Sprachlabor (179):Eine Wanne mit Blut gefüllt?

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Die Badewanne im Krankenhaustrakt, in der Schauspieler Sean Connery im Film "The Rock" vor Schüssen in Deckung geht, aufgenommen am 10.07.2012 im ehemaligen Gefängnis auf Alcatraz. (Foto: dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger fühlt mit und leidet.

WAS EIN BLUTBAD IST, wissen natürlich auch die Leser, die sich durch die Mitteilung, wonach eine Mutter in Bolivar, Missouri, "ein Blutbad ihres Sohnes" verhindert habe, zu Fragen wie dieser haben verleiten lassen: Wie sie den Sohn wohl davon abgebracht habe, in die mit Blut gefüllte Wanne zu steigen? So lustig das ist, so ungeschickt war unsere Formulierung, die durch die Überschrift "Mutter verhindert Bluttat ihres Sohnes" freilich halbwegs saniert wurde. Am Ort der verhinderten Tat verzichtete man übrigens ganz auf den Begriff Blutbad . In den dortigen Medien formulierte man beispielsweise so: "Missouri Mom Foils Son's Plan . . ."

EIN HARSCHER VERWEIS kommt von Leser W., der die Formulierung "wegen ihm" für schlechtes, ihm das Lesen der SZ verleidendes Deutsch hält und durch "seinetwegen" ersetzt sehen will. Bei solchen Rügen senken wir üblicherweise das Haupt, teils aus Scham, teils um im Duden nachzulesen, ob wir wirklich dermaßen neben der Spur waren. Und was finden wir da unter dem Lemma wegen ? Wir finden folgenden Mustersatz: "Wegen ihm (ugs.: seinetwegen ) haben wir den Zug verpasst." Dass seinetwegen schöner ist als wegen ihm , ist aber nicht zu bestreiten.

IN ROBERT NEUMANNS Balladenparodie "Der von Trawerz" wird den französischen Husaren, die dem kerndeutschen Baron Horst Trawerz nachsetzen, folgender Ruf in den Mund gelegt: "Allons, wir erobern den Fahne! Dann ist gewonnen der Slacht!" Damit soll unter anderem angedeutet werden, dass der Franzose mit unseren grammatischen Genera nicht zurande kommt und daher Artikel verwendet, die ihm von seiner Muttersprache her passend zu sein scheinen - was bei die Fahne und le drapeau stimmt, nicht aber bei die Schlacht und la bataille , die beide feminin sind. Damit zu unserem Leser Dr. M. Er hält es (und tut das stellvertretend für viele Leserinnen und Leser, die mit ihm fühlen und leiden) für eine "dämliche Marotte", manche französische Einrichtungen mit dem dortigen statt mit dem hiesigen grammatischen Artikel zu versehen, andere hingegen nicht. Wer der Front National und der Pont Neuf schreibt, müsste sich konsequenterweise auch zu der Tour de France (von le Tour de France ) und die Eiffelturm (von la tour Eiffel ) durchringen können. Grausiger Gipfel dieser Manie ist in Herrn M.s Augen ein Bildtext zum Tod des Le-Monde -Chefredakteurs Erik Izraelewicz, in dem es hieß, dieser habe "den Monde seit 2011" geführt. "Que faire?", fragt Herr M. in dramatischer Verzweiflung. Im Internet wird das einmal mit "Was tun man?" übersetzt, und man tun bei uns im Blatt künftig Le Monde mit "die Le Monde ", "die Monde " oder "die französische Zeitung Le Monde " wiedergeben. Von "die Welt " raten wir ab, denn das könnte zu Verwechslungen führen.

© SZ vom 15./16.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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