USA: Flugsicherheit:Strahlende Scanner, grapschende Uniformierte

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Körperscanner geraten in den USA zunehmend in die Kritik: Piloten und Bürgerinitiativen rufen zum Boykott auf.

Daniela Dau

Angesichts neuer Abtastmethoden und des immer häufigeren Einsatzes von Nacktscannern braut sich in den USA Widerstand gegen verschärfte Flughafen-Kontrollen zusammen. Bürgerinitiativen rufen laut dem Fernsehsender CNN Passagiere auf, entweder nicht zu fliegen oder sich aus Protest den Scannern zu verweigern.

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Daniela Dau

"Bedeutsame Gesundheitsrisiken"

Die Pilotengewerkschaften der Fluggesellschaften US Airways und American Airlines raten Flugpersonal inzwischen davon ab, sich Nacktscannern auszusetzen. Häufiges Durchleuchten führe nach verfügbarem medizinischen Wissen zu "bedeutsamen Gesundheitsrisiken", schreibt Mike Cleary, Präsident der Pilotenvertretung von US Airways, die mehr als 5000 Mitglieder zählt.

Bislang sind laut CNN an fast 70 US-Flughäfen knapp 350 Nacktscanner im Einsatz. Bis Ende nächsten Jahres sollen es landesweit etwa tausend Geräte sein. Laut Radiologie-Professor David Brenner ist das Risiko durch Strahlung, die bei einem der beiden Scanner-Typen freigesetzt wird, sehr gering. John Pistole, Chef der für die Kontrollen zuständigen Transportation Security Administration (TSA) pflichtet bei: "Diese Technik ist nicht nur sicher. Sie ist maßgeblich für die Luftfahrt-Sicherheit und eine wichtige Maßnahme, mögliche Terroranschläge zu durchkreuzen."

Prominente Gegner wie der Verbraucherschutzanwalt und viermalige unabhängige Präsidentschaftskandidat Ralph Nader widersprechen: "Wenn jemand etwas Gefährliches an Bord schmuggeln will, dann versteckt er es eben nicht am sondern im Körper", sagte Nader der Washington Post: "Mit den Scannern kann man so etwas nicht verhindern."

Aufstand an Thanksgiving

Das Unbehagen von Flugpersonal und Passagieren zeigt sich mittlerweile auf breiter Front. Mehrere Bürger- und Web-Initiativen wehren sich gegen den Einsatz der Maschinen. Die Online-Gruppe "National Opt Out Day" ruft dazu auf, sich den Geräten am 24. November zu verweigern - unmittelbar vor dem Thanksgiving-Fest, am geschäftigsten Reisetag des Jahres in den USA.

Die Datenschutz-Gruppe EPIC fordert eine öffentliche Untersuchung, um Risiken der Scanner für Privatsphäre und Gesundheit festzustellen. Die Webseite "We Won't Fly" ("Wir werden nicht fliegen") appelliert: "Handelt jetzt. Reist mit Würde." Die TSA solle ihre "Porno-Scanner" abschaffen. Nach Betreiber-Angaben wird die Seite über 70.000 Mal pro Tag angeklickt.

"Gleitende Handbewegung" beim Abtasten

Als Alternative zum Gang durch den Nacktscanner schlagen die Organisatoren von "National Opt Out Day" für den 24. November vor, dass Reisende aus Protest darauf bestehen sollten, sich vor den Augen aller anderen Passagiere abtasten zu lassen. So könnte für Zeitverzögerung gesorgt und das Problem auch anderen Fluggästen bewusst gemacht werden. Außerdem lenkten Scanner-Verweigerer so die Aufmerksamkeit auf ein weiteres neues Ärgernis im Sicherheitsprozedere an US-Flughäfen: eben dieses intensive Abtasten.

Seit den vereitelten Paketbombenanschlägen im vorigen Monat haben TSA-Beamte die Order, Scanner-Verweigerer einer intensiveren körperlichen Untersuchung zu unterziehen. Im Dienste der Luftsicherheit gleiten die Kontrollbeamten mit den Händen den Körper entlang, statt ihn wie bisher leicht abzuklopfen. Viele Fluggäste empfinden diese Form des Abtastens laut Washington Post als zudringlich, sogar als Grapschen.

Zwar seien auch bei der alten Methode Brüste und Genitalien berührt worden, doch es gebe eine "wachsende Ablehnung unter Piloten, Flugbegleitern, Bürgerrechtlern und genervten Passagieren, denen die Berührungen zu weit gehen". Das bestätigt auch Brian J. Sodergren von der Organisation "National Opt Out Day": "Wir haben ein Recht auf Privatsphäre", erklärt er auf seiner Webseite. "Die Tatsache, dass wir ein Flugticket gekauft haben, bedeutet nicht, dass wir schuldig sind und das Gegenteil beweisen müssen."

Napolitano trifft Vertreter der Reiseindustrie

Heimatschutzministerin Janet Napolitano versuchte, bei einem Gespräch mit Vertretern der Reiseindustrie Bedenken zu zerstreuen - mit nicht allzu viel Erfolg. "Das Treffen mit Ministerin Napolitano war informativ, völlig beruhigend war es nicht", teilte der US-Reiseverband hinterher mit. "Wir verstehen die Herausforderungen für das Heimatschutzministerium, aber die Frage bleibt: Wo ist die Grenze?" Und Geoff Freeman, Vizepräsident des Reiseverbandes, berichtete von "Hunderten Mails von Passagieren, die ankündigen, nicht mehr fliegen zu wollen."

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