Urlaub in Griechenland:"Der Tourist ist der Chef"

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Die schlechten Nachrichten aus Griechenland zeigen Wirkung: Touristen zögern, 2012 ins Land zu reisen. Dabei ist der Urlaub dort so billig wie nie und die Hoteliers üben sich in Zuvorkommenheit.

Trotz Euro-Debatte und Sparprotesten hatten 2011 noch einigermaßen viele Deutsche Urlaub auf den beliebten Inseln und dem Festland gemacht. In diesem Jahr könnte das anders aussehen: Mitten in der Hauptbuchungsperiode für den Sommer 2012 lägen die Griechenland-Buchungen derzeit um 27 Prozent unter den Vorjahreszahlen, erklärte ein Sprecher des größten deutschen Reiseveranstalters TUI. Ein Vertreter des Konkurrenten Thomas Cook bestätigte den Trend und erklärte, Griechenland "hat Probleme".

Der Deutsche Reiseverband dagegen will die Situation noch nicht so drastisch sehen und verweist darauf, dass die Hauptbuchungszeit für deutsche Sommerurlauber bis zum März dauere. Zwar gebe es derzeit weniger Griechenland-Buchungen als 2011, bestätigte ein Sprecher in Berlin. Dies sei jedoch lediglich eine "Wasserstandsmeldung". Eine Tendenz bei den Griechenland-Buchungen für den bevorstehenden Sommer werde nicht vor April erkennbar sein.

Keine Hetze und Hass-Parolen auf den Inseln

Doch die inzwischen zur Alltäglichkeit gewordenen Bilder von gewaltsamen Demonstrationen, deprimierten Einheimischen und die anti-deutschen Ressentiments, die in Teilen der griechischen Presse gepflegt werden, scheinen bei den Touristen Wirkung zu zeigen. Eine aktuelle GfK-Umfrage im Auftrag der Stiftung für Zukunftsfragen ergab: Nur noch 1,1 Prozent der Touristen wollen im krisengeschüttelten Griechenland Urlaub machen. 2011 waren es zwei Prozent, 2010 noch 3,3 Prozent gewesen. An der Umfrage hatten 4000 Bundesbürger teilgenommen.

Da hilft es offenbar auch nichts, dass die meisten der verstörenden Bilder und Aussagen aus Athen stammen - weit weg, von den bei Deutschen traditionell so beliebten Inseln. "Wir haben Anzeichen, dass die Buchungen dieses Jahr um etwa 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückliegen", sagte auch Hoteldirektor Christos Pilatakis aus Rhodos. Auf dieser und den anderen Ferieninseln seien derartige Hetze und Hass-Parolen unbekannt. "Für uns ist der Tourist der Chef, egal, wo er herkommt", sagt Pilatakis.

Deutsche Urlauber sollen kommen

Gerade die ungebrochen reiselustigen Deutschen könnten dem griechischen Tourismussektor also unter die Arme greifen. Das glaubt auch der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff und appellierte im Hamburger Abendblatt an seine Landsleute: "Wer schon immer mal überlegt hat, in Griechenland Urlaub zu machen, kann jetzt ein Signal setzen. Jeder Urlaub ist dem Land eine Hilfe."

Griechenland brauche "dringend Wirtschaftswachstum", sagte Lambsdorff. Der Tourismussektor müsse deshalb "wieder wettbewerbsfähig werden". "Aber jetzt im Februar liegt der Tourismus brach." Die griechischen Hotels seien nur im Juli und August ausgelastet, im Rest des Jahres nicht. "Da gibt es reichlich Wachstumspotenzial, das noch abgerufen werden kann."

Öffentliche Verkehrsmittel und Fähren lahmgelegt

Dieses Potenzial versucht die griechische Tourismus-Branche unter anderem mit einem Image-Wandel auszuschöpfen. Bisher galt der Hellenen-Staat als teures Reiseland, doch die GfK-Studie ergab: Für rund 1000 Euro kann man im Durchschnitt 14,6 Tage Ferien in dem Land machen. In Spanien gibt es für diese Summe 11,3 Tage Urlaub, in Frankreich 11,7 und in der Türkei 12,0. Noch mehr Urlaub fürs Geld gibt es laut Umfrage nur in Polen (18,1 Tage), Großbritannien (16,3) und Kroatien (15,9 Tage).

Doch selbst wenn der Urlaub in Griechenland immer günstiger wird, die Flugkosten sinken nicht im gleichen Maße. Und auch wenn der Tourist es bis ins Land geschafft hat, ist das noch keine Garantie, dass die Weiterreise glatt geht: Streiks und Demonstrationen gegen die Sparmaßnahmen der Regierung legen immer öfter die öffentlichen Verkehrsmittel sowie die Fähren zu und zwischen den Ägäis-Inseln lahm. Das Auswärtige Amt rät deutschen Touristen, sich vor Reiseantritt über die aktuelle Lage am Urlaubsort zu informieren und Demonstrationen zu meiden.

© dpa/AFP/dapd/Süddeutsche.de/dd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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