Zum Nordpol und zurück (I):"Pack den Geigerzähler ein!"

sueddeutsche.de reist an den Nordpol. Mit einem Atomeisbrecher. Aus Russland. Ein solches Vorhaben fordert vielerlei Kommentare heraus. Nicht alle machen Mut.

Birgit Lutz-Temsch

Das Phänomen, dass manche Menschen zu jedem Reiseziel einen Tipp parat haben - Bora Bora: völlig überschätzt, Koh Samui: ich kann Dir sagen, wo die beste Garküche ist - kennt man, man selbst kann sich manchmal ja auch nicht beherrschen.

Zum Nordpol und zurück (I): So sieht das Ticket zum Pol aus.

So sieht das Ticket zum Pol aus.

(Foto: Foto: bilu)

Verrät man nun aber den Nordpol als nächstes Ziel, haben Globetrotter ein Problem. Aber nicht lang. Auch ins ewige Eis wird man nur mit einem bunten Strauß an guten Ratschlägen entlassen. Zum Beispiel: - sich sehr gut zu versichern, - sich zu beeilen, damit der Pol nicht zuvor wegschmilzt, - ausreichend Bücher einzupacken, weil es sicher stinklangweilig ist, - für alle Fälle einen Kompass einzupacken, - und einen Geigerzähler mitzunehmen.

Und Fragen muss der Nordpolreisende viele beantworten. Zum Beispiel: - bist Du wirklich gut versichert? - sind da Eisbären oder Pinguine? - gibt es auf dem Schiff auch was anderes als Wodka? - ist es da kalt um die Jahreszeit? - was willst du denn da? - wirst Du leicht seekrank? - willst Du das noch sehen, bevor es weg ist? - ist das Arktis oder Antarktis? - gibt´s da Tiere? - und Du bist sicher, dass Du wiederkommst?

Am schönsten aber sind spontane Reaktionen wie "Das ist mal was anderes" und: "Oh je, Tupolew."

Wie anders eine solche Reise ist, wird einem auch im Buchladen klar, wenn man keinen Reiseführer findet. Auf den Buchtiteln zum Pol sind meistens Männer mit vereisten Bärten abgebildet. Und die pflegten nicht im Atomeisbrecher zu reisen.

Oft gehört auch der Kommentar: "Das ist aber keine umweltfreundliche Reise." Das stimmt. Das ist sie mit Sicherheit nicht. Ganz abgesehen davon, dass man ja zuerst irgendwie nach Murmansk kommen muss. Die Reisenden müssten schon sehr viele Regenwaldbäume pflanzen, um ihre Ökobilanz wieder ins Gleichgewicht zu bekommen.

Gegen das schlechte Gewissen hilft aber, dass diese Reise auch einen Sinn hat. Der Eisbrecher ackert sich nicht nur zum Plaisier durch das Eis. Er versorgt auch Forschungsstationen in der Arktis. Und die wiederum liefern wichtige Daten, nicht nur über die Polregion. Und die können helfen, das Weltklima zu retten. So kann man also zumindest versuchen, sich dieses Wahnsinnsunternehmen schön zu reden. Es klappt ganz gut.

Die Reise ins Eis - sie beginnt am Abend des 17. August in Murmansk.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: