Wellness:Wo satt und reif die Trauben hängen...

Das Südtiroler Weinland verwöhnt Wanderer nicht nur mit seinen edlen Tropfen

Das Verhältnis vieler Flachländer zu den Alpen ist geprägt von leidvollen Kindheitserlebnissen. Zwangswandern mit den Eltern in den Sommerferien. Peinliche Kniebundhosen und kratzende Wollsocken tragen müssen. In der heißen Mittagssonne bergauf, im Rucksack nichts als eine Tüte Capri-Sonne. Frühkindliche Prägungen, die zu jahrelanger Wanderabstinenz im Erwachsenenalter führen können. Auch in unserem Fall bedurfte es der Überredungskunst einer Südtiroler Freundin, um uns wieder in die Wanderschuhe zu zwingen. "Berge sind Wellness", flötete sie, wieder und wieder. Als das nicht zog, änderte sie ihre Taktik. Erzählte von sonnenbeschienenen Weinbergen, von Gasthäusern am Wegesrand.

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(Foto: Foto: Südtirol Marketing, WiFi.BZ)

Auch Stiftkirche und Kreuzgang lohnen einen Besuch

Ihre perfide Argumentation gipfelte in der Erwähnung eines Wanderweges oberhalb von Bozen, der zufälligerweise nahe dem von uns besonders geschätzten Klosterweingut Muri-Gries starte. Die traditionsreiche Kellerei - das Kloster wurde 1165 gegründet - liegt im alten Bozener Stadtteil Gries. Die barocke Stiftskirche und der Kreuzgang lohnen einen Besuch ebenso wie die Cantina. Aus den Reben, die direkt hinter dem mächtigen Klosterbau beginnen, keltern die Benediktinermönche ihre Weine, darunter den Lagrein Riserva Abtei. Er gilt als Quintessenz des Lagrein, dieser für Südtirol typischen Rebsorte. Beflügelt von einer kleinen Degustation und dem Wissen, uns zwei Kisten des begehrten Tropfens gesichert zu haben, nehmen wir den Aufstieg nach Guntschna in Angriff. Der Himmel über Bozen strahlt geradezu unanständig blau. Die frische Luft kitzelt die Lungen. Wie von selbst bewegen sich die Beine im einmal gefundenen Rhythmus. Aus den Büschen duftet es nach Holunder und Lorbeer. Die Guntschnapromenade führt in Serpentinen auf ein Hochplateau. Links und rechts des Weges wachsen Palmen und Olivenbäume. Wir fliegen förmlich bergauf. In einer knappen Stunde bewältigen wir 250 Höhenmeter und stehen vor dem Reichrieglerhof, dem höchsten Punkt der Promenade. Belohnt werden wir mit einem herrlichen Blick auf die Stadt und das Meer von Weinbergen, das sie umgibt.

Wo satt und reif die Trauben hängen…

An die Guntschnapromenade schließt sich bei der St. Anton-Brücke die Oswaldpromenade an, die bis auf den St. Magdalenerhügel führt. Dort ist die Vernatsch- Traube in ihrem Element, jene Rebsorte, die in ihrer schlichtesten Form unter dem Etikett "Kalterersee" das Image des Südtiroler Weins gründlich verwässert hat. Doch längst haben engagierte Winzer wie Franz Gojer bewiesen, dass die Rebsorte auch vollmundige, unglaublich dichte Weine ergeben kann. Der Weg nach St. Magdalena führt zum Teil auf Holzstegen direkt am Felsen entlang. Eidechsen huschen über die von der Sonne erhitzten Steine. Schmetterlinge tanzen durch die Luft. Die Aussicht auf den Besuch bei Franz Gojer spornt an, in einer Dreiviertelstunde erreichen wir St. Magdalena. Der Hausherr des Glögglhofs erwartet uns schon und führt uns gleich in den Weinberg. Satt und reif hängen die Trauben an den Pergeln, in der ersten Oktober- woche soll die Lese beginnen. Im Keller probieren wir Gojers St. Magdalener Rondell aus alten Reben, der nach Rosen, Veilchen und Kirschen duftet.

Wellness: Zwischenstation St. Magdalena

Zwischenstation St. Magdalena

(Foto: Foto: Südtirol Marketing, WiFi.BZ)

So kommt man auf den Geschmack. Wandern und Wein, das harmoniert. Unzählige Wanderwege führen durch das Südtiroler Weinland zwischen Bozen und dem Kalterer See. Besonders idyllisch zwischen Reben wandern lässt es sich auch in Signat auf dem Hochplateau des Ritten, der traditionellen Sommerfrische der Bozener. Wem jetzt im Herbst unterwegs der Duft von frisch vergorenem Wein in die Nase steigt, der findet auf dem einen oder anderen Hof noch einen echten Buschenschank. Nach alter Tradition bewirten Weinbauern zwischen September und November Gäste mit eigenen Produkten: Almkäse, selbst geräucherter Speck und Schüttelbrot, dazu der blassrot- fruchtige, junge Wein. Manch ehemaliger Buschenschank ist inzwischen zu einem richtigen Gasthaus geworden. Zum Beispiel der Patscheiderhof, wo die Schwestern Rottensteiner selten gewordene bäuerliche Delikatessen auftragen: ein Lammhaxerl mit würzigem Krautsalat etwa oder einen verlockend duftenden Bauernschmaus, die Südtiroler Variante des "Bollito misto". Dazu schmeckt der hauseigene Wein, ein kräftiger Vernatsch oder ein rassiger Müller-Thurgau. Da sitzt man dann an einem einfachen Holztisch unter alten Bäumen und schaut auf den Rosengarten, jene wuchtig gezackte Berggruppe, die die untergehende Sonne gerade höchst dekorativ in rotes Licht taucht. Und die Erkenntnis stellt sich ein: Der Wein schmeckt einfach noch besser, wenn man ihn sich beim Wandern verdient hat.

Wo satt und reif die Trauben hängen…

Wellness: Wander durch das Weinland

Wander durch das Weinland

(Foto: Foto: Südtirol Marketing, WiFi.BZ)

Wein- und Wandertipps:

Übernachten: Hotel Laurin Laurinstraße 4, Bozen, Tel.: 0039-0471-311000 Im Netz: www.laurin.it

Einkehren: Patscheiderhof Signat 178, Bozen-Ritten, Tel.: 0039-0471-365267

Weinproben: Klosterkellerei Muri-Gries Grieserplatz 21, 39100 Bozen-Gries Tel.: 0039-0471-282287 Im Netz: www.muri-gries.com

Glögglhof Rivelaunweg 1, 39100 Bozen/St. Magdalena, Tel.: 0039-0471-978775 Im Netz: www.gojer.it

Weinprobe nach Vereinbarung.

Weitere Infos: Südtirol Marketing, Pfarrplatz 11, I-39100 Bozen, Tel.: 0039-0471-999888 Im Netz: www.suedtirol.info

Hier sind auch Wanderkarten oder die Broschüre "Bäuerlicher Feinschmecker" erhältlich.

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