3:0 für Bayern:Auslaufen am Samstag

Der Meister beherrscht auch die Partie gegen den Aufsteiger mühelos und schont dabei die Kräfte für das Top-Spiel am Dienstag gegen Wolfsburg.

Von Tobias Schächter, Darmstadt

Auch Thomas Müller grinste. Als sich der Weltmeister mit den anderen hochdekorierten Auswechselspielern des FC Bayern, die an diesem Samstag Philipp Lahm, Xabi Alonso, Javier Martinez und Thiago hießen, kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit zum Warmmachen bewegte, riefen die Fans des SV Darmstadt 98: "Ihr seid nur Auswechselspieler." Müller nahm die feine Ironie aus der Kurve gelassen. Und grinste. Wirklich gefährlich ist der bis dahin ungeschlagene Aufsteiger den Bayern ja auch nicht geworden, am Ende gewann der FC Bayern München sehr souverän bei Darmstadt 98 mit 3:0, Kingsley Coman und Sebastian Rode hatten die Partie mit zwei Toren innerhalb von einer Minute (60., 61.) frühzeitig entschieden, Arturo Vidal die Bayern mit einem Fernschuss in der 22. Minute in Führung gebracht.

Die wichtigste Nachricht: Martinez' Knie schmerzt nicht

Die Partie geriet für den Favoriten schnell eher zu einem Auslaufen unter Wettkampfbedingungen nach dem 3:0-Erfolg am vergangenen Mittwoch in der Champions-League in Piräus. Kräfteschonen vor dem Bundesliga-Spitzenkampf am Dienstag gegen Wolfsburg war angesagt. "Wir brauchten heute Beine nach dem Spiel in Piräus und dem Unfall beim Flug nach München", erklärte Guardiola. Der angeschlagene Robert Lewandowski stand nicht auf dem Spielberichtsbogen.

Es klang nach einer typisch guardiolaschen Übertreibung, als der Trainer behauptete, heute hätten die Besten für diesen Moment gespielt. Aber die Bayern holten neben den drei Punkten das Optimale aus diesem Spiel beim Aufsteiger für sich heraus. Die Stars konnten durchschnaufen vor den schweren Wochen mit Vierfachbelastung in Liga, Pokal, Champions-League und Nationalmannschaft - und erstmals in dieser Saison von Beginn an eingesetzte Profis wie Sebastian Rode und Joshua Kimmich konnten Selbstvertrauen tanken und sich empfehlen. Besonders freute sich Guardiola über das Debüt von Javier Martinez, der nach 13 Monaten Verletzungspause in der 65. Minuten für Vidal eingewechselt wurde. Der gelernte Mittelfeldspieler Martinez wird künftig von Guardiola vor allem als Alternative auf der Innenverteidiger-Position gesehen. Das ist auch besonders wichtig. Dem Trainer steht derzeit aufgrund von Verletzungen nur ein gelernter zentraler Abwehrspieler zur Verfügung, Jerome Boateng. Zwar füllt auch David Alaba diese Position perfekt aus, aber Guardiola ("Alaba kann zehn Positionen spielen") kann sich den Österreicher auch gut weiter vorne vorstellen. Aber erst mal war der Trainer froh, dass das Knie von Martinez nicht schmerzte. "Und das", so Guardiola, "ist heute die wichtigste Nachricht für uns."

Es gab also mehr über das Personal der Bayern zu diskutieren, als über die Darmstädter, die diesmal an Grenzen stießen. "Das Normalste der Welt ist passiert", erklärte 98-Trainer Dirk Schuster: "Die Bayern haben in Darmstadt gewonnen." An diesem Samstag prallten zwei komplett verschiedene Welten in einer Liga zusammen, hier die Bayern mit einem Lizenzspieleretat von 190 Millionen Euro, da die Darmstädter mit einem Budget von 20 Millionen und ihrem alten Stadion am Böllenfalltor.

Schema & Statistik

Alle Daten und Fakten zum Spiel stehen hier.

"Die Kabinen, das ist Fußball": Auch Guardiola schwärmt vom Bölle

Doch die Bayern ließen sich nicht von dieser Volksfeststimmung im "Bölle" und den kleinen Kabinen stören. Im Gegenteil, Pep Guardiola schwelgte: "Diese Kabinen, das ist Fußball; diese Atmosphäre, das ist Fußball." Pep fühlte sich an seine Anfangszeiten in der vierten spanischen Liga erinnert. Auch Weltstars sind Fußballromantiker und werden durch diese authentische Stimmung eher beflügelt.

"Wir fühlen uns sauwohl hier", sagte Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer schon vor dem Anpfiff. Zumal die Darmstädter Spieler nicht jene Nervensägen gaben in diesen 90 Minuten wie in den Spielen zuvor. Geärgert wurde eher der Underdog, weil die Bayern die Lilien-Profis laufen ließen, ohne dass sie an den Ball oder gar in den Zweikampf kamen. "Jeder Bayern-Spieler hat die Ruhe im Arsch", staunte 98-Mittelfeldspieler Jerome Gondorf fast ehrfürchtig. Bis zum entscheidenden Doppelschlag nach einer Stunde habe seine Mannschaft aber ganz gut mitgehalten, fand Trainer Schuster, das könne man für die Partie am kommenden Dienstag gegen Bremen mitnehmen. Schuster wusste die Partie "richtig einzuordnen", diesmal war der Gegner einfach zu gut.

Und dennoch feierten die Lilien-Fans ihre Elf und sich selbst nach dem Abpfiff frenetisch. "So etwas gegen eine so starke Mannschaft einmal durchzumachen, ist einfach eine geile Sache. Wir freuen uns, dass wir überhaupt gegen die Bayern antreten durften", sagte Darmstadts Präsident Klaus-Rüdiger Fritsch. Vor knapp sieben Jahren retteten die Bayern den damaligen Viertligisten Darmstadt 98 noch mit einem Benefizkick im "Bölle" vor der Insolvenz. Dieses Pflichtspiel diesen Samstag in der ersten Liga gegen den großen Klub aus München war nun die Belohnung für den wundersamen Aufstieg der Darmstädter. Mehr war einfach nicht drin für die Lilien.

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