1. FC Köln:So kölsch wie nie

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Zurück in Köln: FC-Trainer Peter Stöger (l.) beobachtet den Neuzugang und gebürtigen Kölner Christian Clemens, der im Winter aus Mainz kam.

(Foto: imago)

Mit Christian Clemens spielen nun neun Profis im Kader des 1. FC Köln, die in der Stadt aufgewachsen sind. Was Fußball-Romantikern gefällt, löst aber längst nicht alle Probleme.

Von Sebastian Fischer, Köln

Der Fußballer Christian Clemens stand insgesamt dreieinhalb Jahre lang nicht beim 1. FC Köln unter Vertrag, doch eigentlich ist er immer ein Kölner geblieben; um das zu verstehen, muss man ihm nur ein paar Minuten lang zuhören. Ein grauer Vormittag in dieser Woche, draußen bricht in Köln der Winter ein, drinnen, in der Geschäftsstelle des FC, macht es sich Clemens in einem der Büros gemütlich, er trägt den Jogging-Anzug einer italienischen Modemarke, er grinst. Schalke, Mainz, das war ja alles ganz schön,. Doch als er im Januar beruflich zurückkehrte, erzählt er, ist er erst mal am Dom ein Steak essen gegangen: weil es nirgendwo besser schmeckt als hier.

Der 1. FC Köln, Tabellensiebter, war in der Hinrunde eine der Überraschungsmannschaften der Bundesliga. Der Erfolg wurde meist einem Österreicher, einem Franzosen und einem Düsseldorfer zugeschrieben, dem Trainer Peter Stöger, dem Torjäger Anthony Modeste und dem Manager Jörg Schmadtke. Doch der 1. FC Köln ist auch deshalb so erfolgreich wie lange nicht mehr, weil er so kölsch ist wie lange nicht mehr.

Der Flügelspieler Clemens, aufgewachsen im Stadtteil Chorweiler, kam für 2,75 Millionen Euro als Ersatz für den mit einem Kreuzbandriss vorerst verhinderten Flügelspieler Marcel Risse, aufgewachsen im Stadtteil Kalk. Clemens ist der neunte Kölner im Kader: Neben Risse sind auch Torhüter Timo Horn, Mittelfeldspieler Marco Höger, Ersatz-Keeper Thomas Kessler sowie die jungen Salih Özcan, Marcel Hartel und Lukas Klünter in der Domstadt groß geworden. Die Strophe eines berühmten Kölner Karnevalsliedes - "Mir sin kölsche Junge/han Spetzebötzcher (Dialekt für Spitzenhöschen) an" - singen die Kölner Fans in der Rückrunde mit so viel Berechtigung wie selten zuvor. Einen Bundesliga-Klub, der mehr Lokalkolorit im Kader führt, möchte man auch erst mal sehen.

Clemens kam zurück - und kannte fast alle schon

Nun ist dies zunächst eine Geschichte, die die Herzen Fußball-romantischer Fans erwärmt, aber deshalb noch keine Punkte bringt. Doch umso mehr man mit den Kölner Spielern spricht, umso mehr scheint es Teil des Kölner Konzepts zu sein, dass sich ein paar Spieler mit dem Verein identifizieren. Clemens hat den Klub 2013 zum FC Schalke verlassen. Dort, sagt er, sei die Stimmung in der Kabine ähnlich gewesen wie in der Kölner Abstiegssaison 2012, nämlich schlecht. Man arbeitete zwar zusammen, doch kannte sich eigentlich nicht.

Nun, beim FC 2017, kennt er sechs Spieler von früher, außerdem alle Physiotherapeuten, beide Zeugwarte und den Torwarttrainer. Die Stimmung im Verein sei eine ganz andere, und nicht nur die: Die alten Duschen sind renoviert worden und die Rasenplätze seien besser als früher, sagt er: "Es ist schön, dass es sich so positiv entwickelt hat. Das macht es einfacher, nach Hause zu kommen."

Als würden sie zur Geschichte die passenden Bilder liefern wollen, sind die Kölner einer von drei Bundesligisten, die ihr Wintertrainingslager in der Heimat absolvieren. "Die Plätze sind gut", sagt Trainer Stöger. Abermals nicht in den Süden zu fahren sei "absolut okay": trainieren, trotzdem bei den Familien zu sein und außerdem unter ähnlichen Bedingungen zu arbeiten, wie sie am ersten Spieltag im neuen Jahr am 22. Januar in Mainz zu erwarten sind.

Auch die Transfer-Gerüchte in diesem Winter passen ins Bild des FC als Familienverein, der seine verlorenen Söhne wieder einsammelt. Manager Jörg Schmadtke will noch mindestens einen Spieler holen, vor allem einen Innenverteidiger als Ersatz für den nach Hamburg gewechselten Mergim Mavraj. Zwar ist Verteidiger Dominic Maroh wieder fit, um die von Trainer Stöger favorisierte Dreierkette zu vervollständigen, doch der Kader soll sich nicht verkleinern. Und weil der Österreicher Kevin Wimmer, im Sommer 2015 zu Tottenham Hotspur nach England gewechselt, kurz vor Weihnachten bei den alten Kollegen am Geißbockheim vorbeischaute, schrieben ein paar Boulevardzeitungen, Wimmers Rückkehr nach Köln stünde unmittelbar bevor.

Die Gerüchte waren allerdings Quatsch, ähnlich wie die um eine Leihe des Münchners Holger Badstuber. Die Gespräche mit einem Kandidaten, der weder Wimmer noch Badstuber heißt, sollen weit fortgeschritten sein.

In Schalke und Mainz warfen Clemens Verletzungen zurück

In der Offensive soll eher kein Neuer den personellen Engpass beheben. Stöger will dem bisher in Köln ziemlich glücklosen Milos Jojic, im Sommer 2015 aus Dortmund gekommen, eine letzte Chance geben, sich zu beweisen. Und dann ist da natürlich Clemens. Beim FC Schalke bremste ihn eine Schambeinentzündung, in Mainz spielte er sich eineinhalb Jahre lang in den Vordergrund, dann warf ihn in der Hinrunde erneut eine Verletzung zurück, seit September hat er kein Pflichtspiel bestritten. Seinen Ehrgeiz, sagt er, habe all das eher nicht gemindert. Am Samstag, im Test gegen Bochum, erzielte er gleich mal das einzige Tor des Tages zum 1:0.

Clemens musste lachen, als er in einer Kölner Zeitung las, dass er erwachsener geworden sei. Er habe noch zehn Jahre als Profi vor sich, fühle sich noch wie ein junger Spieler, sagt er. Seine Karriere bei seinem Lieblingsklub, die soll ja jetzt, beim zweiten Mal, erst so richtig beginnen.

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