08. Mai 2009:Die sogenannte Rentenerhöhung

Wie lebt es sich mit deutschen Renten? SZ-Leser diskutieren über den Beschluss der Regierung, die Renten nicht zu kürzen.

"Was mir an vielen Kommentaren dieser Art unangenehm ist, ist der Ton, der suggeriert, dass die Alten über ihre Verhältnisse leben. Der Sozialminister Scholz kann vor der Wahl reden was er will, aber schließlich weiß jeder, dass danach Heulen und Zähneklappern sein wird und Politiker ungerne mit ihren Wahlversprechungen - siehe Herr Müntefering - konfrontiert werden.

08. Mai 2009: Müssen Rentner in Deutschland jeden Euro zweimal umdrehen?

Müssen Rentner in Deutschland jeden Euro zweimal umdrehen?

(Foto: Foto: dpa)

Hinsichtlich der 'Rentenerhöhungen' nur ein kleiner Hinweis: Ein Rentner mit 63 Jahren erhielt im Jahre 2000 0,6 Prozent, 2001 1,9 Prozent, 2002 2,1 Prozent, und die folgenden Jahre bis 2006 keine Erhöhung. 2007 waren es 0,54, 2008 1,1 Prozent und dieses Jahr voraussichtlich 2,41 Prozent. Das bedeutet bei einer fiktiven Bruttorente von 1000 Euro seit 1. Juli 2003 eine Bruttorente von 1090,30 Euro nach zehn Jahren sogenannter Rentenerhöhung. In dieser Zeit wurden die Abschläge für Krankenversicherungen erhöht und die Pflegeversicherung eingeführt."

Vittorio Neymon de Neyfeldt München

Verstoß gegen Gerechtigkeit

"Der SPD-Sozialminister Scholz will die Rentner bei Laune halten und schließt Rentenkürzungen grundsätzlich aus. Scholz hat aber zumindest den Westrentnern die Laune gründlich verdorben, weil er die Ostrentner systematisch besser bedient. Dabei verfügt der ostdeutsche Rentnerhaushalt im Durchschnitt über eine deutlich höhere gesetzliche Rente, weil 1990 die typisch ostdeutschen Berufsbiografien mit dem westdeutschen Rentensystem vereinigt wurden. Wer Ungleiches gleich behandelt, verstößt gegen das Gerechtigkeitsgefühl. Scholz und die SPD, obwohl für die Fehlentwicklung nicht allein verantwortlich, werden sich bei den nächsten Wahlen schwer tun, diese Gerechtigkeitslücke zu überwinden."

Jürgen Bollinger Neuwied

Ungeschoren bleiben nur die Beamten

"Die SZ berichtete, dass die durchschnittliche Netto-Rente monatlich 872 Euro beträgt, die Pension jedoch 2436 Euro. Im Vergleich mit den Löhnen von Arbeitern (1212) und Angestellten (1735) liegen somit die Ruhestandsgehälter weit über die der aktiv Tätigen. Lediglich die Selbständigen liegen mit 2344 Euro noch etwa gleich, müssen davon aber ihre Altersversorgung noch selbst finanzieren.

Und wessen Netto-Einkommen ist höher als das der Pensionäre? Natürlich das der Beamten mit 2444 Euro. Und das bei Arbeitsplatzgarantie, Beihilfe, sozialer Absicherung in allen Belangen. Fazit: Ungeschoren bleibt niemand, außer Beamte und Pensionäre. Klar, die sind in den Parlamenten am zahlreichsten vertreten und haben sich einen Selbstbedienungsladen aufgebaut, den die übrigen finanzieren müssen. Warum stellt diese Ungleichbehandlung niemand an den Pranger? Ist in der SZ-Leserschaft die Zahl der Beamten so hoch?"

Werner Anderl München

Weniger Einkommen seit 2000

"Den 20 Millionen Rentnern werden immer mehr Opfer abverlangt. Seit Jahren erhalten sie Rentensteigerungen, die mit der Preissteigerung nicht mithalten können. Zuzahlungen zu Medikamenten, Krankenkassenbeiträge werden erhöht. Real ergibt sich seit 2000 ein Einkommensverlust. Richtig ist in dem Artikel eigentlich nur, dass die Rente eine beitragsbezogene Leistung ist und das Einkommen eines Rentners seiner früheren Arbeitsleistung entspricht.

Was ist eigentlich mit den Pensionären, die bekommen fast das doppelte an Pension? Traut sich niemand zu sagen, dass auch diese Gruppe ihren Beitrag in der Rezession zu leisten hat? Auch unsere über 600 Abgeordneten könnten mit gutem Beispiel vorangehen. Zum Thema Sparen wäre auch geeignet, endlich mal die Steuerverschwendung von mehreren 100 Millionen Euro abzustellen. Traut sich denn da keine Regierung ran? Und dann noch die unüberschaubare Anzahl von unsinnigen Subventionen!"

