Reiseziele unter der Erde:Tiefer können Sie im Urlaub kaum sinken

Doch es lohnt sich - bei diesen Reisezielen, die unter der Erde liegen. Mit dabei: Steinzeitkunst in Frankreich, Eis im Norden oder eine höllische Bootstour auf den Philippinen.

Von SZ-Autoren

Steinzeit verstehen

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(Foto: Medi Fedouach/AFP)

Die Wandmalereien von Lascaux

Die Künstler von Lascaux hatten ihren eigenen Stil: Sie malten Pferde und Rinder mit kleinen Köpfen und dicken Bäuchen. Die Höhle von Chauvet in der Ardèche ist bestückt mit Nashörnern und Raubkatzen, Font-de-Gaume in der Dordogne hat Bisons und Rentiere. Wer immer aber vor 18 000 Jahren die Wunderwelt von Lascaux im Südwesten des heutigen Frankreichs erschuf, er wollte gerade nicht jene Tiere abbilden, die er jagte. Die Höhle dürfte - so die vorherrschende Theorie - für die Cro-Magnon-Menschen ein heiliger Ort gewesen sein, ein Ort am Übergang zwischen der realen und einer spirituellen Welt, die man in Träumen streift.

Die Höhle hat die Menschheit elektrisiert seit der Entdeckung 1940. Der erste Nachbau wurde, um das Original zu schützen, 1983 eröffnet. Faszinierend schon er - vielen Besuchern war gar nicht klar, dass sie in einem Klon stehen. Seit 2016 gibt es nahe der echten Höhle, beim Ort Montignac, ein Lascaux-Museum, es ist viel mehr als eine Replik, es ist eine virtuelle Höhlen-Erlebniswelt, in der der Besucher staunend begreifen kann, was die Menschen der Urzeit zu leisten vermochten. (www.lascaux.fr)

Monika Maier-Albang

Letzte Residenz

Doppelsarkophag für Maria Theresia
(Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Die Kapuzinergruft in Wien

Der Kaiser ist tot, es lebe der Kaiser! Wer die Treppen zur Gruft des Kapuzinerklosters in Wiens Innenstadt hinuntersteigt, betritt keinen düsteren, feuchten Keller, sondern eine Folge von Prunkräumen, in denen schnell klar wird: Die wenigsten der zwölf Kaiser und 19 Kaiserinnen aus dem Hause Habsburg und Lothringen, die hier ihre letzte Residenz bezogen, liebten es schlicht. Ganz nach der Inschrift auf dem mit gekrönten Totenköpfen verzierten Bronze-Sarkophag Kaiser Karls VI.: "Damit du weißt, Wanderer, dass die Majestät auch begraben nie untergeht." Den Gipfel der Opulenz bildet das Mausoleum von Maria Theresia, die mit ihrem Mann in einem sich gebirgsmäßig auftürmenden Doppelsarkophag bestattet ist. Ganz schlicht, eckig und in Kupfer steht zu ihren Füßen der Sarg ihres aufgeklärten Sohnes Josephs II.. Das Beste an der Kapuzinergruft sind aber die Geschichten, die über die rund 150 Toten hier unten erzählt werden: vom Aufzug, in dem Maria Theresia mal stecken blieb, als sie die Bauarbeiten am Mausoleum besichtigen wollte, über die einzige Nichthabsburgerin, die in der Gruft liegen darf, bis natürlich zu Sisi und Franz Joseph. (www.kapuzinergruft.com)

Hans Gasser

Höllische Bootstour

Reise Höhle Tipps Puerto Princesa Subterranean River National Park auf der Insel Palawan der Philippinen
(Foto: Romeo Gacad/AFP)

