Wissenschaftlich gesehen:Die Freuden der Frauen im Gebirge

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Warum Frauen auf Bergwanderungen die größeren Abenteuer erleben, Männer dafür die Karte öfter mal richtig herum halten.

Philip Wolff

Frauen erleben auf Bergwanderungen größere Abenteuer als Männer. Das gilt zumindest dann, wenn man die Ergebnisse der modernen Geschlechterforschung aus den Labors auf die Bergwelt überträgt.

(Foto: Foto: iStock)

Demnach müssen Frauen sich nicht nur stärker anstrengen, um auf die Gipfel zu gelangen, denn ihre Körper bestehen im Durchschnitt zu 30 Prozent aus Muskelmasse, während Männer 40 Prozent aufbieten. Frauen freuen sich auch stärker über die Belohnung des Ausblicks über Täler und Tannenwipfel.

In sämtlichen psychologischen und neurophysiologischen Versuchen, in denen die Gefühle der Probanden eine Rolle spielen, haben Frauen in aller Welt bislang stärkere Reaktionen und Fähigkeiten gezeigt als Männer.

Den Grund dafür sehen Forscher in der vorgeburtlichen Hirnentwicklung und ihren Folgen für die kindlichen Verhaltens- und Erfahrungsweisen: Während im männlichen Gehirn der Botenstoff Testosteron schon im Mutterleib viele Neuronen-Verbindungen kappt und ein Denkorgan schafft, das seine Aufgaben später getrennt voneinander wahrnimmt - hier Gefühl, Mutter, Mitmensch, dort Mobile, Laufstall, Räume und Bäume - bleiben solche Regionen im weiblichen Gehirn stärker miteinander verbunden.

Mädchen spielen liebevoll mit Puppen und kleinen Bettchen und trennen weniger zwischen Sachen und Gefühlen als Jungen, die körperbetonter spielen und mit Spielautos und Holzschwertern mehr abstrakte "Raumerfahrung" sammeln.

Dass Eltern, Freunde und später Lehrer entsprechend auf die Kinder reagieren, mag dazu beitragen, dass sich solche Unterschiede auch noch im Erwachsenenalter zeigen.

Frauen können sich auf Wanderungen besser Wegmarken merken, an denen sie vorbeispaziert sind: Kirchtürme, Springbrunnen, Blumenwiesen. Sie verarbeiten den emotionalen Gehalt der gesehenen Dinge intensiver.

Das führt zu einem weiteren Grund, aus dem Frauen in der Bergwelt größere Abenteuer erleben: Sie verfolgen eine etwas andere Strategie als Männer, wenn sie sich räumlich orientieren - und diese Strategie macht sie zu aussichtsreichen Kandidatinnen für das Abenteuer des Sich-Verlaufens.

Männern, so stellt der britische Psychologe Simon Baron-Cohen fest, "liegen die systematischen Gesetze räumlicher Verhältnisse eher". Das heißt, sie können sich zwar an Blumenwiesen nicht so genau erinnern, wissen aber, dass sie von Norden nach Süden wandern müssen und deshalb bei Gelegenheit rechts abbiegen sollten. Deshalb halten Männer die Landkarte häufiger richtig herum - nur beraubt dieses Vermögen den männlichen Bergwanderer natürlich der Momente wahrer Überraschung und Spannung.

© SZ vom 28.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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