2. Bundesliga: 1860 München:Mitleid vom Gegner

Der TSV 1860 München präsentiert sich im Derby gegen den FC Augsburg erstaunlich emotionslos und verliert verdient 0:2. Ein ehemaliger Löwe hat dagegen Tränen in den Augen.

Steffen Jüngst

Am Ende hatte Jos Luhukay ein bisschen Mitleid. "Ich bin heute ein sehr glücklicher Trainer", begann der Augsburger Trainer auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Dabei sah Luhukay in etwa so aus, als hätte es statt des souveränen 2:0-Erfolges ein dürftiges 0:0 gegeben. Er sprach aber, als hätte es statt des 2:0-Sieges ein 5:0 gegeben.

TSV 1860 München - FC Augsburg

Enttäuscht: Benjamin Lauth nach dem Derby gegen Augsburg.

(Foto: dpa)

Am Ende seiner kurzen Lobeshymne auf die eigene Mannschaft schickte er dann noch "ein Riesenkompliment" an 1860-Trainer Rainer Maurer für ein gutes Spiel seiner Mannschaft. Luhukay ahnte wohl, wie es um seinen Kollegen steht. Nur fünf Punkte in der Rückrunde in sechs Spielen, statt im Aufstiegsrennen befinden sich die Löwen im Niemandsland der Tabelle auf dem elften Platz - mit Kontakt zu den Abstiegsrängen.

Mitleid ist etwas, was Trainer gemeinhin nicht besonders gut gebrauchen können. Und besonders Maurer in seiner derzeitigen Situation nicht. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, nach dem schlechten Rückrundenstart häufte sich zuletzt die Kritik. Es wird eng für den Trainer. Nach dem Spiel kritisierte Sportdirektor Miroslav Stevic: "Wir wollten das Spiel nicht so sehr gewinnen wie der Gegner." Viel zu große Abstände zwischen Abwehr und Angriff hatte Stevic ausgemacht.

Torwart Gabor Kiraly sagte: "Heute hat die Aggressivität, die Einstellung und die Leidenschaft gefehlt." Solch eine Analyse nach einem Derby, nach dem - so Maurer - "wichtigsten Spiel der Rückrunde" ist bemerkenswert, zumal sich die 60er vor dem Spiel vollmundig gegeben hatten, nach dem Aufwärmen hatte die Mannschaft einen Kreis gebildet und war nochmal zu den Fans gegangen, um für Unterstützung zu werben.

Und dann fehlten offensichtlich jene Attribute, die zu einem Derby gehören wie das Löwen-Maskottchen zu 1860. Nur Maurer selbst hielt sich mit Kritik zurück. "Das 0:1 hat uns einen Genickschlag gegeben. Augsburg ist schwer zu packen wenn sie führen."

Bereits nach zwölf Minuten war jener Genickschlag passiert. Der schwache Stefan Aigner war freistehend an Simon Jentzsch gescheitert, beim anschließenden Konter ließ Augsburgs Michael Thurk seinen Gegenspieler Kai Bülow wie einen Jugendspieler aussehen und drosch den Ball zur Augsburger Führung ins Tor. "Extraklasse" fand Luhukay den Konter und vor allem die Einzelleistung von Thurk.

Interessierte Zuschauer

Danach war ein klarer Bruch im Spiel der gut gestarteten Löwen zu sehen. Vor allem das Mittelfeld enttäuschte und konnte ohne Kapitän Daniel Bierofka (Magen-Darm-Infekt) kaum brauchbare Angriffe inszenieren. Einzig Benny Lauth sorgte für Gefahr, blieb im Abschluss jedoch glücklos."Er hat sich gut bewegt, hatte gute Chancen. Mit dem Ausgleich hätten wir nochmal mehr Mut bekommen", sagte Maurer. Kapitän Lauth sah jedoch wegen Meckerns noch die gelbe Karte und wird im nächsten Spiel bei Union Berlin fehlen.

Bereits Anfang der zweiten Halbzeit skandierten die enttäuschten Löwenfans "Wir wollen euch kämpfen sehen." Es waren immerhin 29.200 Zuschauer gekommen, davon allerdings gut 8000 aus Augsburg. Die 21.000, die wegen 1860 München da gewesen waren, wurden indes bitter enttäuscht, denn die zweite Hälfte geriet zu einer Demonstration der Augsburger Stärke.

Der Treffer zum 2:0 durch Marcel de Jong nach 60 Minuten, bei dem die Münchener Abwehr nur interessiert zuschaute, ließ die letzten Hoffnungen der Sechziger verblassen. Vielmehr waren die Augsburger näher am 3:0 als die Löwen am Anschlusstreffer - auch wenn Torwart Kiraly in den Schlussminuten sogar die Freistöße auf Höhe der Mittellinie ausführte.

Auf Augsburger Seite sah man daher nach dem Spiel fast nur lächelnde Gesichter. Bis auf Luhukay, der sich mehr innerlich freute. Einzig Moritz Leitner bekam man nicht zu sehen. Der hatte völlig überraschend gar nicht im Augsburger Kader gestanden. Luhukay wollte den ehemaligen Löwen schützen.

Leitner habe die Entscheidung mit Tränen in den Augen "sehr emotional" aufgenommen, berichtete Luhukay hinterher, sie aber auch schnell verkraftet. Für die behutsame Entwicklung Leitners gehöre auch sowas dazu. Mehr Mitgefühl zeigte Luhukay dann für seinen Kollegen Maurer. Fraglich, ob dem das noch helfen wird.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: