1:0 für Gladbach:Etwas Glück nach 431 Minuten Pech

Hannover 96 · Borussia Mönchengladbach

"Das war natürlich großes Glück", sagte Christoph Kramer (hinten) nach dem Spiel über seinen erlösenden Siegtreffer.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der kann das "normal gar nicht": Durch einen Glücksschuss von Christoph Kramer beendet Borussia Mönchengladbach seine Ergebniskrise. Trainer Dieter Hecking spricht von "purer Erleichterung".

Eine Erkenntnis, die diese Partie zwischen Borussia Mönchengladbach und Hannover 96 lieferte, war die über das Unvermögen des Mittelfeldspielers Christoph Kramer. Sie war Thema nach dem Schlusspfiff. Kramer kann, nach allgemeinem und eigenem Dafürhalten, nicht den Ball so mit dem rechten Fuß stoppen, dass er einen kleinen Bogen beschreibt und anschließend so perfekt in seinem Laufweg landet, dass Kramer den Ball mit dem linken Fuß in hohem Bogen in den linken Torwinkel schicken kann, ebenfalls perfekt. Er könne das "normal gar nicht", sagte Gladbachs Trainer Dieter Hecking, "auch nicht im Training". Deswegen sei es "nicht nachvollziehbar" gewesen, was Kramer in jener 72. Minute vorgeführt habe.

Knapp 20 Meter vor dem Hannoveraner Tor hatte Kramer einen Pass mit dem rechten Fuß so gestoppt, dass er einen kleinen Bogen beschrieb, genau so, dass Kramer ihn mit dem linken Fuß in hohem Bogen in den linken Torwinkel schicken konnte. "Das war natürlich großes Glück", gab Kramer anschließend zu, "so einer gelingt mir nicht so oft". Nachvollziehbar war dann allerdings der emotionale Jubel der Gladbacher. Weil außer Kramer keiner traf, gewann die Borussia nach vier Niederlagen in Serie mal wieder ein Bundesligaspiel, mit 1:0. "Es war eine pure Erleichterung", sagte Hecking: "Die Jungs haben sich für einen sehr ordentlichen Auswärtsauftritt belohnt." Solche hatte es in den vergangenen Wochen nicht gegeben.

Deshalb waren die Gladbacher in Hannover von Beginn an bestrebt, dem Negativtrend aktiv entgegenzuwirken. Schon nach sechs Minuten hätte Lars Stindel beinahe die Führung erzielt. Nach einem Querpass von Thorgan Hazard, der Hannovers Torhüter ausmanövrierte, zielte er jedoch ans Bein eines Verteidigers anstatt ins leere Tor. Stindl steht derzeit stellvertretend für die Gladbacher Harmlosigkeit, er wartet seit über 1200 Minuten auf einen Treffer. Und auch der Rest des Teams trifft das Tor nicht. Auch in Hannover war das Problem offenkundig: "Wir hatten wieder sehr viele Chancen", klagte Hecking.

"Es wäre falsch, jetzt wieder von Europa zu sprechen"

Trotzdem dominierte Gladbach den Gegner, der erst in der zweiten Halbzeit zu Chancen kam. Die beste vergab Ihlas Bebou per Kopf (50. Min.). Die Gladbacher ließen sich nicht verunsichern, mussten aber lange auf das erlösende Tor warten. Jonas Hofmann näherte sich an, traf die Latte (63. Minute). Dann machte Kramer das, was er eigentlich nicht kann. Nach 77 Torschüssen und 431 torlosen Minuten gelang der Borussia wieder ein Treffer. "Vielleicht musste dann so ein Glücksschuss her", vermutete Kramer.

Kapitän Stindl meinte: "Das ist ein riesiges Glücksgefühl nach einer schwierigen Zeit. Aus diesem Spiel können wir viel schöpfen." Aber nur nicht zu viel der Euphorie: Zwar hat sich die Borussia durch ihren Sieg mit jetzt 34 Punkten den Europacup-Plätzen wieder angenähert. Doch davon wollten Hecking nichts hören. "Ich bin keiner, der Woche für Woche auf die Tabelle schielt." Torhüter Yann Sommer fand: "Es wäre falsch, jetzt wieder von Europa zu sprechen."

Europa, solche Probleme hätten sie in Hannover gerne. Die Partie zeigte einmal mehr, wie sehr der Verein gerade mit sich selbst beschäftigt ist. Während der 90 Minuten lieferten sich Gegner von Vereinspräsident Martin Kind ("Kind muss weg") und dessen Befürworter ("Ultras raus") hitzige Wortgefechte. Was es nicht gab: Geschlossene Unterstützung für die Mannschaft. "Es kotzt mich an", wetterte Sportdirektor Horst Heldt: "Wir beschäftigen uns mit allem anderen, nur nicht mit Fußball."

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