Warnstreiks auf deutschen Flughäfen:Welche Rechte Passagiere haben

Das Sicherheitspersonal streikt an mehreren deutschen Flughäfen - mit Konsequenzen für Passagiere: Können sie vom Flug zurücktreten? Welche Regelungen gelten für Pauschalreisen? Und wann gibt es Geld zurück?

Warnstreik am Flughafen Verdi Öffentlicher Dienst

Wegen des geplanten Streiks müssen Passagiere auf den Flughäfen mit Wartezeiten rechnen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Abgesagte Flüge, Verzögerungen bei der Abfertigung: Wegen eines Warnstreiks des Sicherheitspersonals müssen Zehntausende Reisende an den Flughäfen in Stuttgart, Hamburg und Hannover mit Verzögerungen rechnen.

Doch Passagiere sind dem Streik nicht völlig schutzlos ausgeliefert. Sie haben Rechte, auf die sie sich berufen können - in bestimmten Fällen gibt es auch Geld zurück. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

[] An wen können sich Passagiere im Streikfall wenden?

Erster Ansprechpartner für Flugreisende ist immer die Fluggesellschaft, bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter. Außerdem bieten die betroffenen Flughäfen auf ihren Websites Informationen über die aktuellen Flug- und Ankunftszeiten. Bei Daten aus dem Internet ist es sinnvoll, sich diese auszudrucken, um später einen Beleg zu haben.

[] Welche Ansprüche haben Passagiere, wenn ihr Flug verspätet abfliegt?

Wer wegen eines Streiks auf dem Flughafen festsitzt, muss von seiner Fluggesellschaft betreut werden. Das können Betroffene gemäß der EU-Richtlinie 261/2004 erwarten: Ab zwei Stunden Verspätung haben sie Anspruch auf Leistungen wie zwei Telefonate, Getränke, Essen und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Die zweistündige Wartezeit gilt für Flüge von bis zu 1500 Kilometern. Bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometern gibt es nach drei Stunden Unterstützung, ab 3500 Kilometern Strecke nach vier Stunden.

Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere vom Beförderungsvertrag zurücktreten und eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

Auch bei einer großen absehbaren Verspätung sollten Passagiere immer zur ursprünglichen Abflugzeit am Flughafen sein. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Fluggesellschaft doch früher einen Ersatzflug anbieten kann - und der Reisende ihn dann verpasst.

[] Dürfen Fluggäste auf eine Entschädigung hoffen?

Bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung von drei Stunden oder mehr haben Passagiere zwar laut EU-Verordnung Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro - aber nur, wenn kein "außergewöhnlicher" Umstand daran schuld ist. Der BGH hat entschieden, dass dazu auch Streiks zählen und Airlines daher nicht zur Entschädigung verpflichtet sind. Komplett ausgeschlossen sind Ausgleichszahlungen trotzdem nicht. "Entscheidend ist, ob die Airline alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die Auswirkungen des Streiks zu vermeiden", sagte Ronald Schmid, Professor für Luftverkehrsrecht in Dresden. "Die Airline muss sogar eine Umbuchung zu einem anderen Veranstalter vornehmen, wenn es möglich ist". Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline die Übernachtung im Hotel übernehmen. Nur wenn sie im Einzelfall vor Gericht nachweisen könne, dass sie alles versucht habe, müsse sie keinen Ausgleich zahlen, sagt Reiserechtler Schmid.

[] Welche Rechte haben Passagiere, wenn der Flug gestrichen wird?

Wird ein Flug annulliert, müssen die Airlines den Ticketpreis inklusive Steuern und Gebühren erstatten. Diese Regelung gilt außerdem, wenn der gebuchte Flug mindestens fünf Stunden Verspätung hat. Als Alternative muss die Airline dem Passagier eine Ersatzbeförderung anbieten, ihn also kostenlos auf einen anderen Flug umbuchen.

Bahn statt Flug? Rücktritt vom Flug?

[] Kann ich mir auf Kosten der Airline einen Mietwagen nehmen oder ein Bahn-Ticket kaufen?