Ludwig Brandmaier Brunnthal

Eine ordentliche Pension

"2500 Euro beträgt die monatliche Durchschnittspension der Beamten. Das ist doch ganz ordentlich. Die Durchschnittsrente liegt dagegen bei 1000 bis 1100 Euro. Sie wird zwölf Mal pro Jahr gezahlt, die Pension dreizehn Mal. Eine Pension erhält man ohne eigene monatliche Beiträge zur Rentenversicherung. Weil man nichts einzahlt, bekommt man aber mehr als das Doppelte der Rentner raus. Dies ist als kleines Notat zum Thema Gerechtigkeit oder zum Thema Einnahmenseite der Sozialkassen zu interpretieren. Dies verstehe, wer will? Ich tue es nicht! Denn die meist ins Feld geführte 'besondere Loyalitätsverpflichtung' wird bereits wettgemacht durch das fehlende Risiko des Arbeitsplatzverlustes."

Hans Günter Grewer Saarbrücken

Schuldenberg lähmt Deutschland

"Man kann die Geschichte auch ganz anders erzählen, nämlich als Geschichte einer Generation, die den Krieg oder seine unmittelbaren Folgen als Kind noch erlebte. Diese Generation hatte einen schweren Start, unbestritten, kam dann allerdings sehr schnell durch Schule und Ausbildung zu einem gutbezahlten Job. Diese Generation erfuhr nur Wachstum und Lohnerhöhungen, so sollte es auch im Rentenalter weitergehen.

Der Staat, der Staat, der Staat... letztendlich wurde der immer ignoriert, wenn es um Zukunft ging, um solide Bilanzen. Ein erdrückender Schuldenberg türmte sich auf und lähmt Deutschland. Während Rentner durch die Welt fliegen verkommen Schulgebäude, fehlen Sozialarbeiter in Brennpunkten und Politikern die Perspektiven. An glänzenden Broschüren, wie es trotz enormer Schulden dennoch viel besser läuft als vorher, mangelt es trotzdem nicht."

Rüdiger Wittkämper Königswinter

Anpassungen bremsen Kaufkraftverlust

"Seit mehr als fünfzig Jahren sind die Renten dynamisch. Und, die Höhe der Rentenanpassungen begünstigt nicht nur die Rentnerinnen und Rentner. Auch die Rentenanwartschaften der Versicherten erhöhen sich zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Umfang. Wenn eine Vorhersage über die Rentenanpassungen - insbesondere der ferneren Zukunft - auch nicht immer leicht ist, so haben diese letzten fünfzig Jahre bewiesen, dass die Rentenanpassungen den Kaufkraftverlust durchaus begegnen können. Die sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben."

Christian Koopmann, Pressesprecher Deutsche Rentenversicherung Westfalen

Tricksereien der Regierung

"Es ist schon erstaunlich, für wie beschränkt die Politiker die Bevölkerung halten. Die Rentner und Rentnerinnen kapieren sicher, dass eine Garantie auf die zahlenmäßige Höhe der Rente nichts mit der Kaufkraft der Rente zu tun haben muss! Für diese schlauen Tricksereien wählt man sicher keine Regierung. Das Problem bei der aktuellen Rentendiskussion ist, dass man zwei Bevölkerungsteile nicht nur mit dem Generationenvertrag sondern auch mit Festlegungen von Rentenbeitrag und Rentenhöhe miteinander verbindet. Das stiftet eben zumindest Unverständnis - auf beiden Seiten.

Das Umlageverfahren zur Finanzierung der Rente steht außer Zweifel. Nach den beiden Weltkriegen war das Geld ja hinüber und damit wäre auch keine kapitalgedeckte Rente mehr möglich gewesen (abgesehen von Sonderanlagen in Schweden oder der Schweiz). Dahingegen war die Bevölkerung aber noch da, und konnte via Umlage ein bescheidenes Rentnerdasein ermöglichen (soviel Arbeit war ja da).

Die Rentenhöhe an den Löhnen der arbeitenden Bevölkerung zu orientieren, ist jedoch ein Fehler, der sich in Krisenzeiten eben zeigt. Die Lohnerhöhung der arbeitenden Bevölkerung orientiert sich an Produktivitätssteigerungen der Unternehmen, persönlichen Erfolgen einzelner Mitarbeiter, Innovationen beziehungsweise am Markterfolg des Unternehmens überhaupt. Für Rentner ist hingegen nur der Kaufkraftverlust relevant, wobei Abgabensteigerungen zu berücksichtigen wären. Und nur daran hätte sich eine Rentenerhöhung zu orientieren."

Dr. Friedrich Wörndle Ostermünchen

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