2. Fußball-Bundesliga:1860 korrigiert mit Sebastian Boenisch sein Transferversäumnis

Neuzugang Sebastian Boenisch li Trainer Kosta Runjaic Fussball 2 BL 07 10 2016 TSV 1860

"Man weiß, dass es hier auch mal ungemütlich werden kann", sagt Sebastian Boenisch (links, mit Trainer Kosta Runjaic) am ersten Tag bei 1860.

(Foto: lackovic/imago)

Mit der Verpflichtung des vereinslosen Außenverteidigers reagieren die Verantwortlichen des Fußball-Zweitligisten nicht nur auf das Verletzungspech in dieser Saison.

Von Philipp Schneider

Es soll ja Menschen im Umfeld des TSV 1860 München gegeben haben, die sich ein wenig darüber wunderten, mit welcher Begründung Sportchef Thomas Eichin Ende August alle Transaktionen auf dem Spielermarkt für beendet erklärte. Ohne sich, und das war der maßgebliche Grund für die Verwunderung, auf einer Position verstärkt zu haben, auf der nach dem Abschied von Kapitän Christopher Schindler wohl der größte Handlungsbedarf bestand. "Ich wusste gestern schon, dass ich nichts mehr mache", sagte Eichin am Tag, nachdem das sogenannte Transferfenster geschlossen war, und fügte an: "Ich hätte nur einen Innenverteidiger geholt, der über jeden Zweifel erhaben ist. Wir wollten keinen Ergänzungsspieler holen, nur damit wir was machen."

Fünf Wochen später hat der Fußball-Zweitligist wenig überraschend doch noch was gemacht: Er hat zwar keinen Innenverteidiger verpflichtet, sondern einen gelernten Außenverteidiger. Aber immerhin und konsequenterweise ist der zuletzt vereinslose Sebastian Boenisch nicht als Ergänzungsspieler bei Sechzig eingeplant, sondern als ein "sehr kommunikativer" Mensch, wie Trainer Kosta Runjaic am Freitag erklärte. Als solcher werde Boenisch "sehr schnell eine Führungsrolle übernehmen" auf dem Platz.

Diese Aufgabe fällt Boenisch allein deshalb zu, weil seine Dienste noch dringlicher benötigt werden als zu Saisonbeginn. "Die Personalsituation ist bekannt, das kommt vor", befand Runjaic trocken. Die (in der Tat ungewöhnlich zahlreichen) verletzungsbedingten Ausfälle bei Sechzig seien ja "so nicht geplant" gewesen.

Boenisch soll wacklige Viererkette stabilisieren

Andererseits hat es sich schon vor den längeren Absenzen von Rechtsverteidiger Filip Stojkovic, Innenverteidiger Milos Degenek und der noch frischen Verletzung von Linksverteidiger Maxi Wittek gerächt, dass Sechzig im Sommer lieber den 19-jährigen Ribamar verpflichtete - für eine kolportierte Ablöse von 2,5 Millionen Euro. Der Brasilianer, dessen Verpflichtung nach SZ-Informationen so ebenfalls nicht von Eichin geplant war (und die erst auf Empfehlung von Beratern von Investor Hasan Ismaik zustande kam und sich bis zum Vollzug zwei Wochen hinzog) wird noch immer von einer langwierigen Verletzung geplagt - die wacklige Viererkette wird der Stürmer allerdings so oder so nie stabilisieren.

Boensich kommt auf 124 Erstligaspiele

Mit der Verpflichtung von Boenisch hat Sechzig nun also nicht nur auf das Verletzungspech in diesem Jahr reagiert. Die Verantwortlichen haben auch ein wohl nicht einmal selbst verschuldetes Transferversäumnis des Sommers nachgeholt.

Sebastian Boenisch, 29, geboren in Gliwice, Polen, ist inzwischen schon etwas länger auf Tournee im Fußballgeschäft. In den vergangenen elf Jahre lang hat er 124 Bundesliga-Partien für Schalke 04, Werder Bremen - und zuletzt Bayer Leverkusen bestritten. Dass sein auslaufender Vertrag von den Rheinländern im Frühjahr nicht mehr verlängert wurde, ist zweifelsfrei auch vor dem Hintergrund zu verstehen, dass Leverkusen auf den Außenverteidigerpositionen außergewöhnlich gute Alternativen besitzt. Eichin lobt Boenischs Schnelligkeit, außerdem sei er "topfit". Was ja nicht selbstverständlich ist bei einem vereinslosen Spieler, der seinen Körper in den vergangenen Wochen freiwillig auf dem Gelände von Leverkusen in Form gehalten hat. Die Grundlage sei "ordentlich", erzählt er bei seiner Vorstellung. Er habe "auf diese Chance gewartet".

Der Wechsel zu Sechzig sei "kein Rückschritt", sagt Boensich tapfer

Gleichwohl nimmt Boenisch ja nun zum ersten Mal die Chance wahr, in der zweiten Liga zu spielen. Insofern wird sich weisen, wie gut er sich an das robustere Spiel anpasst, das eine Liga tiefer angeraten ist. Er sehe seinen Wechsel "nicht als Rückschritt", verkündete er tapfer, seine Situation in Leverkusen sei zuletzt "schwierig" gewesen.

Nach dem Benefizspiel in Burghausen an diesem Sonntag (16 Uhr) gegen eine Auswahl des Bayerischen Fußball-Verbands wird Runjaic eine bessere Vorstellung davon haben, ob er Boenisch auch beim anstehenden Ligaspiel gegen Fortuna Düsseldorf in der kommenden Woche einsetzen wird, nach dem die im Umfeld bereits in Gang geratene Trainerdiskussion noch an Schärfe zulegen könnte. "Man weiß, dass es hier auch mal ungemütlich werden kann", sagt Boenisch. Er wird wissen, warum ihn das von einer Zusage bei Sechzig nicht abgehalten hat.

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