Die besten Blogs:Die Richter und der Rettungsschirm

Diese Selbstverständlichkeit musste erst erstritten werden.

Ausgewählt von Silvia Liebrich und Edeltraud Rattenhuber

Der Euro-Rettungsschirm kann kommen: Das Bundesverfassungsgericht hat die Eilanträge gegen den ESM abgelehnt - unter Vorbehalt. Es muss sichergestellt werden, dass die Haftung Deutschlands auf 190 Milliarden Euro beschränkt bleibt und darüber hinausgehende Zahlungen nur mit Zustimmung des Bundestags möglich sind. Die Entscheidung wird im Netz heftig diskutiert.

Karlsruhe erlaubt Beitritt zu Euro-Rettungsschirm unter Vorbehalt

Ein Mann posiert am 12. September 2012 vor der Euroskulptur der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main mit einem mit Geldscheinen und Euromünzen aufgedruckten Regenschirm. Deutschland darf dem dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM unter bestimmten Bedingungen beitreten. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe entschieden. Die Eilanträge gegen die deutschen Gesetze zum ESM-Vertrag und zum Fiskalpakt blieben überwiegend erfolglos.

(Foto: dapd)

"Nun trägt das BVerfG gewiss keine Verantwortung für den übersteigerten Medienhype", meint Daniel Thym (http://verfassungsblog.de/). "Ganz schuldlos ist der zweite Senat dennoch nicht. Ganz bewusst nährten die Richter in den vergangenen Jahren die Erwartung, dass die Interpretation der Volkssouveränität eine Schlüsselfrage der Euro-Rettung sei. Es ist wie im Märchen von ,Des Kaisers neue Kleider': Wer immer prächtigere Gewänder als Zeichen von Macht und Klugheit anstrebt, steht am Ende nackt da. Dies gilt nicht anders für die Untertanen, die sich im Glanze ihres glorreichen Herrschers sonnen wollten. Das Fazit kann nur lauten: Höchste Zeit zum (juristischen) Umdenken."

"Dieser ESM-Vertrag darf nicht kommen", schreibt Beatrix von Storch (http://www.freiewelt.net/blog-3949/der-finale-esm-vertrag---ende-von--demokratie-und-parlamentsvorbehalt- .html). "Wir werden nun von Frau Merkel und Herrn Schäuble und all den anderen Euro-Rettern hören, dass der ESM sinnvoll und alternativlos ist, dass das wirtschaftliche Risiko überschaubar ist und vor allem, dass jeder Euro, den wir zusätzlich bezahlen sollen, vorher natürlich vom Bundestag abgesegnet werden muss. Das Königsrecht des Parlamentes, die Hoheit über den Haushalt, bleibe selbstverständlich unangetastet. (...) Diese Selbstverständlichkeit mussten der Abgeordnete Gauweiler (CSU) und andere vor dem Bundesverfassungsgericht aber auch erst erstreiten und der Regierung abtrotzen. "

Der Europarechtler Carlino Antpöhler bewertet die Entscheidung der Verfassungsrichter in seinem Blog für das European Council on Foreign Relations (ecfr.eu/blog/entry/the_german_constitutional_court_and_the_esm_what_happened) als eher unspektakulär. "Das Bundesverfassungsgericht bestätigt damit seine vorangegangene Rechtssprechung und zieht keine weiteren Roten Linien ein, die, sollten sie überschritten werden, ein Referendum erforderlich machen würden. Unter dem enormen öffentlichen Druck und dem Zeitdruck, unter dem das Gericht stand, hat es sich einer breiteren Diskussion zur europäischen Integration entzogen. Es wurde den politischen Institutionen auferlegt, Antworten auf die Euro-Krise zu finden. Und das ist gut so."

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