21. Juli 2009:Alles andere als ein Robin Hood

Lesezeit: 4 min

SZ-Leser diskutieren über den Putsch in Honduras, den geschassten Präsidenten Manuel Zelaya und die Berichterstattung in den Medien.

Zu Berichten und Kommentaren über den Putsch in Honduras schreiben Leser:

Zuflucht in Nicaragua: Manuel Zelaya bei einer Pressekonferenz in Managua. (Foto: Foto: dpa)

"In seinem Artikel 'Der Putsch, den es nie gegeben hat' (11. Juli) greift Peter Burghardt auch die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit für ihre Bewertung der Entmachtung des honduranischen Präsidenten Zelaya Ende Juni an. Dem ist entgegenzuhalten: Die Stiftung hat sich bei der Einordnung der Geschehnisse in Honduras stets um Sachlichkeit und Differenziertheit bemüht. Burghardts Beitrag aber geht beides völlig ab.

Zelaya beispielsweise wird zum 'Retter der Armen' stilisiert, zu einem honduranischen Robin Hood.

Auf seine zahlreichen Verfassungsverletzungen und Korruptionsaffären geht der Autor mit keinem Wort ein. Allein am 24. Juni, vier Tage vor der Militäraktion, wurden von Zelayas Vertrautem, dem derzeitigen Präsidialminister Flores Lanza, in einer filmreifen Aktion 50 Millionen Lempiras (etwa 2,5 Millionen US-Dollar) in bar in Müllsäcken aus der Zentralbank außer Landes geschafft. Es handelte sich hierbei aber nicht um Privatvermögen, sondern um Steuergelder. Auch dass Zelaya leere Staatskassen hinterlassen hat und seinen Staatsdienern über sechs Monate das Gehalt schuldig geblieben ist, passt nicht zum Bild des Robin Hood.

Bei gründlicher Recherche wäre dem Autor sicher aufgefallen, dass 'Chávez' Ölmilliarden' nie im Land angekommen sind. Im Gegenteil: Seit dem Beitritt von Honduras zu ALBA, einer von Cháves 2001 ins Leben gerufenen Handelsallianz im Oktober vergangenen Jahres, ist der Benzinpreis dramatisch gestiegen, um rund 50 Prozent. Nur ein Teil der 100 venezolanischen Traktoren, die für die ärmsten unter den honduranischen Bauern bestimmt waren, ist bisher ausgeliefert worden, und zwar ausschließlich an die Zelaya nahestehenden Vertreter der Bauernverbände. Der Rest liegt nach wie vor im Hafen von Puerto Cortés.

Was schließlich den tragischen, angeblich von einer Armeekugel herbeigeführten Tod des Demonstranten Murrillo anbelangt: In der Ausgabe der honduranischen Tageszeitung El Heraldo vom vergangenen Sonntag wurde das Ergebnis der forensischen Untersuchung veröffentlicht. Die Kugel, die den Demonstranten traf, passt nicht zum Gewehrmodell, das die honduranische Armee üblicherweise benutzt."

Harald Klein Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Potsdam

Eine zweite Amtszeit wäre legitim

"Zelaya hat angeblich keine Machtbasis ('Showdown in Honduras', 2. Juli). Die konservative Oligarchie hätte also gelassen das zunächst einzig und allein über die Möglichkeit einer erneuten Kandidatur entscheidende Ergebnis des verfassungsändernden Referendums und den Ausgang der späteren turnusmäßigen Präsidentenwahl, der sich Zelaya auf jeden Fall hätte stellen müssen und wollen, abwarten können.

Dass die konservativen Kräfte bereits zwei Stufen vor einer möglichen zweiten Amtszeit Zelayas mithilfe des Militärs unter dem Vorwand des Verfassungsschutzes gegen den gewählten Präsidenten putschen, zeigt, wie nervös sie sind und wie wenig sie auf einen Rückhalt beim Volk vertrauen. Auch inhaltlich kann ich an Zelayas angestrebter zweiter Amtszeit nichts Verwerfliches finden.

