Sprachlabor (216):Komplett anders

KARL VALENTIN

Das undatierte Archivbild zeigt Karl Valentin, im Jahr 1882 als Ludwig Fey geboren, einen der berühmtesten Komiker Deutschlands. Mit 20 Jahren wurde er Volkssänger und schaffte 1908 mit seinen selbstverfaßten Monologen den Durchbruch, wobei sein wohl bekanntester Sketch der "Buchbinder Wanninger" ist.

(Foto: DPA)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger kehrt nichts unter den Teppich.

ÜBER DIE FUSSBALLTRAINER Pep Guardiola und Jürgen Klopp konnte man lesen, dass sie "komplett anders" arbeiten. Unser Leser Dr. B. daraufhin: "Als wer?"

AN KARL VALENTIN fühlte sich Leser Sch. erinnert, als er in dieser Kolumne las: "Es geht um keinen Genitiv . . ." Der Negation entnahm er, dass es um etwas gehe, das gar nicht da ist, ein insofern falscher Eindruck, als kurz vorher sehr wohl von einem Genitiv die Rede war. In der Tat wäre es ratsam gewesen, sich an die Regel zu halten, wonach Sätze oder Satzteile mit nicht verneint werden, und zu schreiben: "Es geht nicht um einen Genitiv . . ." Ach ja, Karl Valentin: Ihm zufolge ist einer, den er nicht kennt, "ein Unbekannter von mir".

BEI THYSSEN-KRUPP gibt es einen Manager namens Heinrich Hiesinger, der seit drei Jahren dafür sorgt, "dass die drückenden Probleme des Konzerns nicht mehr unter den Tisch gekehrt werden". Für Leser H. liegt hier ein Bildbruch vor, eine Katachrese, wie man sie von Mustersätzen wie "Wir ziehen doch alle am selben Boot" oder "Da kräht ja heute kein Arsch mehr danach" kennt. Üblicherweise widerfährt den Problemen entweder, dass man sie unter den Tisch fallen lässt, oder, dass sie unter den Teppich gekehrt werden. Im Idealfall geschieht zuerst das eine und danach das andere, und der Manager kann dann zusehen, wie er die Probleme wieder auf den Tisch bringt. Oder sagt man: aufs Tapet? Aufs Tablett? Aufs Trapez?

EINE GLEICHSETZUNG ganz besonderer Art ist unserem Leser R. ein Dorn im Auge. Die Belege, die er dafür bei uns und in anderen Blättern gefunden hat, sehen alle so ähnlich aus wie dieser: "Die exakten Zahlen werden erst feststehen, wenn die IAEA ihren Bericht vorlegt." Der Satz bezieht sich auf die iranischen Anreicherungszentrifugen, deren Anzahl laut Herrn R. sehr wohl bekannt ist - nur eben nicht uns, sondern den dortigen Machthabern. Hier werde das subjektive Nichtwissen als objektives Faktum ausgegeben, und ganz besonders oft geschehe das bei Unfallberichten, in denen es dann heißt, dass die Anzahl der Toten und Verletzten nicht feststehe, obwohl sie der Polizei durchaus bekannt sein dürfte. Als in Afrika kürzlich eine Affenart entdeckt wurde, deren Spezialität es zu sein scheint, dass die Männchen und Weibchen gemeinsam eine Art Sonnenaufgangstanz veranstalten, las man auf vielen Wissenschaftsseiten von einer "neuen Affenart". Dabei haben die Tiere, wie R. schreibt, sicherlich schon "seit Urzeiten" die Sonne auf diese ihre sehr lobenswerte Weise begrüßt.

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