Unterwegs auf den Togian-Inseln:Palmendieben auf der Spur

Die Togian-Inseln im Norden der indonesischen Insel Sulawesi gehören zu den besten Tauchrevieren der Welt. Die Anreise in das wenig erschlossene Gebiet ist ein abenteuerliches Unterfangen. Wer sie auf sich nimmt, bekommt Palmendiebe der etwas anderen Art zu sehen.

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Unterwegs im Labyrinth der Togian Islands

Quelle: Thilo Resenhoeft, dpa-tmn

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Die Togian Islands im Norden der indonesischen Insel Sulawesi gehören zu den besten Tauchrevieren der Welt. Die Anreise in das wenig erschlossene Gebiet ist ein abenteuerliches Unterfangen. Wer sie auf sich nimmt, bekommt Palmendiebe der etwas anderen Art zu sehen.

Schon die Anreise mutet an wie eine Expedition: Es braucht Ausdauer, um auf die Togian Islands zu gelangen. Sie liegen im Golf von Tomini - weit im Norden der indonesischen Insel Sulawesi. Viele Besucher fliegen aus Jakarta oder Surabaya auf Java zunächst zu einem der beiden kleinen Flughäfen in Luwuk oder Palu. Von dort fahren Busse oder gemietete Autos mit Chauffeur nach Ampana. Aus Luwuk dauert die Fahrt sechs, aus Palu etwa elf Stunden. Nach einer Übernachtung in Ampana geht es per Fähre oder gechartertem Boot auf die Inseln nahe des Äquators. Noch länger - rund zwölf Stunden - dauert eine Fährfahrt von Norden her. Egal wie: Die Anreise aus Europa nimmt in jedem Fall rund zweieinhalb oder gar drei Tage in Anspruch. Das ist wohl einer der Gründe dafür, dass die Gegend von Europäern kaum besucht wird. Viele Gäste reisen lieber ins nahe und besser erreichbare Meeresschutzgebiet Bunaken.

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Vulkane formten die Togian-Inseln. Einst waren sie dicht bewaldet. Wo die Bäume noch nicht für Palmen abgeholzt wurden, reicht der Wald bis ans felsige Meeresufer. Strände gibt es kaum - auch das begrenzt die Zahl der Hotels. Eines der besten von ihnen ist das "Island Retreat"-Resort in Bomba. Es hat nur zehn Hütten für je zwei Personen. Die Holzhäuser grenzen unmittelbar an den weißen Sandstrand. Von der Hafenstadt Ampana aus sind es rund zwei Stunden Fahrt mit einem schnellen Motorboot. Eine Übernachtung samt Frühstück, Mittag- und Abendessen in dem Retreat kostet rund 30 US-Dollar (etwa 20 Euro) pro Gast. Es gehört seit zwölf Jahren der aus Kalifornien ausgewanderten Anthropologin Sylvie Manley. Sie kam für ihre Studien und blieb. Die Grundlage für die Mahlzeiten wird täglich von Fischern vom Stamm der Bajo geliefert, die in der großen, von drei Seiten geschützten Meeresbucht von Tomini einst als Seenomaden lebten. Die holländischen Kolonialherren hielten sie zur Sesshaftigkeit an - seither siedeln sie in mehreren kleinen Orten auf den labyrinthartig verteilten Inseln. Ihr Leben als Jäger und Sammler haben sie weitgehend beibehalten. Sie stellen Fischen und Tintenfischen nach, sammeln Muscheln und Seegurken. Wer auf die Togians reist, will fast immer zwei Dinge sehen: den Palmendieb (Birgus latro) und die Korallenriffe im kristallklaren Wasser.

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Der Palmendieb ist die größte an Land lebende Krabbe der Welt. Das urtümlich anmutende Tier mit mächtigen Scheren hat im Lauf der Evolution darauf verzichtet, seinen Hinterleib mit einem Gehäuse zu schützen. Jetzt bietet ein kalkhaltiger Panzer Schutz. Das Tier bringt bis zu fünf Kilogramm auf die Waage. Auf Besucher wirkt es furchteinflößend. Das ging schon den holländischen Kolonialherren und frühen Naturforschern so. Die starken Beine tragen den Krebs bei der Nahrungssuche erstaunlich schnell eine Kokospalme hinauf. Der Palmendieb lebt immer an Land und versteckt sich dort in tiefen Höhlen. Guntu - viele Indonesier haben nur einen Namen - zeigt bei einer Tour in den Wald einige der Löcher, in denen die Krebse leben. Er warnt davor, die Hand hineinzustecken. Nachts kommen die Krebse zum Fressen hervor. Ihren mächtigen Scheren sind Kokosnüsse nicht gewachsen. Deren süßes Fleisch ist die Hauptnahrung der Palmendiebe. Das Fleisch der inzwischen seltenen und geschützten Krebse ist begehrt, was Fallensteller anzieht, sagt Guntu. Die Polizei ermahne Händler, wenn sie sie beim Verkauf der Tiere erwische, sagt Guntu - "aber die Polizei kommt selten hierher". Wie viele Krebse in den Kochtöpfen der Einheimischen enden, weiß niemand. Außer der riesigen Krabbe huschen noch viele kleine Landeinsiedlerkrebse umher.

Der zweite Grund für einen Besuch auf den Togian-Inseln sind die Korallenriffe. Rund 120 Kilometer verschiedener Riffarten gibt es hier, schätzt Elso Martinez. Der spanische Berufstaucher lebt seit zwei Jahren in Indonesien. Auf rund 6000 Tauchstunden bringt er es. Allein von Bomba aus sind 25 Riffe binnen maximal 40 Minuten Bootsfahrt zu erreichen. Einige Riffe reichen bei Ebbe bis nahe an die Wasseroberfläche, so kommen auch Schnorchler ohne Probleme auf ihre Kosten.

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Die Vielfalt des Lebens vor den Togians ist kaum zu ermessen. Fische und Korallen erstrahlen in dem lichtdurchfluteten Wasser in herrlichen Farben. Die Zahl der Farben und Formen scheint grenzenlos. Hier wiegen sich rosafarbene Fächerkorallen in der Strömung, daneben riesige Felder heller Steinkorallen. Mal sind die Kolonien der winzigen riffbildenden Organismen knallblau, mal rot, mal gelb. Dazwischen gibt es Schwämme, die ihre bizarr anmutenden Formen wie Finger ins Wasser ragen lassen. Bunte Nacktschnecken und Seeanemonen kommen hinzu. Auch Seeschlangen sind zu sehen, etwa vor der kleinen Insel Taupan. Sie sind giftig, ihr Biss kann Menschen nach Stunden oder Tagen töten. Taucher sollten deshalb Abstand halten. Solange sie die Tiere nicht bedrohen, besteht aber kaum die Gefahr für einen Angriff. Auch für Fischfreunde sind die Togians ein Paradies. Kaum zu erkennende Grundeln sitzen auf den Korallen, grüne Papageienfische kreisen auf der Suche nach Fressbarem herum. Anemonenfische warnen mit knurrenden Lauten, wenn man ihrer Behausung zu nahe kommt. Mitunter ziehen nicht enden wollende Schwärme von Jungfischen minutenlang vorbei. An einer anderen Stelle befreien grell gefärbte Putzerfische andere Fische von Parasiten. Taucher und Schnorchler werden von den Fischen kaum als Bedrohung wahrgenommen und bleiben vielfach unbeachtet. Am Boden liegen giftige Steinfische. Hier wie in anderen Riffen gilt: Wer den einmaligen Lebensraum bewahren will, ohne ihn zu beeinträchtigen, fasst nichts an. An einigen Stellen sind jedoch die verheerenden Spuren des Dynamitfischens zu sehen. Über viele Quadratmeter hinweg sind alle Korallen umgeworfen und ausgeblichen. Es dauert Jahre oder Jahrzehnte, bis hier etwas nachwächst.

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Inzwischen sind die Detonationen seltener geworden, die alle Fische im nahen Umkreis betäuben, woraufhin sie sich leicht einsammeln lassen. Doch der Grund ist traurig: Laut Tauchlehrer Martinez gibt es meist schlichtweg nicht mehr genügend Fische an einem Ort, als dass sich der Einsatz des Sprengstoffes lohne. "Leider herrscht vielfach die Ansicht vor, dass das schnelle Leerfischen der Riffe mehr einbringt als ihr Schutz", sagt er. Ähnliches beklagen - für alle Riffe - Umweltschutzorganisationen wie der WWF. Die schiere Größe der teils labyrinthartig verteilten Togians trägt aber dazu bei, dass Besucher auch weiterhin über die Unterwasserwelt staunen können. Vor der Insel Kadiri liegt ein besonders gut erhaltenes Flugzeugwrack aus dem Zweiten Weltkrieg, das nach einer Notwasserung langsam versank. Viele Taucher steuern dieses Ziel in rund 20 Metern Tiefe an. Die Angestellten des "Island Retreat" stammen aus den umliegenden kleinen Siedlungen, die somit auch ein wenig von den Touristen profitieren. "Das ist mein Ziel", sagt Inhaberin Manley. "Die Menschen sollen erkennen, dass sich der Erhalt der Togians auch langfristig lohnt." Noch jedenfalls sind die Togian Islands tatsächlich so, wie sich der Besucher seine Trauminsel vorstellt.

© Süddeutsche.de/Thilo Resenhoeft,dpa/dgr
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