Ô Cólùmnãò:Vorsicht, Würgeschlange

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Im olympischen Pressezentrum gibt es lange Schlangen vor den Essensständen. Und Hunger mögen Journalisten gar nicht. Aber die Brasilianer haben sich allerlei einfallen lassen, um die Gäste von ihren knurrenden Mägen abzulenken.

Von René Hofmann

Zum Anfang gleich ein heikles Thema, vielleicht das heikelste überhaupt: Essen. "Mehr als 5000 Journalisten werden in Rio erwartet. Und wenn es etwas gibt, was Journalisten gar nicht mögen, dann ist das Hunger", sagt Gianni Merlo, der Vorsitzende des Sportjournalisten-Weltverbandes, weshalb er nach einem ersten Rundgang durch das Hauptpressezentrum dem Präsidenten des Organisationskomitees gleich einen bösen offenen Brief geschrieben hat. Merlos Hauptanklagepunkte: Es gibt zu wenig Essen - und deshalb lange Schlangen vor den Verkaufsständen. Und es gibt zu wenig Wasser. Vor allem keines, das in Flaschen abgefüllt ist.

Wassernot und Nahrungsmittelknappheit: Das klingt dramatisch. Aber Merlo übertreibt auch ein wenig. Hunger ist keineswegs das Einzige, was Journalisten gar nicht mögen. Bei den letzten Spielen, der Winterausgabe vor zwei Jahren in Sotschi, waren einige Hotels noch nicht fertig, als die Gäste kamen. Das mochten auch nicht alle. Die Russen steuerten klug gegen, indem sie Essen bereitstellten - und alkoholhaltige Getränke. Das entspannte die Misere umgehend.

Die Tage, bevor die Spiele beginnen, sind stets spannende Tage. Irgendetwas fehlt erst einmal immer. Den Mangel zu leugnen, bringt da wenig. Ihm mit einem Augenzwinkern zu begegnen, dagegen viel. Die Betreiber des Frühstückscafés im idyllisch an den regenwaldbewachsenen Bergen gelegenen Mediendorf Nummer drei in Barra haben das verstanden. Für die vor dem überschaubaren Buffet Wartenden haben sie als Lektüre große Schilder über die lokale Tierwelt aufgestellt. Ganz vorne, dort wo die Ungeduld am größten ist, wird über die Boa constrictor informiert, die ist nach der Anaconda Brasiliens zweitgrößte Schlange. Gleich der erste Satz warnt: "Vorsicht, die Tiere gibt es hier fast überall!" Beim Warten in der Schlange über eine Schlange zu lesen, die ihre Opfer langsam zu Tode würgt: Da vergeht einem erst mal der Appetit.

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