1. FC Nürnberg:Ohne Schnaps

Trainingsauftakt  1. FC Nürnberg

Nürnbergs Trainer René Weiler (Mitte) im Kreise seiner Spieler: Das Club-Gelände mit Trainingsplätzen am Valznerweiher soll nun beliehen werden.

(Foto: Klaus Schillinger/dpa)

Das zweite Jahr in der zweiten Liga stellt den Club vor große Herausforderungen - Trainer Weiler spürt schon die Last.

Von Markus Schäflein, Nürnberg

Auf das Publikum, immerhin das, ist Verlass beim 1. FC Nürnberg. Fast 20 000 Dauerkarten hat der Club verkauft, eine stolze Zahl für die zweite Liga - und das nach der missratenen Vorsaison und einer Vorbereitung, die zumindest den reinen Testspiel-Ergebnissen nach ernüchternd ausfiel. Außerdem hat der im zweiten Zweitliga-Durchgang nach dem Abstieg zunehmend klamme Verein weit über 1000 so genannter "Treue-Dauerkarten" verkauft, die im Namen der kurzfristigen Liquidität künftige Einnahmen vorwegnehmen - drei Jahre sind sie gültig, und der Preis ist unabhängig davon, ob die Nürnberger im Jahr 2018 gegen Borussia Dortmund oder gegen Sonnenhof Großaspach antreten werden. Der Franke ist eben treu und genügsam.

Frisches Geld von den Anhängern kann der Club gut gebrauchen, denn einige Hoffnungen in finanzieller Hinsicht haben sich über den Sommer nicht erfüllt. Bei den Sponsoren hat die missglückte vergangene Saison nicht gerade für Begeisterung gesorgt, unter anderen verlängerte der keineswegs für Genügsamkeit bekannte Thomas Sabo, Mäzen der benachbarten Ice Tigers, die Zusammenarbeit offenbar nicht - jedenfalls ist sein Logo auf der Homepage nicht mehr zu finden. Und hätte der frühere Nürnberger Ilkay Gündogan Borussia Dortmund im Sommer verlassen, hätte eine prozentuale Beteiligung an der Transfersumme einen schönen Millionenbetrag aufs Club-Konto gespült, "einen wunderbaren Schnaps obendrauf", wie es Sportvorstand Martin Bader formulierte; doch Gündogan entschied, beim BVB zu bleiben.

Immerhin hat der 1. FCN im großen Vermarkter Sportfive einen liquiden und bei der Deutschen Fußball-Liga angesehenen Partner, der bei Lücken auch mal einspringen kann, der die Konditionen der Zusammenarbeit allerdings umso mehr zu seinen Gunsten lenken kann, je mehr er helfen muss. Weiterhin wäre - bei einem passend attraktiven Angebot - ein Verkauf von Talent Niklas Stark eine Idee, um die finanzielle Lage aufzuhübschen.

Das Warten auf den neuen Rechtsverteidiger geht weiter

An diesem Montagabend (20.15 Uhr), zum Liga-Auftakt beim Bundesliga-Absteiger SC Freiburg, wird Stark in jedem Fall mitwirken, im Gegensatz zum verletzten neuen Linksverteidiger Laszlo Sepsi, der dann am Freitag im Heimspiel gegen Heidenheim erstmals im Kader stehen soll. Auch Sebastian Kerk, Jürgen Mössmer und Tim Leibold fehlen, und, selbstredend, auch der neue Rechtsverteidiger. Die Nürnberger warten auf den Norweger Martin Linnes, der mit Molde noch in der Champions-League-Qualifikation spielt: "Wenn man eine sehr gute Lösung hat, muss man sich manchmal in Geduld üben", sagt Trainer René Weiler, der in Sachen Kaderplanung keineswegs immer mit Sportvorstand Bader auf einer Linie liegt.

Aus finanziellen Gründen ist der Club eigentlich zum Aufstieg gezwungen; weil die Verantwortlichen aber ihren nach finanziellen Zwängen zusammengestellten Kader realistisch einschätzen, wollen sie eine derart forsche Zielsetzung nicht offiziell verkünden. Für Weiler wäre angesichts der komplexen Lage hinter den Kulissen ein guter Start in die Spielzeit enorm wichtig, um seine Position zu festigen. Denn es ist durchaus denkbar, dass der im Umfeld weiterhin angezählte Bader bei anhaltendem Misserfolg dringend einen Schuldigen braucht. Da kann Weiler nur neidisch nach Freiburg schauen: "Wenn die absteigen, lassen sie sich nicht beirren", hat er festgestellt, "das Umfeld ist relativ ruhig, die Erwartungshaltung dämpfen sie." In Nürnberg hingegen? "Man hat hier schon Druck, wenn man ein Freundschaftsspiel nicht gewinnt, dann muss man sich ja schon drei Tage lang erklären", hat Weiler festgestellt. Derzeit jedoch werde, allen Gräben hinter den Kulissen zum Trotz, konzentriert und sachlich gearbeitet: "Stand heute kann ich nichts anderes behaupten", sagt der Trainer.

Ein bisschen Ablenkung kann trotzdem nicht schaden. Kurz vor Saisonstart brachte Aufsichtsrats-Chef Thomas Grethlein, der Bader den Rücken stärkt, ein schon lange auf kleiner Flamme köchelndes Thema wieder auf die Tagesordnung - einen Stadionumbau, um die Fans näher ans Spielfeld und die Sponsoren in einen größeren und zeitgemäßeren Vip-Bereich zu befördern. Wie dies finanziert werden soll, ist allerdings nach wie vor unklar, ebenso wie die mögliche Rolle einer nach Vereinsangaben als Kooperationspartner gewonnenen Firmengruppe aus Neumarkt: "Wir gehen von einem hohen Millionenbetrag aus", teilte Grethlein der Nürnberger Zeitung mit, und so vage wie zu den Kosten äußerte er sich auch zu den Plänen: Es gebe bereits einen Entwurf, sagte Grethlein, "den wir aber vorerst nicht veröffentlichen, weil er noch nicht fertig ist".

Vorerst muss am Montagabend in Freiburg die Nürnberger Mannschaft an die Öffentlichkeit - auch wenn sie ebenfalls noch nicht fertig ist.

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