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Eigentlich sind es sogar zwei Skandale.

Ausgewählt von Caroline Ischinger

"Schlichtweg Liebe" sei es gewesen, sagte Christian von Boetticher, als er seinen Rücktritt als CDU-Vorsitzender von Schleswig-Holstein erklärte. Unter Tränen bestätigte der 40-Jährige, dass er eine Affäre mit einer 16-Jährigen hatte. Wenig später trat Boetticher auch von seinem Posten als Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag zurück. Strafrechtlich ist das Liebesverhältnis nicht relevant, für die politische Karriere jedoch bedeutete es das Ende. Ob zu Recht oder nicht - darüber diskutieren zahlreiche Blogger.

Christian von Boetticher gives a statement to the media after a board meeting in Kiel

Christian von Boetticher, der CDU Landesparteichef und Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Schleswig-Holstein, gibt am 14.08.2011 auf einer Pressekonferenz in Kiel seinen Rücktritt bekannt. Hintergrund ist ein inzwischen beendetes Verhältnis des 40-Jährigen mit einer damals 16-Jährigen.

(Foto: REUTERS)

Auf zettelsraum.blogspot.com bemerkt der Autor, es habe sich über Jahrzehnte "glücklicherweise die Einsicht durchgesetzt, dass jeder Mensch das Recht hat, sein Sexual- und sein Liebesleben so zu gestalten, wie es ihm richtig erscheint; vorausgesetzt, er verletzt damit nicht die sexuelle Selbstbestimmung anderer." So müssten homosexuelle Politiker auch keine Nachteile mehr befürchten. "Was in aller Welt ist also Boetticher vorzuwerfen?", fragt der Blogger. Der CDU-Politiker habe gegen kein Strafgesetz verstoßen; zudem verbiete kein "Moralgesetz" die Liebe zwischen Menschen mit einem großen Altersunterschied. Goethe habe beispielsweise seine Gefühle zu der 17-jährigen Ulrike von Levetzow in einem der schönsten Liebesgedichte verarbeitet, der "Marienbader Elegie". "Heute aber, in einem Deutschland, das zunehmend dem Diktat des erhobenen Zeigefingers ausgesetzt ist, muss ein Politiker von seinen Ämtern zurücktreten, weil er eine Jüngere geliebt hat. Und bekommt von den Medien bescheinigt, er sei in einen ,Skandal' verwickelt."

Dabei handele es sich um zwei Skandale, findet ein Blogger, der sich mit der Debatte auf gedankenecke.combeschäftigt. Zum einen sei da Boettichers "Bereitschaft, alles der Macht zu opfern". Wenn es sich wirklich um Liebe gehandelt habe, dann sei der eigentliche Skandal, "dass Boetticher das Verhältnis der Macht geopfert hat". "Möchte man wirklich Politiker haben, denen die Macht wichtiger als die Liebe ist?", fragt der Autor. Der zweite Skandal sei "der Umgang der CDU mit ihrem Spitzenkandidaten": "Möchte man wirklich glauben, dass man Boetticher nur geschasst hat, weil er ein Verhältnis mit einer 16-Jährigen gehabt hat?"

Swen Wacker macht sich auf landesblog.de Gedanken zu der Frage, welche Politiker erwünscht sind: "Wollen wir wirklich noch stromlinienförmigere Kandidaten ohne kleinsten menschlichen Fehl?". Er spricht Boetticher sein Verständnis für den Rücktritt aus: "In dieser Schlangengrube wäre er vielleicht erfolgreich, nie aber glücklich geworden." Weniger Mitgefühl scheint da Kurt Nickel zu empfinden, der auf vorwaerts.de unter dem Titel "Wenn die Lust stärker ist als der Verstand" schreibt: "Jemand, der sich als Orientierungsmaßstab in der Öffentlichkeit anpreist und in ein politisches Amt gewählt werden will, für den gelten andere Gesetze. Gesetze, die ihn als Person auszeichnen, an denen sich andere Menschen wiedererkennen können, insbesondere die Jugend. Dies ist bei Boetticher nicht mehr der Fall."

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