In vielen europäischen Staaten wird über eine Verlängerung der Legislaturperiode und damit der Amtsdauer einer Regierung diskutiert mit dem Argument, dass in einer Zeit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umwälzungen mehr Zeit für die darauf antwortenden politischen Entscheidungen sein muss. Umso mehr Zeit muss man dem Präsidenten eines armen lateinamerikanischen Landes zubilligen, der mit seinem Programm die notwendigen sozialen Reformen erst einleiten muss."

Horst Ebeling Schörfling am Attersee /Österreich

Der Westen darf nicht einseitig Partei ergreifen

"Da wird wieder einmal vorschnell gehandelt und aktionistisch vorgegangen ('Honduras als Symbol', 6. Juli). Sind die EU, die USA und andere noch bei Verstand, ohne genaue Analyse der Situation in Honduras sofort einseitig Partei zu ergreifen ? Warum setzen sich ein Diktator in spe wie Hugo Chavez (Venezuela) oder das mehr als fragwürdig agierende Präsidentenehepaar Kirchner (Argentinien) sich so für den demokratisch geschassten Präsidenten Honduras', Zelaya, ein?

Da drängen sich Vergleiche wie mit Georgiens Präsidenten Saakaschwili auf, der selbstherrlich einen Krieg führen wollte, indes ihn sein eigenes Volk wohl gerne aus dem Amt jagen würde, aber die USA und EU sofort für ihn Partei ergriffen und nun ihr Fehlverhalten einsehen müssen. In Honduras könnte es ein zweites Venezuela geben, wo ein selbstherrlicher Präsident auf den ersten Blick seine Macht 'demokratisch' zu legitimieren sucht und im zweiten Schritt dann für immer und ewig 'unabwählbar' zu werden gedenkt."

Sven Jösting Hamburg

Fakten, kein Bekenntnisjournalismus

"Wem die Ereignisse in Honduras rätselhaft sind, und wer sie verstehen möchte, sollte auf die gewöhnlich zuverlässige Quelle SZ besser verzichten. Was dort dort von Herrn Burghardt geboten wird, ist doch sehr dünn und beschränkt sich auf die holzschnittartige Einschätzung links=gut, rechts=böse.

Zudem sind seine Beiträge, insbesondere die heutigen, journalistisch zweifelhaft. Ich freue mich ja, dass das Thema es auf die Meinungsseite schafft, doch den 'Bericht' von Seite 8 hätte man besser auch auf die 4 gesetzt. In Burghardts Diktion 'wettert' die neue Führung mit ihrem Interims-Präsidenten, betreibt 'penetrante Propaganda'. 'Wie gehabt' sind es Soldaten, die die 'Trutzburg der Umstürzler' schützen, von einem 'Terrorregime' ist da die Rede und von 'Reaktionären'. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Man kann sich ja über Zelaya und Micheletti streiten. In einem Korrespondetenbericht hätte ich aber gerne Fakten, keinen Bekenntnisjournalismus! Den Gehalt des Beitrages hätte man auch auf Herrn Burghardts letzten Satz in seinem Beitrag zusammenfassen können: 'Ultra rechts', und man wäre genau so schlau gewesen.

Wer ist denn dieser 'Analyst Manuel Torres', der dieses unwiderlegbare Urteil spricht? Fragen Sie mal den 'Analysten Gerhard Mester'! Der sagt: es ist alles viel komplizierter. Und: Der Herr Zelaya mag sich als links bezeichnen (lassen), aber er ist eine ziemlich unseriöse Figur. Es gibt auch andere Quellen, die Herr Burghardt offenbar nicht gerne befragt. Eine honduranische Freundin (mit deutschem Mann), exponierte und engagierte Linke, ist kürzlich aus Honduras nach Deutschland zurück gekehrt, weil sie die exzentrische, destruktive Politik Manuel Zelayas nicht mehr ertragen konnte.

Noch eins: Die demokratischen Argumente sind keineswegs 'fadenscheinig'. Es gibt in der Tat ein Verfassungsproblem in Honduras. Das sollte Herr Burghardt auch mal erwähnen, und die Verfassung bitte vorher mal anschauen, insbesondere die Artikel, die sich mit Verfassungsänderung, Volksbefragungen und Verfassungsbruch befassen."

Gerhard Mester Wiesbaden

© SZ vom 21.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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