Verbraucherschutz:So tricksen die Reiseportale im Netz

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Der günstigste Flug? Verbraucher müssen sich Zeit nehmen, um diesen zu finden. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Die günstigsten Flüge, die billigsten Hotelzimmer: Suchmaschinen überbieten sich mit Werbeversprechen. Wer seine Reisen online bucht, sollte aber vorsichtig sein.

Von Felicitas Wilke und Jan Willmroth, München

Der Weg nach London beginnt am heimischen Schreibtisch. Die Flugtickets für den mehrtägigen Städteurlaub Ende August sollen möglichst günstig sein, und die Versprechen sind verlockend: Finden Sie die günstigsten Flüge von München nach London! So oder so ähnlich werben alle gängigen Reiseportale. Dann aber steigt der Preis bei Opodo.de und bei Fluege.de im Lauf der Buchung immer weiter. Opodo beispielsweise berechnet für die Kreditkartenzahlung fast 15 Euro, hinzu kommt eine unerklärliche Service-Gebühr, aus 115 werden 150 Euro, noch ohne Gepäck. Günstig ist das nicht mehr.

Vordergründig scheinen Online-Buchungsportale die Angebote leicht vergleichbar zu machen. Reisende haben sich längst daran gewöhnt. Der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen zufolge werden inzwischen mehr als die Hälfte aller Flugurlaube online gebucht, bei Kurzreisen lag der Anteil im vergangenen Jahr bei mehr als 80 Prozent. Der Wettbewerb ist hart, die Provisionen und Gewinnspannen sind entsprechend gering. Die Portale gleichen das mit Tricks und Gebühren aus. Statt den Markt transparent zu machen, ist das Angebot der großen Plattformen vor allem unübersichtlich.

EuGH-Urteil zu Online-Buchungen
:Flugpreise müssen von Anfang an transparent sein

Onlinebucher sehen oft viel zu spät, was Flugtickets im Internet wirklich kosten, kritisieren Verbraucherschützer. Der Europäische Gerichtshof hat dazu nun ein Grundsatzurteil gefällt - und die Pflicht zur Transparenz betont.

Manche Kniffe der Anbieter sind fragwürdig, andere sind schlicht nicht erlaubt. Eindeutig ist die Rechtslage zum Thema Preistransparenz. Kunden müssen bei Online-Reiseanbietern und -vermittlern sofort erkennen können, wie teuer ein Flug tatsächlich ist. Das hat der Europäische Gerichtshof mehrmals bestätigt, zuletzt im Januar 2015 in einem Urteil gegen die Fluggesellschaft Air Berlin. "Der Endpreis muss immer von Anfang an kommuniziert werden", sagt Hans-Frieder Schönheit, Rechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale. Die Organisation hat mehrfach erfolgreich gegen einige der Portale geklagt.

Einige Anbieter verstecken nach wie vor den tatsächlichen Preis eines Flugtickets

Trotzdem verstecken Anbieter nach wie vor die echten Kosten. Kunden, die etwa mit Kreditkarte bezahlen möchten, erfahren oft erst kurz vor der Buchung, dass es teurer wird. "Wenn man nicht genau schaut, kostet der Flug schnell ein paar Euro mehr als vorher angezeigt", sagt Dunja Richter, Juristin bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Sie kennt die Tricks, die Beschwerden, die Verfahren, sie zählt Probleme mit Ryanair, Expedia und Opodo auf. "Aber es fällt auf, dass wir besonders viele Beschwerden zu den Portalen von Unister erhalten", sagt Richter.

Die Wettbewerbszentrale führt derzeit ein Verfahren gegen Unister-Konkurrenten Opodo. Das Portal zeigt stets den günstigeren Ticketpreis an, den Kunden nur erhalten, wenn sie per Visa-Entropay-Kreditkarte zahlen. Diese Prepaid-Karte ist in Deutschland kaum verbreitet. Reiseanbieter müssen stets eine gebührenfreie Zahlungsmöglichkeit anbieten, die ist meist eher exotisch. Das Landgericht Hamburg hatte Opodo diese Praxis verboten, weil Visa Entropay zu viele Kunden von einer kostenfreien Zahlungsmöglichkeit ausschließe. Der Fall liegt beim Oberlandesgericht.

Wer andere Zahlungsmittel wählt, sieht während des Buchungsvorgangs je nach Flug und Zeitraum mal Gebühren von unter fünf, dann 15 oder auch mal mehr als 30 Euro für eine Zahlung per Kreditkarte. "Dabei dürfen Zahlungsmittelentgelte immer nur so hoch sein, wie dem Anbieter tatsächlich Kosten entstehen", sagt Rechtsanwalt Schönheit. Bei pauschalen Gebühren sei zumindest der Verdacht berechtigt, jemand verlange mehr als erlaubt.

Manche Tricks sind zwar ärgerlich, aber legal. Zwar dürfen Zusatz-Versicherungen nicht mehr automatisch ausgewählt sein, ein Geschäft mit ihnen machen die Buchungsportale dennoch. Manche Anbieter setzen Kunden mit roter Schrift und der Frage unter Druck, ob sie "wirklich sicher" seien, dass sie den Versicherungsschutz nicht brauchen. Dunja Richter rät Nutzern, den Werbeversprechen der Anbieter zu misstrauen. Flüge sind direkt bei der Fluggesellschaft oft preiswerter. Um wirklich den günstigsten Flug zu finden, sollten sich Reisende Zeit nehmen, recherchieren und Preise selbst vergleichen. So mühsam das auch ist.

© SZ vom 20.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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