19. Februar 2009:Panik - Klima

SZ-Leser über Kosten und Nutzen des Klimaschutzes, Modelleisenbahnen, magersüchtige Models, Schuldenbremsen und den Nutzen der Geisteswissenschaften.

"Wärmer als warm", 16. Februar

19. Februar 2009: Auch Eisbären sind vom Klimawandel bedroht.

Auch Eisbären sind vom Klimawandel bedroht.

(Foto: Foto: dpa)

"Der Klimawandel hat es wieder auf die Titelseite geschafft, leider wieder mit einem Artikel zur Panikmache ('Wärmer als warm', 16. Februar). Ich leugne nicht den Klimawandel, bin jedoch für eine objektive Betrachtung der Zahlen und Folgen.

Es wäre tragisch, wenn wir heute Milliarden Euro in eine wenig zielgerichtete Reduzierung von CO2 investierten und dringendere und einfachere zu lösende Probleme übergingen. So bringen fünf Euro, die in das Kyoto Protokoll investiert werden, nur etwa zwei Euro Nutzen.

Dagegen bringen die gleichen fünf Euro in der Aidshilfe 200 Euro oder im Einsatz gegen Unterernährung 150 Euro. Wie viel könnten wir verbessern, wenn wir bis 2100 gerade in den benachteiligten Regionen der Welt den Lebensstandard erhöhten und die Menschen so auf die Folgen des Klimawandels vorbereiteten.

Ich möchte mir nicht von meinen Kindern und Enkelkindern vorwerfen lassen, in Panik das Geld aus dem Fenster geworfen zu haben, weil ich glaubte, einen Eisbären zu retten, während gleichzeitig Menschen an Aids und Hunger gestorben sind."

Niels C. Miller, Hamburg

"Im Krieg der Welten", 7./8. Februar

Tiefsinniges Orakel über die Modell-Eisenbahn

"Mit einem lauten 'Hurra' kommentiert Georg Klein in 'Im Krieg der Welten' (7./8. Februar) den Kollaps der Modellbahn-Firma Märklin. Der Autor unterstellt Generationen von Heimbahnern geistige Degeneration, weil das Spiel mit Schienen, Loks und Landschaften die Phantasie an der Entfaltung hindere. Das Steckbausystem Lego lässt Klein hingegen als kreativförderndes Lernprogramm gelten.

Dem mag man zustimmen; wie aber der Schreiber zu der Märklin-Verdammung kommt und wie er sie begründet, ist engstirnig und in einem selbstverliebten Ton verfasst. Ein Intellektueller orakelt Tiefsinniges: Wenn Klein etwa den Vater einer Ex-Freundin als 'Mann ohne Unterleib', als tragisch Gescheiterten in seine Modellanlage stellt und in dem Wirrwarr von Kabeln unter der Platte nichts weiter erkennt als 'elend ausgetüftelte, funktionale Durchschaubarkeit', dann spricht das für Phantasiearmut.

Würde er die Faszination, die auch der Verfasser dieser Zeilen in ungezählten Stunden mit den auf Metall montierten Märklin-Schienen verbrachte, als pathologisch einstufen? Was soll man mit den eigenen wertvollen Erfahrungen machen? Vielleicht gibt es eine Ablassstelle für Modellbahn-Sünden?"

Andreas W. Fabich, Pelm/Eifel

Panik - Klima

"Das Traumschiff", 14./15. Februar

Stadt des Sozialismus

"Moritz Holfelder muss ich wegen 'Das Traumschiff' (14./15. Februar) deutlich widersprechen. Die Stadtplanung der SED ignorierte bewusst die Geschichte der Orte, unter Walter Ulbricht sollte vieles nicht sozialistische möglichst auch baulich vollständig ausgelöscht werden.

Die Sprengung von Kirchen in der DDR verdeutlichte den ideologischen Fanatismus der SED-Funktionäre. Die radikale Neugestaltung der Mitte von (ehemals) Ost-Berlin war städtebaulich ein schwerer Fehler, der bis heute die Lebensqualität der Menschen erheblich einschränkt.

Die Vorzeigebauten der DDR waren und sind maßstabssprengend. Warum sollen diese Bausünden nicht langfristig korrigiert werden? Eine Wiederherstellung maßvoller, menschlicher Stadträume durch ein eher kleinteiligeres Straßen- und Bebauungsmuster ist möglich und aus sozialer, planerischer, ökologischer Sicht sinnvoll und wünschenswert."

Martin Wendt, Hamburg

Panik - Klima

"Topmodell", 14./15. Februar

Immer wieder magersüchtige Models

"Schade, dass Verena Stehle sich zwar sehr für die Beinkleider der verschiedenen Designer interessiert ('Topmodell', 14/15. Februar), aber wenig für die Frauen, die diese tragen. Von den sechs Models auf den Fotos sind wenigstens drei bis vier total untergewichtig und höchstwahrscheinlich magersüchtig.

Ich selbst bin vor fast 20 Jahren magersüchtig gewesen, das Leben war die alltägliche Hölle. Deshalb macht mich der unachtsame Umgang mit diesem Thema wütend und traurig.

Wenn es keine Bilder von normalgewichtigen Models gibt, könnten die Leser sicher auf die neuen Hosenmoden verzichten. Bei Magersucht geht es schließlich um nicht weniger als um Leben oder Sterben."

Simone Beyer, Unterostendorf

"Die katholische Krise", 17. Februar

In bester Gesellschaft

"Die Berichterstattung über den Rücktritt des designierten Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner ('Die katholische Krise', 17. Februar) überrascht wegen ihrer aufgeregten Schärfe. Denn befindet sich der Bischof mit seinen Gedanken nicht in bester, bunter Gesellschaft geistiger und politischer Ursachenforscher von Naturereignissen?

