Wahl der "Neuen sieben Weltwunder":Christusstatue statt Neuschwanstein

Knapp hat das Allgäuer Schloss von Bayern-König Ludwig II. die Kür zum "Weltwunder" verfehlt. Sieben andere Bauwerke erhielten den Vorzug - wofür Landesvater Edmund Stoiber eine Erklärung hat.

Bei der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses am Samstagabend in Lissabon gab es großen Jubel in den Ländern, in denen sich die neuen Weltwunder befinden. Gekürt wurden: die Ruinen von Chichen Itza in Mexiko, die Chinesische Mauer, die Jesus-Statue in Rio de Janeiro, das Kolosseum in Rom, die Inka-Stadt Machu Picchu in Peru, die Felsenstadt Petra in Jordanien und das Mausoleum Taj Mahal in Indien.

Wahl der "Neuen sieben Weltwunder": Christusstatue in Rio

Christusstatue in Rio

(Foto: Foto: AP)

Das Schloss Neuschwanstein kam auf den achten Platz. Dennoch hielt sich die Enttäuschung im Freistaat in Grenzen: "Ich hätte mir gewünscht, dass Neuschwanstein unter die ersten sieben kommt", sagte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) "Aber ich bin auch froh, dass Neuschwanstein Deutschland würdig vertreten hat", sagte er. "Die Konkurrenz ist natürlich riesig gewesen".

Auch eine mögliche Erklärung für den Nicht-Erfolg hatte der Landesvater: In Deutschland habe man den Wettbewerb eben erst sehr spät registriert, sagte Stoiber. Die Bayern seien trotzdem weiterhin sehr stolz auf das Schloss, betonte Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU). "Für uns ist und bleibt Neuschwanstein ein Kunstwerk von Weltrang".

Der Sprecher der Initiative "Ein Weltwunder für Deutschland", der ostallgäuer Landrat Johann Fleschhut (Freie Wähler), sagte: "Auch wenn Neuschwanstein als 8. Weltwunder aus der Kampagne hervorgegangen ist, bleibt es ein internationales Top-Ziel für Gäste aus aller Welt." Auch künftig rechne er jährlich mit mehr als 1,2 Millionen Gästen auf dem Schloss.

Die Abstimmung war vom Schweizer Autor Bernard Weber vor sieben Jahren ins Leben gerufen worden. Zur Wahl standen zunächst 200 Gebäude und Monumente auf der ganzen Erde; abgestimmt wurde per Telefon oder Internet. Schloss Neuschwanstein schaffte es als einziger deutscher Kandidat unter die 20 Finalisten.

Die Internetwahl war seit ihrem Beginn umstritten. Die Unesco als eigentliche Hüterin des Weltkulturerbes distanzierte sich von der Initiative.

Um "jede schädigende Verwechslung" zu vermeiden, stellte die Organisation klar, dass es sich bei der Suche nach den neuen Weltwundern um eine private Medienkampagne ohne wissenschaftliche Kriterien handele, die zudem nur die Meinung jener Bürger widerspiegele, die auch Zugang zum Internet hätten. "Diese Aktion wird in keiner Weise maßgeblich und dauerhaft zur Erhaltung der gewählten Bauten beitragen können."

So sieht es auch der spanische Kunsthistoriker und frühere Prado- Direktor Francisco Calvo Serraller, der das Ganze für "unsinnig und kindisch" hält. "Mit dieser Methode könnte selbst das Fußballstadion von Real Madrid zu einem Weltwunder erklärt werden."

Richtig erbost waren die Ägypter, deren Gizeh-Pyramiden als einziges noch erhaltenes "altes" Weltwunder ebenfalls unter den zunächst 21 Finalisten auftauchten. Dies sei absurd, hieß es.

Die Proteste waren so groß, dass die Pyramiden schließlich von Webers Stiftung von der Abstimmung ausgenommen und zum "ewigen Weltwunder" erklärt wurden.

Kritiker warfen dem Schweizer überdies vor, sich bereichern zu wollen, weil abgesehen von der kostenlosen Internet- Wahl auch per SMS oder Telefonanruf abgestimmt werden kann - und dies kostet Geld. Dies sei unsinn, sagt Weber. Vielmehr habe er aus der eigenen Tasche draufzahlen müssen. Überdies soll die Hälfte der Einnahmen in die Restaurierung alter Baudenkmäler wie etwa die von den Taliban zerstörten Buddha-Statuen von Bamiyan fließen.

Trotz allem gab es für Weber aber auch viel Anerkennung. Die sieben alten Weltwunder standen alle im Mittelmeerraum und in Vorderasien, weil dies die Antipatros bekannte Welt war. Viele Länder vor allem in der Dritten Welt sehen deshalb in der Initiative die Gelegenheit zu einer gerechteren Darstellung ihrer Kultur.

So wurde der Schweizer in vielen der Kandidaten-Ländern wie ein Visionär empfangen und als Staatsgast behandelt. Freilich werden sich viele Reiseveranstalter mit Blick auf die Vermarktungschancen der neuen Weltwunder die Hände reiben.

Nach der Show in Lissabon hat Weber hat schon das nächste Projekt im Blick: Er will die sieben Weltwunder der Natur küren.

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