2:1 für Schalke:Gewackelt, gekämpft, gewonnen

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Ein Spiel wie die ganze Saison: Mit dem etwas glücklichen Sieg gegen Augsburg sichert der FC Schalke Platz zwei vor Dortmund und die Champions-League-Qualifikation. "Mega", findet Trainer Tedesco.

Von Maik Rosner, Augsburg

Christian Heidel hatte schon Lust zu feiern, aber er flüchtete erst mal vor der Party in der Kabine. Er wollte ja zunächst noch Bilanz ziehen und darüber sprechen, dass der FC Schalke in der kommenden Saison wieder in der Champions League spielen wird. Und noch viel mehr, sagte Heidel, freue er sich über den zweiten Tabellenplatz. "Die Vizemeisterschaft fühlt sich am besten an", befand er, "für mich ist das eine gefühlte Meisterschaft."

Wenn man so will, hatte die Mannschaft von Trainer Domenico Tedesco durch das 2:1 (2:1) beim FC Augsburg zumindest so etwas wie eine Ruhrgebietsmeisterschaft vor Borussia Dortmund gewonnen. Der Vorsprung auf den Rivalen auf Rang drei beträgt fünf Punkte, was die von der Uefa mit ungefähr 45 Millionen Euro belohnte Versetzung in die Champions League noch ein bisschen süßer erscheinen ließ. Letztmals hatten sie am 10. März 2015 auf der schicksten Bühne des europäischen Vereinsfußballs gestanden und dort sogar im Achtelfinale Real Madrid 4:3 geschlagen, was allerdings dennoch das Aus bedeutete. Nun stehen wieder Reisen durch Europas Eliteliga an. Und das nach einem Umbruch im vergangenen Sommer, nach dem die Schalker Gemeinde eher nicht davon ausgegangen war, hinter dem FC Bayern als zweitbeste Mannschaft der Liga gelistet zu sein. Weshalb Heidel ein "Riesenkompliment an die Mannschaft und den Trainer" aussprach und Tedesco dabei besonders bedachte. Der 32-Jährige habe einen großen Anteil. "Man spürt es in der Kabine, dass da etwas zusammengewachsen ist, und das ist auch ein Verdienst von Domenico Tedesco", sagte Heidel. Für den Trainer selbst fühlte sich die doppelte Freude schlicht "mega" an.

Glücklicher Torschütze: Thilo Kehrer traf gleich doppelt für Schalke. (Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)

Begonnen hatte der Nachmittag der Schalker allerdings eher holprig. Sie hatten nämlich gar nicht wie ein Champions-League-Teilnehmer gespielt. Das Missverständnis zwischen Thilo Kehrer und Torwart Ralf Fährmann in der vierten Minute wirkte jedenfalls eher wie eine Szene aus einem Schülerspiel des Ruhrgebietspokals. Alfred Finnbogason entwendete den beiden unentschlossenen Schalkern den Ball und schob ihn aus sehr spitzem Winkel aufs Tor. Über die Linie kullerte der Ball an den Pfosten und sprang von dort aus wieder zurück ins Feld. Die Schalker brauchten eine Viertelstunde für ihre erste Torannährung. Dennoch führten sie bald darauf, und es fügte sich in die Eindrücke der Anfangsphase, dass Kehrers 0:1 eher einem Zufall entsprang. Guido Burgstallers Abschlussversuch lenkte Kehrer allerdings kunstvoll mit dem Außenrist ins Tor (23.).

Die Augsburger reagierten mindestens ebenso pfiffig, als Daniel Baier vier Minuten nach dem Rückstand einen umstrittenen Freistoß schnell ausführte, während sich die Schalker noch beim Schiedsrichter beschwerten. Linksverteidiger Philipp Max traf (27.). Erst danach strafften sich die Schalker. Kehrer traf mit seinem Kopfball Augsburgs Finnbogason, von dessen Hüfte der Ball zum 1:2 ins Tor prallte (34.). "Das Spiel erzählt schon die Saisongeschichte", befand Tedesco später und wertete dies auch als Beleg einer Charakterstärke. "Wir haben wackelig angefangen, uns reingekämpft, stabilisiert und dann viele Chancen gehabt. Das ist schon ein Sinnbild der Saison", sagte er.

Enttäuschte Augsburger: Rani Khedira, Martin Hinteregger, Michael Gregoritsch und Philipp Max (v.l.), zwischen ihnen läuft Schalkes Naldo. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Ein bisschen Glück war in Augsburg allerdings auch nötig, weil der FCA in der zweiten Halbzeit nahezu durchgehend auf den Ausgleich drängte. Und dass es in der 56. Minute nicht tatsächlich 2:2 stand, lag an der Abseitsposition des vermeintlichen Torschützen Marco Richter. Einige Turbulenzen in der Schalker Abwehr waren dieser Szene vorausgegangen, und auch danach geriet jene Defensive, die die Basis für die Zulassung zu Europas Eliteliga in dieser Saison gelegt hatte, noch ein paar Mal in erstaunliche Unordnung. Aber das war am Ende egal, und auch Heidel sprach wieder übers Feiern: "Ich habe nichts dagegen, wenn sie den Flieger heute leer trinken."

© SZ vom 06.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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