Sprachlabor (228):Peinliches Gebrumme

Geschmückter Weihnachtsbaum

Ein festlich geschmückter Weihnachtsbaum.

(Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger will an Weihnachten die Büchse der Pandora nicht öffnen.

DER ZEITUNGSBRAUCH, Feiertagen ressortübergreifend gerecht zu werden, hat schon zu viel peinlichem Gebrumme geführt. Trotzdem auch hier kurz etwas Weihnachtliches. Wir bringen es auf Anregung unseres Lesers S., der im fernen Berlin mit Staunen lesen musste, dass der bayerisch-böhmische Christbaum für den Petersplatz in Rom ein 45 Jahre altes "Gehölz" sei. Es spricht für S., dass er trotzdem fest auf seinem Gestühl sitzen blieb.

ALS DIESER CHRISTBAUM nach Rom gebracht wurde, fuhr der Schwertransport auch durch Österreich. Dort hat man, wie Leser B. bei uns erfuhr (und zwar ebenfalls zu seinem Erstaunen), "eine Erhöhung der Mautverkaufsstellen" vorgenommen, weswegen man künftig wohl in die Höhe hüpfen müsse, um an sein Pickerl zu kommen. Woran erinnert einen das? In der Umkehrung an eine Verkürzung: Die CSU hat die Schnur, an der die Bleistifte in den Wahlkabinen hingen, angeblich jahrzehntelang so kurz gehalten, dass diese nur bis zur Liste 1 reichte, dass man also gar nicht anders konnte, als die CSU zu wählen.

DER HUNDEHASS gilt in manchen Kreisen als schick, und solange es bei der reinen Abneigung bleibt, ist das auch in Ordnung. Leider folgen dem Hass oft Taten, so kürzlich im Münchner Umland, wo "verbotenes Gift in Hundeködern" ausgelegt wurde. Leser G. fragt nun nach der Liste der für Hundeköder erlaubten Gifte. In der Tat hört sich das Beiwort verboten in diesem Zusammenhang seltsam, ja herzlos an. Es sollte wohl daran erinnert werden, dass es auch erlaubte Gifte gibt, und so die Ruchlosigkeit der Tat herausgestrichen werden. Der Hund, dem der Anschlag galt, hat von solchen Feinheiten freilich nichts mehr.

VON DER AUTORIN Anna Maria Leenen hieß es, sie sei "eine von geschätzten

80 Eremiten", was bei genauem Hinsehen - und Leserin W. sieht genau hin - bedeutet, dass sich diese 80 Einsiedler hohen Ansehens erfreuen und brieflich mit "Geschätzter Herr Eremit" anzureden sind. Gemeint war jedoch, dass man nicht weiß, ob es 77, 80 oder 82 Einsiedler gibt, dass also eine Schätzung vorliegt und keine Wertschätzung. Konsequenterweise hätte man "von geschätzt 80 Eremiten" schreiben müssen, analog dazu, dass man "genau genommen 80 Eremiten" schließlich auch nicht durch "genau genommene 80 Eremiten" ersetzen kann. An Weihnachten wollen wir die Büchse der Pandora aber zu lassen, sonst käme womöglich heraus, dass die neuerdings so beliebten "geschätzten 20 Grad Kälte" ebenfalls nicht ganz koscher sind.

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