2. Bundesliga: TSV 1860 München:Geld weg, Punkte weg

Wegen falscher Angaben bei der Lizenzvergabe zieht die DFL dem Zweitligisten TSV 1860 München zwei Punkte ab. Der Verein hat mit Einnahmen gerechnet, die nie kamen - und bestätigt seinen Ruf als Chaos-Klub.

Thomas Hummel

Der TSV 1860 München kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. Weil der Zweitligist zwischen März und Juni bei der Deutschen Fußball-Liga "unzureichende Informationen" beim Lizenzierungsverfahren für die neue Saison eingereicht hat, werden dem Verein mit sofortiger Wirkung zwei Punkte abgezogen. Die "Löwen" fallen dadurch in der Tabelle vom sechsten auf den siebten Platz zurück.

1860 Muenchen v TuS Koblenz - 2. Bundesliga

Der Löwe als Symbol für Kraft und Intelligenz? Beim TSV 1860 München sieht es nicht danach aus.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Dabei dreht sich im Zentrum um drei Aspekte: Erstens hat der Klub mit mehr als 4,5 Millionen Euro aus Transferüberschüssen gerechnet, allerdings konnten nur Peniel Mlapa (Hoffenheim) und José Holebas (Piräus) gewinnbringend verkauft werden. Am Ende fehlten etwa zwei Millionen Euro.

Zweitens blieben die erhofften Einnahmen durch den Verkauf neu ausgestellter Anleihen aus. Vor allem Fans und Gönner sollen für 150 Euro eine Schmuckurkunde kaufen, die anschließend über fünf Jahre mit sechs Prozent verzinst wird. Der damalige Geschäftsführer Manfred Stoffers erklärte im Mai: "Mit dem Geld aus der Anleihe können wir die Qualität des Profi-Kaders erhöhen und gleichzeitig die hervorragende Nachwuchsarbeit nachhaltig sichern und steigern." Doch es fanden sich viel zu wenig Käufer.

Der dritte Grund für die Mindereinnahmen ist der verlorene Prozess gegen den FC Bayern München. Geschäftsführer Stoffers klagte auf eine Änderung des Vertrags mit der Münchner Stadion GmbH, einer Tochtergesellschaft des Eigners FC Bayern. 1860 verlor den Prozess und schuldete dem Nachbarn plötzlich rund drei Millionen Euro, Stoffers trat am Tag nach dem Urteil zurück. Die Hälfte hat der Zweitligist angeblich überwiesen, die weiteren 1,5 Millionen Euro sind offenbar gestundet.

Stoffers' Nachfolger Robert Niemann sprach nun davon, dass dem Verein sogar der Lizenzentzug und damit der Zwangsabstieg gedroht habe. Es wäre der zweite gewesen in der wechselhaften Geschichte des Klubs nach 1982, als 1860 in die damals drittklassige Bayernliga versetzt wurde und erst neun Jahre später wieder aufstieg. "Der Lizenzentzug ist bei den Verhandlungen thematisiert worden", sagte Niemann am Dienstagvormittag, in Zusammenarbeit mit der DFL sei nun das moderate Strafmaß mit zwei Punkten Abzug herausgekommen.

Während sich Niemann und Sportdirektor Miroslav Stevic in den Geschäftsräumen des Klubs mit der Presse unterhielt, wussten die Spieler noch gar nichts von ihrem Unglück. Nach zuletzt ordentlichen Leistungen war der Klub auf Rang sechs der zweiten Liga geklettert, mit vier Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz drei. Nun müssen die Sechziger sechs Zähler aufholen, wollen sie ihr Ziel vom Wiederaufstieg in die erste Liga verwirklichen. "Das ist ein Schlag ins Gesicht der Mannschaft", kommentierte Stevic.

Diskussion um Ex-Geschäftsführer Stoffers

Die Frage stellte sich nun nach der Amtszeit des Geschäftsführers Manfred Stoffers. Er hatte das Amt am 11. Februar 2009 übernommen und von da an mit teils blumigen Worten und außergewöhnlichen Ideen gegen die Finanzknappheit im Klub gekämpft. Vor allem wegen seiner regelmäßigen Angriffe gegen den FC Bayern erarbeitete er sich eine gewisse Beliebtheit bei den Anhängern.

Zu Beginn musste Stoffers das geplatzte Geschäft um den Investor Nicolai Schwarzer abmoderieren. Dieser wollte Millionen in 1860 stecken, befürwortete zugleich die Anstellung von Stevic als Sportdirektor. Doch die DFL hatte Bedenken gegen das Vertragskonstrukt. Schwarzer zog sich zurück, Stevic blieb.

Mit dem Prozess gegen den FC Bayern München setzte Stoffers dann offenbar alles auf eine Karte. Es ging dabei hauptsächlich um die Zahlungen an eine Catering-Firma. Im Vertragswerk steht, dass der Mieter 1860 bei jedem Heimspiel so viel zahlen muss, als wäre das Stadion ausverkauft. Was aber bei dem Zweitligisten seit langem nicht mehr der Fall ist. Auch deshalb muss 1860 im Jahr 5,5 Millionen Euro als Stadionmiete überweisen, was den Klub seit Jahren von einem Finanz-Dilemma ins nächste schickt. Doch Stoffers und 1860 verloren den Prozess.

Den Punktabzug kommentierte Stoffers überrascht: "Das kann ich mir nicht erklären, wie man Monate danach von unzureichenden Informationen sprechen kann. Ich habe mich nie unkorrekt verhalten und auch nie gegen DFL-Richtlinien verstoßen." Und keinen dieser zweifelhaften Vorgänge hätte Stoffers im Alleingang umsetzen können. Und deshalb dürften auch auf das Präsidium und den Aufsichtsrat unangenehme Fragen warten.

Der neue Geschäftsführer Niemann kündigt einen harten Sanierungskurs im Verein an. "Das Ziel ist eine wirtschaftliche Stabilität", sagte er. Damit sagt er das, was seit vielen Jahren alle Geschäftsführer im Verein angekündigt haben - doch keiner fand bislang eine Lösung. Vor jeder Saison kalkuliert der Klub mit einem Minus von drei Millionen Euro, das er irgendwie ausgleichen muss. Zumeist durch Verkäufe von Talenten, die das überaus erfolgreiche Jugendzentrum hervorbringt (zuletzt die Bender-Zwillinge, Mlapa, Johnson, Träsch, Gebhart). Neuestes Spekulationsobjekt ist der 17-jährige Mittelfeldspieler Moritz Leitner.

Am Samstag kommt nun Arminia Bielefeld in die Münchner Arena. Bielefeld war in der vergangenen Saison wegen eines ähnlichen Verstoßes vier Punkte abgezogen worden. Heute ist die Arminia auf dem letzten Platz der zweiten Liga.

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