Sprachlabor (213):Sonst läuft der Sprachmotor rund

PICTURES OF THE YEAR 2006 - GERMANY

Joachim Sauer (r) und seine Ehefrau Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto 2006).

(Foto: REUTERS)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger schlägt sich mit einer Floskel herum.

WIE VIELE VÄTER hat Joachim Sauer, der Mann Angela Merkels? Diese Frage treibt Leute wie unseren Leser H. um, seit Merkel sagte, dass ihm, also ihrem Mann, immer zu wenig Streusel auf dem Streuselkuchen sei, und launig hinzufügte: "Konditorensohn halt." Wir könnten uns nun hinter der Kanzlerin und der Pflicht, sie korrekt zu zitieren, verstecken. Dazu ist der Fall aber zu schön. Ohne Herrn Sauer nahetreten zu wollen, muss die Parallele zum Schweinebraten bemüht werden, anlässlich dessen oft angemerkt wird, dass er weder aus mehreren Schweinen bestehe noch dass Schweine der Genitiv von Schwein sei. Genau besehen handelt es sich bei dem "e" im Schweinebraten um keine Endung, sondern um ein Fugenelement, das die Verbindung von Schwein und Braten geschmeidiger machen soll. Paarungen wie Ehrgefühl/Ehrenwort oder Bindeglied/Bindfaden lassen erkennen, dass bei dieser Fugentechnik eine gewisse Lässigkeit herrscht, und von ihr profitiert wohl auch unser Konditoren(s)sohn . Dessen ungeachtet schließen wir uns Herrn H.s Meinung an, wonach Joachim Sauer ein Konditorssohn ist. - Weil es gut dazupasst und von einem echten falschen Kasus handelt, sei die Klage unserer Leser Dr. F. und H. angefügt. Es geht um keinen Genitiv, aber um den ähnlich vergeigten Dativ bei Substantiven auf -or . Im monierten Fall lautete er "von dem Autoren" (statt "von dem Autor"), und Herr F. wüsste gern, "warum sich diese Blödsinns-Deklination ausgerechnet am Autor so hartnäckig festmacht". Darauf gibt es keine Antwort. Wie es aussieht, waltet da ein irregeleiteter Respekt vor Wörtern auf -or und sorgt für eine Art Stottern des sonst doch ganz rund laufenden Sprachmotoren.

GESCHMACKSFRAGEN sind kaum zu lösen, weswegen wir uns um ein Urteil darüber, ob die umgangssprachliche Floskel "so was von" falsches Deutsch und hässlich ist, lieber herumdrücken. Leser H. ist dieser Ansicht und spricht gleichzeitig die Hoffnung aus, dass die Formulierung bei uns noch nicht vorgekommen sei. Er wird jetzt sicher enttäuscht sein. Während der vergangenen fünf Jahre wurde sie bei uns 159-mal verwendet: "so was von bitter", "so was von schnurz", "so was von lonesome", "so was von gar keine Zeit" und so fort, wobei ein erklecklicher Teil dieser Vorkommnisse Zitate waren. Schlechtes Deutsch, hässlich? Einigen wir uns darauf, dass die Floskel schwer umgangssprachlich ist und nur äußerst sparsam verwendet werden sollte. Unumgänglich ist in diesem Kontext der Hinweis auf Robert Gernhardts legendäre Verszeile "Sonette find ich sowas von beschissen". Die ist aber auch so was von schön!

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