterung ab. Zwar nennen die Beteiligten den Kaufpreis offiziell nicht, doch die ukrainischen Medien gehen von einer Summe von immerhin 300 Millionen Euro aus. Außerdem kommt Jaroslawskij nun um ein unangenehmes Thema herum. Denn der Klub ist noch immer ein Fall für den Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne. 2008 war Metallist Charkow auch wegen eines 4:0-Sieges gegen Karpaty Lwiw in den Uefa-Pokal eingezogen. Später hatte ein Spieler von Karpaty gestanden, die Partie manipuliert und dafür Geld von Charkower Vereinsverantwortlichen erhalten zu haben.

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