Sprachlabor (248):Tiefer hängen

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61. Deutsche Hallen-Meisterschaften der Leichtathletik am 23. Februar 2014 in der Arena Leipzig (Sachsen). Die Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch (LAV St. Tübingen) siegte mit einer Höhe von 1,92 Metern. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger betrachtet die Sprache ganz genau.

EINE SCHLÜPFRIGKEIT dezent zu servieren, das ist nicht jedermanns Sache. Wie es geht, zeigt unser Leser H. anhand der Latte, die ja einen im Duden als "salopp" ausgewiesenen Nebensinn hat. Von dieser Basis aus fragte Herr H. nach, ob auch Latten, wie sie in der Leichtathletik und in der daraus abgeleiteten Metapher verwendet werden, tief hängen könnten, dürften, sollten. Anlass war die Formulierung "ein Gesprächsangebot - die Latte dafür hängt tief", die dahin gehend zu korrigieren ist, dass besagte Latten beziehungsweise deren Endstücke mit ihren abgeflachten Auflageflächen auf Auflegern liegen. So Regel 181 Absatz 7 der von der International Association of Athletics Federations, der IAAF, 2009 herausgegebenen Competition Rules, die in keinem Hochspringerhaushalt fehlen sollten.

MIT DER UNSICHERHEIT, ob man etwas aufs Tapet oder aufs Tablett bringt, korrespondiert die, ob es "sich verwahren" oder "sich verwehren" heißt, wenn etwas energisch oder unter Protest zurückgewiesen wird. Unser Leser H. (aus Oelde) verwahrt sich gegen "sich verwehren" und ersucht das Sprachlabor, auch auf diesem Feld den Anfängen zu wehren. Wenn es nur Anfänge wären! Nichtsdestoweniger sei die Sache hiermit aufs Trapez gebracht.

DIE ZEITSCHRIFT "BRIGITTE" hat Werbekarten mit der Aufschrift "Lebe lieber unperfekt!" Unser Leser H. (aus Trier) wählte so eine Karte, um uns mit sanftem Spott auf eine Unperfektion hinzuweisen: auf den Passus, wonach viele wichtige Dokumente in Brüssel nur noch "auf Englisch und Französisch übersetzt" würden. Man kann derlei auch anderswo lesen, doch das macht's nicht besser. Bei genauer Betrachtung heißt es nämlich, dass die Dokumente in irgendeine Sprache übersetzt werden, das aber auf Englisch und Französisch. Gemeint war, dass die Texte nur noch ins Englische und Französische übersetzt werden und leider nicht mehr ins Deutsche.

"HA, RUCHLOSER!", sagt Herakles in einer Sophokleischen Tragödie, und nach gemeinem Verständnis ist das wesentlich krasser, als wenn er "Na, du Schlingel!" sagen würde. Das Attribut ruchlos ist derart massiv, dass es unser Leser Dr. W. auf dem Staat nicht sitzen lassen will. Bei uns war der Ankauf von Steuer-CDs ruchlos genannt worden. Geht es nach Dr. W. (und das tut es), so hätte anrüchig völlig ausgereicht.

© SZ vom 03./04.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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