1:0 für Stuttgart:Perfekter Minimalistenfußball

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Zum Gewinnen reicht's: Erik Thommy (links) verwandelt einen Abpraller zum einzigen Tor des Spiels. (Foto: Alex Grimm/Getty)

Mit Trainer Tayfun Korkut lässt der VfB Stuttgart defensiv kaum etwas zu. Das täuscht auch gegen Frankfurt über eine offensiv biedere Leistung hinweg. Korkuts Kritiker sind verstummt.

1:1, 1:0, 1:0, 1:0 - der VfB Stuttgart hat mit Tayfun Korkut den Minimalistenfußball perfektioniert. Der 43-Jährige, der bei seiner Amtsübernahme am 29. Januar heftig angefeindet wurde, hat es in kurzer Zeit geschafft, die Stimmung bei den Schwaben komplett zu drehen. In der Mercedes-Benz Arena blieben sie auch im vierten Spiel unter ihrem neuen Trainer ungeschlagen und entfernen sich weiter von den Abstiegsrängen. Die Gründe für den aktuellen Höhenflug liegen auf der Hand: Korkut, Nachfolger von Hannes Wolf, hat aus einem verunsicherten Haufen eine Truppe geformt, die defensiv kaum etwas zulässt und die Struktur hat. "Das ist eine unglaubliche Qualität", sagte VfB-Sportvorstand Michael Reschke nach dem achten Heimsieg der Saison.

In der Abwehr überzeugten gegen Eintracht Frankfurt einmal mehr Timo Baumgartl und Benjamin Pavard, die trotz ihrer erst 21 Jahre sehr abgeklärt agieren und die Defensive im Verbund mit Holger Badstuber, der erneut auf der für ihn ungewohnten Sechserposition spielte, zusammenhalten. Das sei "überragend", lobte Reschke.

Nicht wirklich überragend war hingegen das, was die zwei nach dem FC Bayern München defensivstärksten Teams der Liga den 55 418 Zuschauern an diesem Tag in der Offensive boten. Der pomadige Tabellendritte Frankfurt konnte bei weitem nicht an die Leistung vom 2:1 gegen RB Leipzig anknüpfen. Das Fehlen von Ideengeber Kevin-Prince Boateng wegen einer Gelbsperre war dem verhalten auftretenden Team anzumerken, so wie auch der erneute Ausfall von Mittelfeld-Kollege Omar Mascarell wegen einer Fußverletzung. Stuttgart, das spielerisch ebenfalls enttäuschte, hatte zumindest ein Chancenplus.

So war es wenig überraschend, dass dem einzigen Tor des Tages ein grober Fehler vorausging. David Abraham verlor den Ball an Daniel Ginczek, dessen Schuss Marco Russ an den Pfosten lenkte. Den Abpraller nutzte in der 13. Spielminute Neuzugang Erik Thommy zu seinem ersten Treffer für Stuttgart. "Wir sind alle glücklich. Das tut enorm gut", sagte der VfB-Flügelspieler.

"Das Niveau war gar nicht gut - und wir waren noch schlechter", schimpft Kovac

Frankfurts Danny da Costa hatte zuvor bereits in der 9. Minute mit einem Distanzschuss die Latte gestreift. Doch der frühe Rückstand sorgte für einen Bruch im Spiel der Eintracht, die sich erst kurz vor der Halbzeitpause wieder ans Stuttgarter Tor herantastete. Ein Treffer von Sebastien Haller in der 41. Minute wurde wegen klarer Abseitsposition jedoch aberkannt.

Ginczek, in Szene gesetzt von Sturmpartner Mario Gomez, verpasste kurz nach der Pause das 2:0, als er im letzten Moment von Danny da Costa gestoppt wurde (46.). Zwei Minuten später scheiterte er wiederum mit einem Kopfball an Eintracht-Torwart Lukas Hradecky. Danach verflachte die Partie wieder, obwohl Frankfurts Trainer Niko Kovac zur zweiten Halbzeit in Marco Fabián anstelle von Russ einen weiteren Offensivspieler brachte. Stuttgart zog sich noch weiter zurück, Frankfurt fehlten die fußballerischen Mittel, um die Korkut-Elf ernsthaft in Bedrängnis zu bringen.

"Das Niveau war gar nicht gut - und wir waren noch schlechter", schimpfte Kovac: "Wenn man solch eine Leistung abliefert, kann man keine Punkte holen. Deshalb sind wir sehr enttäuscht. Die Art und Weise, wie wir das Spiel geführt haben, ärgert mich maßlos."

In Stuttgart sind derweil die Stimmen verstummt, die Korkut den Job beim VfB nicht zugetraut hatten. Zehn Punkte holte der VfB aus den vergangenen vier Spielen, darunter am vergangenen Wochenende auch den ersten Dreier in der Fremde. Doch der Coach will sich von der Euphorie nicht anstecken lassen. "Die drei Punkte tun gut. Aber wir werden weiter arbeiten. Es läuft nichts von selber. Wir dürfen keine Zufriedenheit ausstrahlen und müssen unser Ziel immer vor Augen haben", sagte Korkut. Auch Reschke warnte. Zwar wachse mit dem "Ergebnisglück auch das Selbstvertrauen. Aber für uns alle ist klar: Wir sind noch nicht gerettet. Wir brauchen noch sieben, acht Punkte".

© SZ vom 25.02.2018 / SID, DPA - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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