1. FC Nürnberg:Meeske und die Evolution

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"Durch den erforderlichen Abbau der Verbindlichkeiten verlieren wir künftig weiter an Boden." - Nürnbergs Finanzvorstand Michael Meeske. (Foto: imago/Zink)

Der Verein will eine Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft. Dafür ist aber eine Dreiviertelmehrheit der Mitglieder nötig. Weil Finanzvorstand Meeske dabei wohl nicht auf die Ultras zählen kann, umwirbt er deshalb die Basis.

Von Markus Schäflein

Schon zu den turnusmäßigen Hauptversammlungen des Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg erscheinen über 1000 Menschen. Doch wenn sich die Mitglieder demnächst zu einer außerordentlichen Versammlung treffen, sollen es noch weitaus mehr sein. Finanzvorstand Michael Meeske hofft jedenfalls darauf. Denn er wird dann vorschlagen, die Rechtsform des Profifußballs zu ändern: Aus dem e.V. soll eine Kapitalgesellschaft, wohl eine AG oder eine Gmbh&Co.KGaA, werden. Auf die Stimmen der bei Versammlungen stets zahlreich vertretenen Ultras, die ganz grundsätzlich gegen eine Ausgliederung stimmen werden, wird Meeske nicht bauen können beim Versuch, die nötige Dreiviertelmehrheit zu erreichen. Also hofft der Finanzvorstand darauf, dass viele Mitglieder erscheinen, die gewöhnlich nicht zu den Versammlungen kommen, aber für eine Ausgliederung des Profifußballs sind.

"Es ist eine zentrale Herausforderung, die breite Basis des Vereins zu erreichen und zu zeigen, dass es wichtig ist, zu der Veranstaltung zu gehen", sagt er, "wir brauchen eine hohe Wahlbeteiligung." Gründe für die Ausgliederung gibt es aus Meeskes Sicht eine ganze Reihe. "Eine Vielzahl der deutschen Profivereine hat sich durch andere Modelle neue Optionen erschlossen und dadurch eine bessere wirtschaftliche Perspektive geschaffen", meint er. "Durch den erforderlichen Abbau der Verbindlichkeiten verlieren wir künftig weiter an Boden. Aber wir wollen im sportlichen Bereich auch in Zukunft konkurrenzfähig sein." Es gelte "dringend, den Transferdruck zu mindern und die Handlungsfreiheit zu erhöhen". Frisches Kapital könne beispielsweise ein Verkauf einer Minderheit der Anteile bringen, aber auch schon durch die bloße Ausgliederung lasse sich die Bilanzsituation unter Umständen schon deutlich verbessern. Auch das Risiko einer Insolvenz des e.V. mit seinen Breitensport-Abteilungen lasse sich durch eine Ausgliederung minimieren.

Meeske ist bewusst, dass das Wort Kapitalgesellschaft für einen Traditionsverein überhaupt nicht gut klingt. Deshalb hat er eine Aktion gestartet, die "e.V.olution" heißt, was schon deutlich besser klingt. Sie beinhaltet die Gründung einer Arbeitsgruppe, die sich bis Ende März mehrmals treffen wird und in der er Ideen zur Ausgliederung präsentieren und besprechen will. Vier Vereinsvertreter, drei aus Bewerbern ausgeloste Mitglieder sowie drei vom Fanbeirat benannte Vertreter werden dabei sein. Zum Beispiel will Meeske erklären, dass im angedachten Modell die Mehrheit des Aufsichtsrats noch immer von den e.V.-Mitgliedern gewählt würde und nur die Minderheit von möglichen Geldgebern entsandt.

Abschreckende Beispiele mit Machtkonzentrationen wie den TSV 1860 München oder den HSV kontert er mit Klubs wie Hertha BSC, dem 1. FC Köln oder Eintracht Braunschweig, die trotz einer Rechtsformänderung ihre Identität bewahrt hätten. "Wir müssen uns vor Augen führen, dass man immer dann am Haken eines Investors hängt, wenn man fortwährend Geldbedarf hat - das kann ich aber auch in einem e.V. haben", meint Meeske. "Banken ziehen sich aus dem Fußball zurück, da lande ich als e.V. auch bei privaten Geldgebern, die mitbestimmen wollen."

Er wolle über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe "viel berichten, Sitzungsprotokolle veröffentlichen, maximale Transparenz schaffen", kündigt Meeske an. Denn die Befürchtung, dass es zu einer Dreiviertelmehrheit nicht reichen könnte, ist groß am Valznerweiher. "Wenn die Dreiviertelmehrheit nicht gelingt, ist eine Gelegenheit zur Weichenstellung nicht genutzt worden", meint Meeske. "Wobei auch diese Weichenstellung keine Gewähr dafür gibt, dass danach alles gleich besser wird."

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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