2. Bundesliga:"Ich bin geschockt"

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„Ich kann es nicht verstehen“: Jens Keller hatte in den vergangenen Tagen noch über die Verlängerung seines Vertrages verhandelt. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Union Berlin trennt sich von Trainer Jens Keller. Der Vorstand begründet die Entscheidung mit dessen Spielweise - und sorgt für Verwirrung.

Von Javier Cáceres, Berlin

Die Reaktion von Jens Keller war vielsagend. Und er dürfte mit ihr am Montag wohl nicht allein gestanden haben. "Ich bin geschockt", sagte Keller, 47, dem Onlineportal ran.de, nachdem ihn der 1. FC Union Berlin über seine Entlassung informiert hatte. Mit 26 Punkten steht Union nach 16 Spieltagen auf dem vierten Tabellenplatz der zweiten Liga; der Aufstieg in die Eliteklasse ist damit alles andere als außer Reichweite. Mehr noch: Vor wenigen Tagen noch hatte Keller mit Unions Bossen über eine mögliche Vertragsverlängerung geredet. Die Verantwortungsträger bei Union beteuerten nun, sie hätten es sich gut überlegt. "Es ist ein harter Schnitt, den wir vollziehen, weil wir ihn für notwendig halten", richtete Geschäftsführer Sport Lutz Munack per Pressemitteilung aus.

Nach wackligem Saisonstart hatte Union sich zunächst wieder in der Spitzengruppe etabliert. Zuletzt reihte Union aber drei sieglose Spiele aneinander, in Heidenheim, gegen Darmstadt, am Samstag beim VfL Bochum. "Mit unserer Spielweise und den Ergebnissen der letzten Wochen werden wir nicht den Ansprüchen gerecht, die wir klar formuliert und mit der Gestaltung des Kaders im Sommer deutlich untermauert haben", befand Munack. Eigentlich hieß es immer, dass ein Aufstieg für Union eine mögliche, nicht aber eine zwingende Option sei; der Klub aus Berlin-Köpenick wollte sich seiner Vereinsphilosophie zufolge "unter den ersten 20 des deutschen Fußballs" tummeln. Seit aber der schon lange geplante, von vielen alteingesessenen Unionern skeptisch beäugte Ausbau des Stadions An der Alten Försterei konkrete Formen annimmt, ist auch die Nervosität der Verantwortlichen gestiegen.

Zuletzt gab es Schlagzeilen um atmosphärische Störungen

Zuletzt war das Ende November bei der Mitgliederversammlung deutlich geworden. Vereinsboss Dirk Zingler, seit Jahren der starke Mann bei Union, hatte da einen nachgerade dramatischen, quasireligiösen Appell an die Belegschaft gerichtet. "Fragt euch jeden Tag, ob ihr bereit seid, alles für den 1. FC Union zu geben", hatte Zingler gesagt. Und: "Seid euch der Bedeutung der letzten vier Spiele bis Weihnachten bewusst!", fügte er hinzu. "Der Druck steigt", konstatierte seinerzeit die Berliner Zeitung. Nun wurde er zu groß.

Das lag auch daran, dass es nicht nur negative sportliche Ergebnisse gab, sondern auch allerlei Schlagzeilen um atmosphärische Störungen. So äußerte Union-Urgestein Steven Skrzybski, dem nicht der Ruf des klassischen Meuterers anhaftet, zuletzt deutlich seinen Unmut über die Reservistenrolle, sogar ein Abschied des Stürmers im Winter stand zur Debatte. Kapitän Felix Kroos wurde von Keller, der einst beim FC Schalke 04 und dem VfB Stuttgart in der Bundesliga als Trainer aktiv war, mit großer Regelmäßigkeit ausgewechselt. Gleichwohl sollen die Spieler völlig erstaunt gewesen sein, dass Keller am Montag ausgetauscht wurde.

Keller hatte Union erst im Vorjahr übernommen und dann auf den vierten Platz geführt. Seinerzeit übernahm er das Amt vom damaligen Interimstrainer André Hofschneider, der nun wieder von der Trainerbank der A-Jugend Unions auf den Posten im Profibereich zurückkehrt - ausgestattet mit einem Vertrag bis 2019 und der klaren Mission: Aufstieg.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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