540 000-Euro-Strafe für Marco Reus:"Im Leben falsch abgebogen"

Jahrelang fuhr Nationalspieler Marco Reus ohne Führerschein. Warum fiel das erst bei einer Routinekontrolle auf, obwohl der BVB-Fußballer häufig geblitzt wurde? Was sagt Trainer Klopp dazu? Und holt Reus jetzt die Prüfung nach?

Am Donnerstag stieg Marco Reus, zuletzt von einem Außenbandriss im Sprunggelenk gestoppt, ins Lauftraining ein. Fernsehteams hielten fest, wie Trainer Jürgen Klopp den Spieler zur Seite nahm, seinen Arm um ihn legte, auf ihn einredete. Auch ohne Auswertung von Richtmikrofonen ist davon auszugehen, dass es nicht nur um Trainingsfortschritte des offensiven Mittelfeldspielers ging - sondern um die jüngsten Schlagzeilen, die Borussia Dortmunds Nationalspieler noch länger beschäftigen werden: "540 000 Euro - Strafbefehl für Marco Reus!", titelte Bild.

Es war offenbar Kommissar Zufall, der Reus auf die Schliche kam. Mehrmals wurde der Fußballprofi wegen Verkehrsdelikten wie erhöhter Geschwindigkeit zur Kasse gebeten, jedes Mal bezahlte er brav sein Knöllchen - doch dass er gar nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, kam erst nach einer Routinekontrolle am 18. März 2014 heraus, als Polizisten den BVB-Profi am Dortmunder Friedensplatz stoppten, vermutlich neugierig geworden durch den auffälligen Aston Martin des Fußballers.

Laut Bild hatte er zwar einen Personalausweis bei sich, aber keine weiteren Papiere, der Westdeutsche Rundfunk berichtete dagegen, Reus habe einen "gefälschten holländischen Führerschein vorgezeigt", dies gehe aus dem Strafbefehl hervor, der dem WDR vorliege. Jedenfalls meldete die Leitstelle: Marco Reus hat keinen Führerschein. Anzeige wurde erstattet, Reus bekam Post von der Staatsanwaltschaft, der Strafbefehl über 540 000 Euro wegen Fahrens ohne Führerscheins ist seit Mittwoch rechtskräftig. "Es handelt sich um sechs Fälle im Zeitraum zwischen September 2011 und März 2014", bestätigte die Dortmunder Oberstaatsanwältin Barbara Vogelsang der dpa. Vier Fragen und Antworten zum Fall des Nationalspielers.

Wie berechnet sich die Summe?

Wie berechnet sich die Summe? Die Staatsanwaltschaft berechnete bei Reus ein Netto-Monatseinkommen von 180 000 Euro als Grundlage und verurteilte den Fußball-Profi zu 90 Tagessätzen. Damit entgeht er nur knapp einer Vorstrafe, die ab 91 Tagessätzen fällig wird. Um eine Lex Reus handelt es sich dabei aber nicht: "Bei jemandem, der wiederholt und nachweislich mehrere Fahrten ohne Führerschein gemacht hat, sind 90 Tage der gängige Tarif. Höhere Strafen werden nur verhängt, wenn jemand wegen ähnlicher Delikte schon vorbestraft ist", erklärte ein Jurist des ADAC.

Warum fiel Polizei und Behörden nicht auf, dass Reus keinen Führerschein hat?

Bei den Geschwindigkeitsübertretungen wurde Reus geblitzt, so dass keine Führerscheinkontrolle am Ort stattfand. Die Bußgeldbescheide hat er prompt bezahlt. "Es gibt keinen Automatismus, dass das Vorhandensein eines Führerscheins abgefragt wird, wenn wir einen Bußgeldbescheid verschicken", sagte ein Dortmunder Stadtsprecher dem WDR. Sollte ein Punkt in Flensburg fällig werden, wird dies ans dortige Zentralregister weitergeleitet. Bleiben die gesammelten Punkte unterhalb der kritischen Marke, geschieht auch dort: nichts. Erst ab 18 Punkten (altes Recht) bzw. acht Punkten (neues Recht) wird Flensburg tätig und zieht den Führerschein vorübergehend ein. So weit kam es bei Reus nicht.

Was sagen Reus und seine Berater?

Was sagen Reus und seine Berater? Der Fußball-Profi soll zwar im Alter von 18 Jahren Fahrstunden genommen, jedoch nie eine Prüfung abgelegt haben. "Ich habe mich damals leider entschieden, diesen Weg zu gehen. Die Gründe kann ich heute selbst nicht mehr nachvollziehen", sagt Reus in Bild. "Ich habe meine Lehren daraus gezogen. Es wird nie mehr passieren." Reus, der im Frühjahr erst für BVB-Sponsor Opel am Steuer des Sondermodells "Adam 1909" posierte, will sich angeblich nun bei einer Fahrschule anmelden und die Führerschein-Prüfung nachholen. Laut ADAC kann es sein, dass er dafür eine medizinisch-psychologische Untersuchung ablegen muss. Von Berater Dirk Hebel und der Agentur SportsTotal gab es bisher keine Stellungnahme.

Wie reagiert Borussia Dortmund?

Wie reagiert Borussia Dortmund? "Ich war auch überrascht", sagte Trainer Jürgen Klopp. "Er ist maximal einsichtig. Er ist als junger Kerl im Leben falsch abgebogen. Es kommt der Punkt als Marco Reus, wo es schwierig ist, mit dem Auto in die Fahrschule vorzufahren und zu sagen: Ich möchte den Führerschein machen. Eine dumme Geschichten, wo es keinen richtigen Ausweg gibt, bis man erwischt wird. Das wurde er, gut so, er kriegt dafür eine außergewöhnlich hohe Strafe, in Ordnung. Er hat einen Fehler gemacht, von dem sonst offenbar niemand wusste, sonst hätten wir ihn ja beraten können." BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ergänzte: "Er hat unsere volle Solidarität. Er hat niemanden geschädigt, nur sich selbst. Und er ist einsichtig. Wir stehen zu ihm wie eine Eins."

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