Als Ersatzbeförderung gilt bisher nur ein Flug zu einem anderen Zeitpunkt. Ob sich Passagiere auf Kosten der Fluggesellschaft auch einen Mietwagen nehmen oder ein Bahn-Ticket kaufen können, "das ist höchstrichterlich noch nicht entschieden", sagt Reiserechtler Holger Hopperdietzel zu sueddeutsche.de. Fluggäste sollten also nicht aus Ärger einfach auf eigene Faust ein Bahnticket buchen, um zum Beispiel einen Anschlussflug zu erreichen. Den Airlines steht aber frei, sich mit den Passagieren darauf zu verständigen, zum Beispiel einen Flug von Frankfurt nach Berlin in eine Zugfahrt umzuwandeln.

[] Kann man vom Flug zurücktreten?

Passagiere können von ihrem Flug zurücktreten, dürfen dann aber nicht darauf hoffen, den Ticketpreis erstattet zu bekommen. Die Fluggastrechteverordnung sieht im Streikfall neben kostenloser Umbuchung zwar auch Rückerstattung vor - allerdings erst, wenn die Verspätungsfrist von fünf Stunden überschritten wird. "Dauert ein Streik zwei Stunden und der Passagier kann nach zwei Stunden und drei Minuten befördert werden, dann muss er das einfach hinnehmen", sagt Holger Hopperdietzel. Wenn der Streik aber erkennbar länger dauert und "die Airline nicht in der Lage ist, eine Ersatzbeförderung bereitzustellen, kann ich den Vertrag kündigen und den gesamten Ticket - oder Reisepreis zurückfordern", sagt Reiserechtler Degott. Reisebüros dürfen für die Rückabwicklung des Ticketkaufes keine Extra-Gebühren verlangen.

[] Welche Regelungen gelten bei Pauschalreisen?

Pauschalreisende können zwar keinen Schadenersatz für einen entgangenen Urlaub geltend machen, falls ihr Flieger wegen des Streiks erst am nächsten Tag abhebt. Doch der Reiseveranstalter ist in der Gewährleistungspflicht, da der Flug Teil des Vertrags ist. Der verhinderte Urlauber kann daher den Reisepreis anteilig um den entgangenen Urlaubstag mindern.

Urlauber, die Flug, Hotel und Mietwagen nicht als Paket bei einem Veranstalter sondern selbst und einzeln gebucht haben, haben schlechte Karten. Sie können weder beim Hotel noch bei der Mietwagenfirma eine Leistungsminderung wegen des verspäteten Fluges geltend machen.

[] Gibt es Anspruch auf Schadenersatz, wenn durch den verspäteten Abflug der Start einer Kreuzfahrt verpasst wird?

Wenn der Flug isoliert von der Kreuzfahrt gebucht worden ist, erleidet der Passagier zwar einen materiellen Schaden, weil er seine Kreuzfahrt nicht pünktlich antreten kann. Doch diesen Schaden bekommt der verhinderte Fluggast nicht von der Airline ersetzt, weil diese an der verhinderten Beförderung nicht ursächlich schuld ist. Wurden aber Flug und Kreuzfahrt als Paket gebucht, dann wird die unterbliebene Beförderung zum Schiff juristisch als Reisemangel betrachtet - zu Lasten des Veranstalters.

[] Welche Rechte haben Reisende, deren Urlaub sich verkürzt?

Entgehen dem Reisenden durch den Streik Urlaubstage, muss der Veranstalter den Anteil des Reisepreises für diese Tage zurückerstatten, erklärt Degott. Verkürzt sich der Urlaub massiv - kommt der Betreffende also bei einem einwöchigen Urlaub zum Beispiel erst drei Tage später an -, seien außerdem die Chancen auf Schadenersatz gut: Dann gibt es nicht nur das Geld für die Tage zurück, an denen der Urlaub ausgefallen ist, sondern auch eine Entschädigung dafür, dass der Urlaub insgesamt beeinträchtigt war.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: