Unterwegs mit Touristen-Neulingen:Die Eilkunst der Chinesen

Sie wollen sehen, staunen, kaufen und Heintje hören - wie Jin Cao und seine Reisegruppe durch Europa hasten und dabei Zauberhaftes erleben.

Karin Steinberger

Von Lofer nach Frankfurt, im Mai: Zwei Dinge hat Jin Cao immer im Kopf. Egal, ob er gerade über die Römer spricht, übers Oktoberfest oder das Bruttosozialprodukt. Auch egal, ob die Meute gerade tobt oder schläft. Die Regel ist einfach: Vergiss nie die Toiletten, und vergiss nie das Essen. Beides verzeihen sie dir nie.

Jin Cao ist lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass hungrige Gäste genauso unangenehm werden können wie Gäste, die dringend müssen. Da ist es egal, ob vor einem der Eiffelturm steht oder ein Laden voller Mozartkugeln. Bei Gästen mit vollen Blasen hat man als Reiseleiter schon verloren. Der Rest ist ein Kinderspiel.

Also fährt der Bus erst einmal raus an der Tankstelle Holzkirchen. Die Stimmung ist ohnehin gerade ein bisschen am Kippen. Es konnte ja auch nicht ewig so weitergehen. Die Nacht war ein Highlight. Frau Wang wird später sagen, es war die schönste Nacht der ganzen Reise. Die Berge haben sie verzaubert, das Breithorn und die steilen Felswände der Kalkalpen.

Zumindest das, was sie vom Hotelparkplatz aus gesehen hat. Nie wird sie den Namen des Ortes vergessen, nie das Rauschen des Baches unter ihrem Viersternezimmer-Balkon. Lofer - eine Gemeinde im Salzburger Land, 1943 Einwohner. Kein Reißer. Aber die 39 Chinesen der Reisegruppe konnten ihr Glück nicht fassen. Noch in der Nacht marschierten einige die leere Dorfstraße hinauf, dann wieder hinunter bis zum Hotel St.Hubertus, gleich bei der Tankstelle.

Barbarossa in Schneizlreuth

Als sie am nächsten Morgen in den Bus stiegen, waren alle in Hochstimmung. Wien, Salzburg, Mondsee, Stift Melk. All das haben sie in den Tagen davor gesehen. All das ist nicht mehr wichtig. ,,Lofaa, Loffaaa'', krähten sie gemeinsam, als ihr Reiseleiter Jin Cao sie wie jeden Morgen im Bus noch einmal die Wörter des Vortages wiederholen ließ. ,,Gute Morgää. Güß Gott. Sarskammegut. Looffaa. Lofffaaa.''

Es war ihre dritte Nacht in Europa. Sie waren high von den Bergen. Und wenn seine Gäste high sind, ist auch Jin Cao nicht mehr zu halten. Er nestelte am Bus-Mikrofon herum und fing erst einmal im Jahr 476 nach Christus an, beim Untergang des Weströmischen Reiches. Dazwischen Anekdoten von der Fußballweltmeisterschaft. Es herrschte eine Stimmung wie im Karneval. Um 9.15 Uhr rauschte der Bus durch Schneizlreuth, da war Jin Cao bereits bei Barbarossa. Auf der A8 dann Autobahngespräche. BMWs auf der Überholspur wurden gefilmt. Draußen rauschte sattgrün Oberbayern vorbei.

Als endlich der Chiemsee zu sehen war, hielt Jin Cao das erste Mal inne, Fotoapparate klickten und der Name wurde noch einmal gemeinsam wiederholt. ,,Schimisee''. Jin Cao drehte an seinem iPod herum, die Boxen im Bus knarzten, dann in voller Lautstärke die deutsche Nationalhymne.

Bei Einigkeit war noch Ruhe, bei Recht und Freiheit Chorgesänge. Es wurde mitgeklatscht. Willkommen in deguo - Deutschland. ,,Nicht, dass der Fahrer zur Hymne aufsteht'', schrie ein Mann von hinten. Jin Cao übersetzte, der Fahrer lächelte und salutierte. Szenenapplaus.

Chinesen in Europa, das sind Gruppen, die durch verträumte Innenstädte hetzen, in billigen Hotels weit draußen wohnen, die sich alle an derselben Stelle gegenseitig fotografieren, in billigen Chinarestaurants ihr Essen herunterschlingen und die wie Weltmeister einkaufen. Alles wahr, aber bei alldem entdecken sie viele wundersame Dinge. Lofer zum Beispiel, und die grünen, weiten Felder.

Oder die Toiletten. ,,Vergessen Sie nicht, dass Sie die 50 Cent beim Einkauf wieder einsetzen können'', sagt Jin Cao, als die Gruppe an der Tankstelle aussteigt. Die Frauen sind beeindruckt, als sie zurückkommen. So sauber haben sie sich die Klos nicht mal in Deutschland vorgestellt. Toilettenoasen in zartem Grün, Wasserhähne, die man nicht berühren muss, WC-Brillen, die sich selbst desinfizieren. Nicht, dass sie das überraschen würde.

Die Eilkunst der Chinesen

Drei Dinge schätzen Chinesen an Deutschland, sagt Frau Wang: Ingenieurskunst, High-Tech, Sauberkeit. Wenn das ganze Land so ist wie die Toilette, dann alle Achtung. Vom deutschen Essen heißt es zwar, es sei nach dem englischen das zweitschlechteste. Yuanming Wang lacht. Es wird auf dieser Reise sowieso nur einmal local food geben.

Yuanming Wang ist Anwältin in Peking, erfolgreiche Anwältin. Ihr Mann ist Weltraumingenieur. ,,Wir gehören wohl zu den sogenannten reichen Leuten in China'', sagt sie und kauft ihrer Tochter eine rosa Plastik-Brille samt Haarklammern, um die 50 Toilettencent loszuwerden. Eine Woche werden die Wangs unterwegs sein auf ihrer Österreich-Deutschland-Tour. Nein, es ist nicht ihr erstes Mal in Europa. Das erste Mal waren sie in Paris. Natürlich. Alle Chinesen wollen nach Paris. Und Paris will die Chinesen.

Jin Cao sagt: ,,Paris ist der Traum. Dann kommt Rom oder Venedig, dann: in der Schweiz einkaufen. Nach Amerika dürfen wir noch nicht. England ist schwierig. Spanien ist kompliziert zu planen, es liegt ungünstig. Deutschland ist kein Traumziel. Einige sind nur hier, weil andere Länder ausgebucht waren.'' 441000 waren letztes Jahr in Deutschland, im Durchschnitt bleiben sie zwei Tage.

Und dann ab nach Paris: 700.000 chinesische Touristen im Jahr 2005. Wenn stimmt, was die World Tourism Organization sagt, wird man bald nicht mehr auf den Eiffelturm kommen. Sie rechnen mit mehr als 100 Millionen Chinesen, die 2020 eine Auslandsreise machen. Damit keiner im Westen bleibt, müssen sie in China Bares als Sicherheit hinterlegen. Manche Veranstalter sammeln die Pässe ein. 100Millionen - und jeder darf 5000 Dollar mitbringen.

"Asiens neue hässliche Amerikaner"

Das Volk hat auf Deng Xiaoping gehört, der 1978 seine Landsleute aufrief, reich zu werden. Zwar fahren die meisten ins asiatische Ausland, aber ihr Ruf ist dort schlecht. ,,Asiens neue hässliche Amerikaner'', schrieb eine Zeitung. Die neue Mittelklasse fährt nach Europa und gibt dort doppelt so viel aus wie der internationale Durchschnitts-Urlauber. 228Euro am Tag. Kein Wunder, dass sich alle an sie heranschmeißen.

Trier zum Beispiel, wo Karl Marx geboren ist, der berühmteste Deutsche in China. Trier verkauft mittlerweile Marx-Wein und hat chinesische Straßenschilder. Oder Metzingen, wo alles mit dem Fabrikverkauf bei Boss begann. Plötzlich war Metzingen in China berühmter als Berlin. ,,Shopping city'', ,,Outlet Mekka''. Als Jin Cao das letzte Mal dort war, gab es mehr als 60 Fabrikläden. ,,Aber dafür haben wir keine Zeit'', sagt er und schaut auf die Uhr. Er schaut oft auf die Uhr.

Frankreich habe die Nase vorne, sagt Cao. Dort habe man sich auf die Chinesen eingestellt wie in keinem anderen Land. Hotels in Paris bieten zum Frühstück congee an, warmen Reisbrei. Viele Geschäfte akzeptieren die chinesische Union Pay- Kreditkarte.

Bei Nicolas Gayerie, einer Express-Duty-free-Boutique im Pariser Kaufhaus Printemps, sprechen 15 Mitarbeiter fließend Mandarin und Kantonesisch. In der Galerie Lafayette bekommen Reiseleiter hohe Provisionen, wenn sie Gruppen bringen. Also bringen sie sie. ,,Luxusartikel kosten in Europa 10 bis 35 Prozent weniger als in China'', sagt Cao und geht zum Bus, wo schon alle warten.

,,Ihr seid ja pünktlich wie die Deutschen'', raunt er ins Mikrofon. In China hatte Jin Cao seine eigene Radiosendung. Das Reden fällt ihm nicht schwer. Auf seinen Touren werden nicht stundenlang Videos gezeigt wie bei anderen. Nur in Notfällen. Auf der Strecke Brüssel-Paris legt er manchmal etwas ein. Vier Stunden reden, das ist sogar ihm zu viel. In Italien gibt es manchmal den ,,Da Vinci Code''. ,,Xixi gongzhu - Kaiserin Sissi'' gibt's vor Venedig, ,,The Sound of Music'' vor Salzburg. Ansonsten redet er. Oder er legt auf. Wie ein DJ. Jetzt ist erst mal Heintje dran.

Die Eilkunst der Chinesen

,,Kleine Kinder, kleine Sorgen. Und ein Haus voll Sonnenschein'', singt Heintje - und alle brummen mit, die Alten vorne, die Jungen hinten. Der Busfahrer kann es nicht glauben, dreht sich um, ein paar Frauen kichern, singen noch lauter, die Männer pfeifen mit, ein paar klopfen im Takt auf die Vordersitze. Seit 35 Jahren ist Walter Meier Busfahrer, er fährt seit 25 Jahren Japaner, seit zehn Jahren Chinesen und seit fünf Jahren Inder. Er hat einiges gesehen. Aber so etwas? ,,Die sind wirklich anders. Die meisten schauen sich ständig Videos an. Und bei den Spielbanken san's wie die Narrischen'', sagt er, dann schaut er noch einmal nach hinten. ,,Heintje, da drehst am Rad.''

Doppelkeks und Maggi fix

Meiers Rekord sind 7500 Kilometer in 15 Tagen. Er hat schon Sachen mitgemacht. Morgens Venedig, Frühstück auf dem Schiff während der Überfahrt auf die Glasbläserinsel Murano, Mittagessen in Florenz, Abendessen in Rom. Stundenlang kann er erzählen von Indern, die in Brüssel ankommen und nach Eindhoven zum Schlafen gekarrt werden. ,,Weil's billiger ist. Und dann kommt auf einem Rastplatz an der Autobahn der Küchenwagen daher.''

Die Japaner seien sauber und pünktlich. Nicht ein Zahnstocher im Bus. ,,Aber nachts sieht man sie nicht mehr. Die checken ein und sind weg.'' Japaner mögen local food und die Romantische Straße. Die Chinesen haben andere Wege. Sie sind überhaupt anders, lauter, auch lustiger. Und sie legen beim Essen alles auf einen Teller. Schokoladenpudding und Ketchup. Und die Chinesen, sagt Walter Meier, ,,die shoppen wie die Ochsen''.

Es gab von Anfang an Missverständnisse, auf beiden Seiten. In Deutschland gibt es jetzt ein Buch mit dem Titel: ,,Sie sind da - Was sie schon immer über chinesische Touristen wissen wollten.'' Chinesische Reisende bekommen Benimmzettel. Dass lautes Aufstoßen und Schmatzen in Europa kein Kompliment ist. Dass man nicht zu laut sprechen soll. Dass man im Hotel kein Frühstück mitbringen darf.

,,Sie sollten Geduld haben. Und wir sollten uns gegenseitig respektieren'', sagt ein junger Mann aus Caos Gruppe, er arbeitet bei Coca-Cola in China, er kennt die Sitten des Westens. Den Benimmzettel braucht keiner im Bus. Dann streckt er einem eine Ledertasche entgegen, die seine Frau gekauft hat. ,,Ist das echt Leder?''

Jin Cao schaut aus dem Fenster. Für ihn ist diese Tour einfach. Österreich-Deutschland in einer Woche. 1884 Kilometer, ein Kinderspiel. Er kennt Europa. Alle Straßen, alle Baustellen, alle billigen Hotels, alle Toiletten, alle Parkplätze. In seiner Firma nennen sie ihn das Navigationssystem. Er hat die Telefonnummern aller 550 chinesischen Restaurants Wiens gespeichert, auf dem Jungfraujoch war er zwanzig Mal, und die Schlüsselanhänger aus dem Hofbräuhaus zählt er nicht mehr.

Eine Welt voller Seifen

Er lebt seit Jahren in Hamburg, er liebt dieses Land. ,,Hier ist alles in Ordnung, die Straßen sind so gut wie nirgendwo. Und deutsche Busfahrer sind die besten, nur ein wenig unflexibel'', sagt Cao und lächelt Meier an. ,,Die Leute wissen meist nicht viel vom Land. Das ist für einen Reiseleiter nie schlecht.'' Seine Rekorde sind: ein Mittagessen in acht Minuten und eine Tour durch ganz Europa, 53 Leute, 13 Tage, 6170 Kilometer. Nur Lehrer. Der Jüngste 65 Jahre alt, die Älteste 83. ,,Chinesen wollen in zehn Tagen überall hin. Weil sie keine Ahnung haben, wie groß Europa ist'', sagt er und legt chinesische Entspannungsmusik auf.

Wie gesagt, es ist eine leichte Tour. Der Plan für heute ist: Mittagessen, Olympiagelände, BMW, Nymphenburg. Shoppen. Das war der Wunsch, kein Königssee, dafür Einkaufen. Ein paar Reihen hinter Jin Cao hat eine Frau ihre Videokamera in Stellung gebracht. Rapsfelder ziehen ein gelbes Band über ihren Film. Dann Häuser, dann ein Tengelmann. Mittagspause.

Da stehen sie nun, gleich bei der Autobahneinfahrt, am Rand von München, 39 Chinesen, direkt vor dem Restaurant ,,Peking'': 9,90 Euro das Viergängemenü. Sie sind ein paar Minuten zu früh, also geht die fast 70-jährige Französischlehrerin Ma Xiulan strammen Schrittes hinüber zu Tengelmann und kauft Doppelkekse und Maggi fix&frisch ,,Bauern-Topf mit Hackfleisch''. Nicht, dass sie das essen würde, sie ist Muslimin.

Und sie legt Wert auf gutes Essen. Zu Hause jedenfalls. Die Tüte ist ein Mitbringsel. Jeder muss Geschenke bringen. So viele wie möglich. Anwältin Wang geht währenddessen Häuser gucken. Am liebsten würde sie mal eine deutsche Wohnung sehen. Irgendwie hat sie großartige Vorstellungen von deutschen Wohnungen. Dass sie vollgestopft sind mit Technik. Wie deutsche Autos. Die Städte, sagt sie, seien ja bisher eher enttäuschend. Wien zu provinziell, München geht so, diese modernen Häuser, das hätte man auch zu Hause. ,,Wir lieben eure Natur, die wenigen Menschen. In China sind immer und überall Menschen.''

Die Eilkunst der Chinesen

Dann wird gegessen. 20 Minuten, Toilette inclusive. Gut findet Ma Xiulan das Essen nicht, neben ihr raschelt die Tengelmann-Tüte. Aber das Angebot war lukrativ. Chinesen seien sparsam, sagt sie, sie wählen grundsätzlich das billigste Angebot. Naja, nicht das allerbilligste, seit bekannt wurde, dass chinesische Touristen in Thailand und Australien in Fabrikläden eingesperrt wurden und man ihnen sagte, sie kämen erst raus, wenn sie genug gekauft hätten.

Ma Xiulan schüttelt den Kopf. Nein, nicht so billig. Diese Reise hat 13000 Yuan gekostet, 1300 Euro. Flug, Essen, Hotel, Bus, Jin Cao - alles. Es geht auch noch billiger. Der Preiskampf der Reisebüros ist ruinös, überlebt haben das Chinageschäft nicht viele. Die Caissa Touristic Group schon. Als Marktführer bringt sie jedes Jahr fast 50000 Chinesen nach Europa. Und, das ist der Pressesprecherin wichtig, viele Deutsche nach China. Ma Xiulan ist zufrieden: ,,Wichtig ist, dass man noch genug Geld fürs Einkaufen hat'', sagt sie, dann schenkt sie einem eine Packung von ihrem Lieblingstee.

München ist schnell erledigt. Eine Stunde Olympiapark, wo ihnen Schulkinder nachschreien: ,,Schau mal, lauter Japaner.'' BMW-Museum. Nymphenburger Schloss. Dann der Höhepunkt: Einkaufen. Es ist ein enger, dreistöckiger Duty-free-Laden am Isartor, in den die Gruppe hineinstürmt. Eine Welt voller Zwilling-Messer, Swarovski-Anhänger, Edelstahl-Seifen und Blutdruckmessgeräten. 25 Minuten gibt ihnen Jin Cao. Die chinesischen Verkäuferinnen packen kistenweise Sachen ein. Jin Cao sagt, dass er mal eine Gruppe mit fünf Leuten hatte, die mehr als 100 Edelstahlseifen gekauft hat.

Frau Wang kauft acht. Frau Ma auch. Ein junger Mann untersucht den Nasen- und Ohrenhaartrimmer, den er erstanden hat, und das Echtheitszertifikat. Das ist das Wichtigste. Kopien gibt es zu Hause genug. Einer will im Bus bleiben, aber der Fahrer scheucht ihn raus.

Dann geht es am Hofbräuhaus vorbei. ,,Ist das die berühmte Bierbar?'', fragt Frau Wang, staunt über die ,,bunten Polizeiautos'' und kauft bei Vinzenzmurr Weißwürste. Dann weitershoppen. Später gehen ein paar auf eigene Kosten ins Hofbräuhaus hinein. Es gibt Schweinshaxen mit Sauerkraut. Halbvolle Maßkrüge werden auf ex getrunken. Gan bei - trockenes Glas. Verbrüderungsszenen mit Tischnachbarn.

"Wagna" und "Ludewich"

Am nächsten Tag sind Neuschwanstein und Titisee dran. ,,Das wird hart, viel Fahrerei'', sagt Walter Meier und lässt den Bus an. In Neuschwanstein geht dann nur die Hälfte ins Schloss. Aus den Audio-Guides schallt ,,Wagna'' und ,,Ludewich''. Am Bodensee winken Kinder aus einem Bus.

Die Kinder hören bald auf zu winken, die Chinesen nicht. Dann ruft das Kuckucksuhren-Geschäft aus Titisee an, ob man noch heute kommen wolle. ,,Ihr seid zu lang in Neuschwanstein geblieben'', sagt der Fahrer. Um 18:21 Uhr steht die Truppe leicht abgehetzt vor dem Schwarzwälder Uhrenzentrum der Familie Drubba. Eine halbe Stunde später kommen viele mit Kuckucksuhrtüten heraus. Schiffchenfahrt. Local food bei Drubba. Schlafen in Unadingen. ,,Unadingen?'', fragt der Busfahrer. ,,Nie gehört.''

Es gibt das übliche deutsche, kalte Frühstück in Unadingen. Die Chinesen sind höflich, sagen nichts darüber. Heute geht es nach Heidelberg und Frankfurt. Cao redet über Steuern und Bruno den Bären, über den Klang einer Stradivari und Napoleon, dann sagt er: ,,Da drüben ist Frankreich.''

Lautes Gemurmel, Fotoapparate klicken ins neblige Nichts. Der alte Beamte in der ersten Reihe kräht: ,,Fahren wir doch nach Frankreich.'' Gejohle. Jin Cao legt die französische Nationalhymne auf. In der zweiten Reihe singen die Französischlehrerinnen: ,,Allons enfants de la Patrie...'' Der Französischlehrer-Tochter ist das peinlich. Der Busfahrer lächelt und lehnt sich zu Jin Cao rüber: ,,Und jetzt gib mir den Heintje.''

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