Mein Deutschland:Angst vor der AfD

Wahlplakat der Partei Alternative für Deutschland

Ein Wahlplakat der Partei Alternative für Deutschland.

(Foto: dpa)

Das gute Abschneiden der Alternative für Deutschland (AfD) bei den jüngsten Landtagswahlen beunruhigt die Italiener.

Eine Kolumne von Giovanni Maria Del Re

Wird jetzt ausgerechnet Deutschland ein euroskeptisches Land? Diese Frage stellten sich in Italien viele Kommentatoren angesichts des großen Erfolgs der Alternative für Deutschland (AfD) bei den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg am vergangenen Sonntag. Die Sorge der Italiener ist groß, denn Deutschland ist nicht irgendein Mitgliedstaat, es wird auch in Italien immer mehr als Stützpfeiler der Europäischen Union und der Eurozone betrachtet. Viele merken, dass es vorbei ist mit Deutschland als einzigem EU-Land ohne nennenswerte euroskeptische Parteien.

Das rasante Wachsen der AfD, schrieb zum Beispiel La Repubblica, eine der größten italienischen Tageszeitungen, "droht die europäischen Entscheidungen des mächtigsten EU-Mitgliedslandes massiv zu beeinflussen". Das werde nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, sondern allen EU-Regierungschefs "schlaflose Nächte und Albträume" bescheren. Der Vormarsch der von Bernd Lucke geführten Partei, so meint auch die Turiner La Stampa, "bringt Frau Merkel und die CDU stark in Bedrängnis". Das Problem ist, dass die Italiener, ebenso wie die Franzosen, die Europa-Politik der Bundeskanzlerin schon jetzt als zu "streng" und zu sehr "aufs Sparen fixiert" sehen, und sie vor allem als zu wenig "solidarisch" mit den schwächeren Ländern wahrnehmen. Immer mehr pocht der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi auf das volle Ausreizen der Spielräume des Stabilitätspaktes - die vielerwähnte "Flexibilität" -, um die lahmende Wirtschaft wieder anzukurbeln.

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Was wird passieren, fragen sich viele in Italien, wenn Merkel, die die AfD bis jetzt ignoriert hat, durch ihre Partei gezwungen wird, die Forderungen der Lucke-Partei stärker zu berücksichtigen? Italien sorgt sich dabei übrigens nicht nur um die Wirtschaft: Als langjähriger, begeistertster und entschlossenster Befürworter des europäischen Projektes wurde Deutschland bis jetzt auch als größte Garantie für die gemeinsame Zukunft Europas betrachtet. Wenn die Deutschen sich gegen die EU wenden, dann könnte sie früher oder später zusammenbrechen, wird in Italien orakelt. Und was käme danach? Ein großes Fragezeichen.

Giovanni Maria Del Re ist Europa-Korrespondent der italienischen Tageszeitung Avvenire. Er lebt in Brüssel.

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