Zwei Jahre Renovierung:Pariser Ritz soll noch luxuriöser werden

Lesezeit: 4 min

Ernest Hemingway lümmelte hier an der Bar rum, Coco Chanel empfing ihre Liebhaber. Nun schließt das legendäre Pariser "Ritz" wegen Renovierungsarbeiten für zwei Jahre seine Türen. Mit Investitionen in Höhe von mindestens 140 Millionen Euro will das Hotel zurück an die Spitze der internationalen Luxusherbergen.

Stefan Ulrich, Paris

Zum Abschied servierte das Ritz ein dem Hause angemessenes Dîner mit Champagner - man möchte während der kommenden Durststrecke bei den Gästen in guter Erinnerung bleiben. So tischten die Kellner am Dienstagabend Stopfleber, Hummer und Kaviar auf, gefolgt von einer Pêche Melba, jenem Pfirsichdessert, das einst von Auguste Escoffier, dem ersten Chefkoch des Ritz, kreiert worden war.

Das Pariser "Ritz" will zurück an die Spitze der internationalen Luxusherbergen - für 140 Millionen Euro. Nun schließt das legendäre Hotel für zwei Jahre. (Foto: dpa)

Die 150 Zimmer und Suiten waren noch einmal ausgebucht, zu Preisen zwischen 850 und 10 000 Euro die Nacht. Am Mittwoch fuhren die Pagen die Koffer sämtlicher Gäste zu den Limousinen und Taxis auf der Place Vendôme hinaus. Dann schloss das Ritz seine Türen.

Die Hotellegende, in der einst Ernest Hemingway dem Alkohol und Coco Chanel ihren Amouren frönte, wird nun gründlich aufgemöbelt. Branchenkenner hatten zuletzt beklagt, das Pariser Ritz sei nicht mehr ganz auf der Höhe seines Ruhms als eines der führenden Luxushotels der Welt. Die letzte große Renovierung liege mehr als 30 Jahre zurück. Technik und Dekor benötigten eine Auffrischung.

Nun kommt der Eigentümer, der ägyptische Milliardär Mohammed Al Fayed, diesen Wünschen nach. Er möchte mindestens 140 Millionen Euro investieren, um eine immer anspruchsvollere internationale Kundschaft zufriedenzustellen. Wenn das Ritz in etwa zwei Jahren wieder eröffnet, soll sein bisheriges Fünf-Sterne-Haus in die neu geschaffene französische Kategorie der "Palace"-Hotels aufsteigen.

Der Vorstoß Al Fayeds kommt zur rechten Zeit. Denn die Konkurrenz ist sehr aktiv an der Seine. In den vergangenen beiden Jahren eröffneten mehrere Häuser der obersten Preisklasse, darunter die asiatischen Top-Hotels Royal Monceau, Shangri-la und Mandarin Oriental. Das traditionsreiche Crillon an der Place de la Concorde wird von diesem Herbst an ebenfalls zwei Jahre lang rundumerneuert. Und auch das Plaza Athénée will sich ausdehnen.

Die Investitionen dürften sich lohnen. Mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise boomt in Paris der Luxussektor. Die Klientel, die mehrere Tausend Euro pro Hotelnacht ausgeben kann und will, wird immer größer. Zu Amerikanern, Briten, Russen oder Arabern kommen Chinesen, Inder und Brasilianer hinzu. Sie sollen künftig im Ritz modernste Technik und ein neues Sommerrestaurant samt mobilem Glasdach vorfinden. Bei alledem werde der historische Charakter des Hauses gewahrt, verspricht der Bouygues-Konzern, dem die Renovierung anvertraut ist. So sollen die Pastellfarben Gelb, Himmelblau, Mandelgrün und Rosa der Zimmer erhalten bleiben.

Die Erneuerer tun gut daran, die Tradition zu achten. Denn die Trümpfe des Ritz sind seine Geschichte und Geschichten. Sie geben dem Hotel jenen Esprit, den viele Menschen in Paris suchen - Eleganz, Romantik, Luxus, Liebe und ein Schuss Abenteuer.