Philippinische Wasserunterwelt

Das Höhlensystem des - jetzt wird es sperrig - Puerto Princesa Subterranean River National Park auf der Insel Palawan der Philippinen begeht man nicht; man befährt es, und zwar mit dem Boot. Dafür wartet ein Fährmann am Ufer des Brackwassers. Auf dem schippern Gäste durch einen geifernden Felsenschlund in die Unterwelt. Immerhin sind etwa 4,5 Kilometer des längsten schiffbaren unterirdischen Flusses weltweit für die Allgemeinheit zugänglich. Und es hat schon einen Grund, warum er 1999 zum Unesco-Weltnaturerbe erklärt wurde. Steinzapfen hängen wie riesige, faulende Zähne herab; Tropfsteine werden in der Fantasie des einen Besuchers zu Quallen, Vögeln, Pilzen, ein anderer sieht darin Schokobrunnen, Phallus-Symbole oder Drachen. Nach der sogenannten Kathedrale, einer riesigen Höhle mit Stalagmiten, folgen eine 65 Meter hohe Halle und ein 200 Meter langer, etwa zehn Meter breiter Highway aus Wasser. Wenig später ist Schluss, der Fluss verengt sich zusehends. Der Fährmann meint, es ginge noch ein ganzes Stück weiter, aber nur mit besserer Ausrüstung, nicht mit uns. Man muss schließlich nicht jeden Winkel der Unterwelt kennen.

Dominik Prantl

Unterm Gletscher

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(Foto: Monika Maier-Albang)

In der Eishöhle auf Spitzbergen

Schon die Anreise ist eine freudvolle Prozedur: Die "Snowcat", eine Mischung aus Panzer und Ausflugsbus, zuckelt hinauf zum Longyear-Gletscher auf Spitzbergen und schüttelt dabei alles, was in ihr Platz genommen hat, gehörig durch. Oben angekommen, steigt man aus und erwartet einen Höhleneingang, wie man ihn halt so kennt: Berg mit Öffnung. Nur: Da ist nichts.

Doch, da ist ein Loch im Schnee. Eine Leiter führt hinab in das Gletschereis, in eine Zauberwelt. Über den Gästen: meterdickes Eis, mal grau, mal bläulich, mal voller Gestein. Jeden Herbst suchen die Höhlenführer den besten Einstieg in die Schmelzwasserhöhle. Denn in jedem Jahr ist ihr Verlauf anders. Macht man die Stirnlampen aus, umfängt einen eine unwirklich tiefe Dunkelheit und eine Ruhe, die man nicht für möglich gehalten hätte. Draußen hat es windkalte 20 Minusgrade, hier unten wärmt das Eis, man könnte im Schlafsack die Nacht in der Höhle verbringen, sagt der Guide. Er hat es kürzlich getan, mit einem Freund. Denn selbst wenn man kein Klaustrophobiker ist: Allein unter so viel Eis ist dann doch zu gruselig. (www.spitsbergentravel.com)

Monika Maier-Albang

Tropfender Stein

Die Wunder der Erdmannshöhle

In Zeiten der Gendergerechtigkeit müsste diese Höhle eigentlich umbenannt werden. Denn in der Erdmannshöhle im Südschwarzwald lebten der Sage nach sowohl Erdmänner als auch Erdfrauen, ein Zwergenvolk, das dort angeblich seit Urzeiten im Dunkeln munkelt. Die Erdmannshöhle ist eine der ältesten Tropfsteinhöhlen in Deutschland und im Vergleich zu einem Erdmännchen oder -weibchen ziemlich groß: 2185 Meter sind vermessen und erforscht, für Besucher zugänglich sind 360 Meter der Höhle. Über Treppen und Stege geht es vorbei an den "Sieben Zwergen", sieben erdmännchenförmigen Stalagmiten, an den Stalaktiten "Adam und Eva" und zu einem Riesentropfstein, der lange als der größte Deutschlands galt und es sogar ins Guinnessbuch der Rekorde schaffte. Er ist mehr als vier Meter hoch, zwei Meter dick und 135 000 Jahre alt. Mittlerweile wurden anderswo aber längst ältere und größere Tropfsteine entdeckt. Bloß von den Erdmännern und Erdfrauen fehlt nach wie vor jede Spur. Vielleicht sind sie beleidigt wegen der Gender-diskriminierung? Dann sollte man sich wirklich einen neuen Namen überlegen. Vorschlag: Erdleute. (www.erdmannsreich.de)

Titus Arnu

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