Muslime deuteten den Tsunami in Südasien im Dezember 2004 als Strafe Allahs für die moralische Verderbtheit westlicher Touristen und ihres sündigen Lebens. 'Katrina' im August 2005 war für sie 'Rache für den Irak-Krieg' der Amerikaner. Eine evangelische Bischöfin aus Deutschland steuerte theologische Bilder einer 'neuen Sintflut' bei. Prof. Dr. Wolf R. Dombrowsky, Leiter der Katastrophenforschungsstelle der Universität Kiel, schrieb 2005 treffend: 'So werden die irdischen Katastrophen zur Offenbarung einer himmlischen Ökumene des Vergeltens.'

Die Boulevardblätter überbieten sich mit animistischen Vorstellungen von einer Natur, die 'zurückschlägt' und den Menschen gar 'los werden' wolle . Und mittendrin der frühere grüne Umweltminister Trittin, der als Verursacher von 'Katrina' die USA selbst sah, gleichsam als kapitalistisch-irdischer Umweltteufel.

Auch wenn die Glaubenspolizei ihr Urteil über Wagner längst gefällt und ihn in seine Heimatpfarrei zurückgeschickt hat: Seine Glaubensmeinungen allein können nicht die Ursache dieser Hysterie gewesen sein."

Henry C. Brinker, Hamburg

Panik - Klima

"Widerstand gegen Schuldenbremse", 14./15. Februar

Politiker ohne ökonomischen Verstand

"Mit der Behauptung, sein Genosse Björn Böhning habe keine Ahnung ('Widerstand gegen Schuldenbremse', 14./15.Februar), offenbart SPD-Fraktionschef Peter Struck sich als ökonomischer Laie. Es ist schon erschütternd mitansehen zu müssen, wie ahnungslose Politiker gewiss in guter Absicht dem Land Schaden zufügen.

Den Ländern jede Schuldenaufnahme zu verbieten, ist ökonomischer Unfug. Denn Investitionen erhöhen das Produktionspotenzial und sind deshalb eine wichtige Voraussetzung für wachsenden Wohlstand. Öffentliche Investitionen weisen eine besonders hohe Produktivität auf.

Der Großteil öffentlicher Investitionen wird in den Kommunen getätigt, die nun über die Länder von der Kreditfinanzierung ausgeschlossen werden sollen. Der deutsche Staatswissenschaftler Lorenz von Stein hat wegen der Bedeutung der Investitionen (und ihrer üblichen Kreditfinanzierung) 1878 gesagt: 'Ein Staat ohne Staatsschuld tut entweder zu wenig für seine Zukunft oder er fordert zu viel von seiner Gegenwart."'

Dr. Ernst Niemeier, Wentorf bei Hamburg

Panik - Klima

Vom Nutzen der Geisteswissenschaften

"Die Argumentation des Lesers Detlef Frank ("Das Gejammere der Geisteswissenschaften", 14./15. Februar) soll wohl den Zweck einer provokanten Reizung erfüllen. Aber halten Sie das für ihre Leser erforderlich - und zumutbar? 'Techniker' fühlen sich häufig von 'Geisteswissenschaftlern' diskreditiert, wenn diese sie auf ihre Maßstäbe und Beobachtungsweisen hin hinterfragen.

Gerne blenden sie dabei all die Katastrophen und Probleme aus, die sie der Welt bescheren und fokussieren mit einer aufreizend selektiven Blindheit auf technologische Erfolgsgeschichten. Das gehört zu einer Selbsttrivialisierung, die davon absehen muss, dass schon die Verwendung des ersten Faustkeils von Überlegungen zu seinem limitierten Gebrauch abhängig war.

Solche ganz und gar "untechnischen" Gedanken sichern auch das Überleben von Herrn Frank, der darauf bauen kann, dass er sich nicht den Unwägbarkeiten des 'gesunden Menschenverstandes' aussetzen muss, der zu dem Schluss kommen könnte, dass man solchen Auswüchsen von Unbildung und Borniertheit mit Keulen, Messern oder Pistolen begegnen sollte.

Zumindest darf er darauf vertrauen, dass Politiker für eine Zivilisation und Juristen für das Recht eintreten. Das steigert die Wahrscheinlichkeit des Überlebens von Herrn Frank - ganz unabhängig davon, ob andere Leser meinen, dass er es verdient hat."

Klaus Becker, Bergisch Gladbach

Panik - Klima

Eine schöne Leich'

"Es gibt bekanntlich zwei feierliche Momente im Leben eines Menschen, bei denen er im Mittelpunkt steht, von der Festivität aber nichts mitbekommt: Taufe und Beerdigung.

So ist es nur folgerichtig dass, wenn der Wiener (und auch der Bayer) von der 'schönen Leich'' redet, nicht der Verblichene gemeint ist, so schön er auch gewesen sein mag, sondern das feierliche, blumenüberhäufte Leichenbegängnis (am besten mit trauerbeflortem, von sechs Rappen gezogenenen Fiaker) samt Kirchgang und Leichenschmaus.

Der Wiener nennt das auch 'Pompfüneber' (vom französischen pompe funèbre). Kurt Sowinetz hat die Träume des Wieners über ein gelungenes Leben so besungen: 'An Auto, wos'd aan umscheibst ohne Schebberer, a schöne Leich', mit Schnaps und Pompfüneberer'. Letzterer ist der Zeremonienmeister, der die schöne Leich' ausrichtet.

Sabine Kotz, Fürstenstein

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