Sprachlabor (38):Was bedeutet das Adverb "wumpe"?

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger stellt richtig, dass Sokrates kein Schuster war und was tun bei Angriff?

Hermann Unterstöger

WÖRTER GIBT ES, die könnten locker auch in Christian Morgensterns "Großem Lalula" vorkommen. Wumpe zum Beispiel: Klingt das nicht nach nächtlichem Spuk und sprachlichem Zauberwesen? Und doch bedeutet es, als Adverb, so viel wie egal, gleichgültig, wurscht, und in diesem Sinn wurde es auch bei uns gebraucht: "Miss Suri ist es wohl wumpe, ob sie Miss Blumarine trägt oder nicht." Das wiederum war unserem Leser H. überhaupt nicht wumpe, weniger, weil es über die Herkunft dieses Ausdrucks keine bündigen Erkenntnisse gibt, als vielmehr, weil er bei aller Freude über neue Wörter dieses Exemplar für keine Bereicherung der von seiner Zeitung gewohnten Sprache hält. Dem kann man folgen, nicht aber seiner Vermutung, die Autorin des Textes tanze nun um ihren Schreibtisch herum, weil "ein alter Knacker sich mächtig ärgert". Das ist nicht die Art der Kollegin, außerdem wird bei uns nur auf den Schreibtischen getanzt.

SPRACHLABOR IN DER SCHULE

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main.

(Foto: ag.dpa)

UND NOCH ETWAS ist Leser H. aufgestoßen. In einem Artikel zum 150. Geburtstag John Deweys wurde Sokrates als Schuster bezeichnet, eine Zuweisung, die nach Herrn H.s Erinnerung auf Bert Brechts durchtriebene Kalendergeschichte "Der verwundete Sokrates" zurückgeht und falsch ist. Ob das Sprachlabor das richtigstellen könne? Nun, nach den hier vorliegenden Personalakten war Sokrates der Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme. Den Beruf des Vaters erlernte er zwar, ließ die Steinhauerei aber zugunsten des Denkens über kurz oder lang hinten. Den Beruf der Mutter hingegen übte er auf seine Art aus, indem er die ihm eigene Dialogtechnik als maieutiké bezeichnete, als Hebammenkunst, weil durch sie die Wahrheit sozusagen entbunden werde. Was aber die Schuhmacherei angeht, so hatte Sokrates einen Nachbarn namens Simon, der skytotómos alias Schuster war. Über ihn steht im Kleinen Pauly, es sei müßig, seine Geschichtlichkeit erweisen oder widerlegen zu wollen. Damit können auch wir dieses Dossier abschließen.

WIRD JEMAND ANGEGRIFFEN, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder darf er sich wehren, oder er hat das Recht, sich zu wehren. Das bei uns für Israel postulierte Recht, sich gegen Raketen "wehren zu dürfen", ist demnach ein schwarzer Rappe. Leser B. hat ihn dankenswerterweise eingefangen und hier vorgeführt.

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