Als der Schweizer Hotelier César Ritz 1898 das Ritz eröffnete, erfüllte er sich einen Lebenstraum. Er hatte bereits viele große Häuser gemanagt und das Savoy zum wohl besten Hotel Londons gemacht. Nun wollte er seine Karriere krönen. Das Ritz sei "ein kleines Haus, dem ich stolz meinen Namen gebe", sagte er bei der Eröffnung.

Das Hotel sollte damals erstmals französische Lebensart mit britischem Komfort verbinden. Monsieur Ritz stattete daher die Zimmer mit Möbeln im Stil des 17. Jahrhunderts, eigenen Bädern, elektrischem Licht und Telefonen aus. Indirekte Beleuchtung schmeichelte dem Teint der Damen, und in der Küche zauberte der berühmte Chefkoch Escoffier.

Die Klientel aus Hochadel, Großbürgertum, Politik, Kunst und Literatentum war begeistert. Kronprinz Albert Eduard, der spätere britische König Eduard VII., sagte: "Ich gehe überall hin, wohin César Ritz geht." Marcel Proust studierte in den Sälen des Ritz das mondäne Leben für seinen Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". Während der Wintertage des Ersten Weltkrieges wärmte sich tout Paris beim Tee in den wohltemperierten Räumen des Hotels.

Später rückte die sogenannte Lost Generation an, jene "Verlorene Generation" junger, ehrgeiziger amerikanischer Schriftsteller, die sich während des Kriegs und in den zwanziger Jahren in Paris tummelte.

F. Scott Fitzgerald brachte einen gewissen Ernest Hemingway an die Bar des Ritz mit. Viele Jahre später verbreitete Hemingway, er habe als Kriegsberichterstatter an der Spitze einer Gruppe von Résistance-Kämpfern im Juli 1944 mit einer Maschinenpistole im Arm die Hotelbar von den deutschen Besatzern - im Ritz war Hermann Görings Luftwaffe einquartiert - befreit. Danach soll er eine Runde "Dry Martini" geordert haben. Heute ist eine Bar des Ritz nach dem Nobelpreisträger benannt.

Auch Coco Chanel hinterließ ihre Spuren in dem Haus an der Place Vendôme. Sie residierte mehr als drei Jahrzehnte lang im Ritz und soll dort einige ihrer Liebhaber empfangen haben, zu denen offenbar auch Igor Strawinski gehörte. Hotelangestellte, die Coco Chanel noch erlebt haben, beschrieben sie später als "schwierigen, kapriziösen" Gast, der sich gern bei der Direktion beklagte. 1971 starb die Modeschöpferin, die stets auf der Anrede Mademoiselle bestand, im Ritz. Ihre einstige Suite ist heute nach ihr benannt.

Der Ruf des Ritz strahlte in die ganze Welt aus. Der Ägypter Al Fayed, der das Hotel von seiner Kindheit her kannte, kaufte es 1979 der Familie Ritz ab. Am 30. August 1997 dinierten sein Sohn Dodi und dessen Geliebte, Prinzessin Diana, in der Suite Impériale des Hotels. Danach begaben sie sich auf jene verhängnisvolle Autofahrt, die mit dem tödlichen Unfall der beiden in einem Tunnel unter der Place de l'Alma endete.

Das Ritz erlebte aber auch wieder glückliche Stunden. Bis zuletzt zog es illustre Gäste an, im Juli etwa den Popstar Madonna. Nun betrauern viele Stammgäste die Schließung. "Das ist traurig. Wir kommen seit 30 Jahren hierher und hatten immer dasselbe Zimmer", sagte eine Frau aus Hongkong am Mittwoch zu Journalisten. "Das", erklärte sie, " ist unser Haus." Auch viele der ungefähr 500 Angestellten, die nun - allerdings mit Widereinstellungsgarantie - ihren Arbeitsplatz verlieren, sehen das so. "Mademoiselle Chanel sagte, das Ritz sei ihr Haus. Aber es ist auch das unsere", klagt einer der Fahrer des Hotels.

Ein Trost bleibt Bediensteten und Gästen. Das Ritz sagt nicht "adieu", sondern "au revoir" - im Sommer 2014.

© SZ vom 01.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: