Giebeltürme und lange Fenster geben dem dreistöckigen Gebäude mit der schummrigen Beleuchtung etwas von Norman Bates' "Psycho"-Motel. Nur dass das Haus am Marktplatz von Hillesheim steht, einer 3000-Einwohner-Ortschaft in der Eifel, die Krimifans aus den Thrillern von Jacques Berndorf kennen. "Die Optik des Hauses war wie geschaffen für ein Krimihotel", sagt Christoph Böhnke. Der Mittdreißiger mit den schwarzen Locken und dem spitzbübischen Gesichtsausdruck ist der Direktor des Hauses und führt außerdem das nebenan liegende Hotel Augustinerkloster. Vor dem Krimihotel war das Hotel Fasen hier untergebracht, das einst Viehhändlern als Übernachtungsmöglichkeit während des wöchentlich stattfindenden Marktes diente.
Die Tür öffnet sich, und beißender Qualmgeruch schlägt einem entgegen. Sherlock Holmes, der seine Pfeife pafft? Nein, es sind Ortsansässige und Touristen, die in der zum Haus gehörenden Kneipe sitzen. Im gegenüberliegenden - rauchfreien - Clubraum mit Chesterfieldmöbeln, angedeutetem Kamin und Gemälden bekannter Krimiautoren wie Agatha Christie gönnt man sich in gemütlicher Atmosphäre einen "Five o'clock Tea" mit typisch britischen Gurken- und Marmeladenhäppchen, bevor es zum Beispiel heißt: "Einmal ,Hitchcock' und ,James Bond', bitte." Die freundliche Kellnerin, die auch als Rezeptionistin arbeitet, holt die Zimmerschlüssel.
Die Räume befinden sich im ersten Stock. An der Wand neben den Stiegen schaut man in das vertraute Gesicht von Oberinspektor Derrick. Im James-Bond-Zimmer ...
... steht die Schaufensterpuppen-Version von Jill Masterson, die in "Goldfinger" von Gert Fröbe ganz mit Goldfarbe überzogen wird.
In den Regalen liegen Bondrequisiten: eine Augenklappe, wie sie Ober-Bösewicht Blofeld trägt, oder ein Gebiss, wie das des Beißers. Eine Galerie der schönsten Bondgirls und der bisherigen Kinofilme gibt es ebenfalls. Per Knopfdruck ertönt die Titelmelodie und das unvermeidliche "Mein Name ist Bond, James Bond."
Mit derlei Einfällen ist das Krimihotel die neueste Attraktion im krimiverliebten Hillesheim. Bekannt geworden ist die Gegend durch Eifelkrimi-Bücher und deren Verfilmungen. Jacques Berndorf schreibt sie seit mehr als 20 Jahren. Berndorf, der eigentlich Michael Preute heißt, war früher Kriegsreporter und hat für Spiegel und Stern gearbeitet. "Und da es im Ort bereits das Kriminalhaus gibt, fehlte noch ein entsprechendes Hotel mit Themenzimmern, Ermittlerwochenenden und Krimilesungen", sagt Hoteldirektor Böhnke.
Das Kriminalhaus gleich um die Ecke wird von Ralf Kramp geführt, ebenfalls leidenschaftlicher Krimiautor. Im ersten Stock beherbergt es eine Sammlung von 27.000 Bänden rund ums Thema Krimi, vom Klassiker bis hin zu Sachbüchern, ebenso Brettspiele, die der Gast ausprobieren darf. Von März an wird die Agentur "Blutspur" Ermittlerwochenenden im Hotel veranstalten, Ralf Kramp und ein Freund geben die Oberkommissare, bis zu 40 Gäste können zu Ermittlern werden, und einen inszenierten Mordfall lösen. Daneben gibt es bereits jetzt Krimiwochenenden mit Dinner, dazu regelmäßig Lesungen.
Die zehn Themenzimmer folgen einem ähnlichen Schema: Szenenfotos, typische Gegenstände, Soundeffekte, passende Möblierung. Im Hitchcock-Zimmer kann man sich unter der Dusche ein bisschen wie Janet Leigh in "Psycho" fühlen, mit dem Schattenumriss der sterbenden Frau auf dem Duschvorhang und der Original-Tonspur aus den Lautsprechern.
Manche Zimmer sind eher erwartbar gestaltet, andere überraschen mit nicht ganz ernstzunehmendem Zubehör. So gibt es bei "Derrick" neben der biederen Siebziger-Jahre-Einrichtung mit Wählscheibentelefon, Polsterdrehsessel, Gummibaum, Schreibmaschine und altem Fernseher ...
... künstliche Tränensäcke hinter Glas. "Ein Running-Gag", sagt Böhnke, "wir erzählen manchmal, dass Horst Tapperts Tränensäcke nicht groß genug waren und mit Silikon nachgeholfen werden musste. Nach dem letzten Dreh habe er sie uns geschenkt. Manche Gäste glauben das sogar."
Utensilien und Mobiliar für "Miss Marple", "Maigret" oder Filmklassiker wie "Tod auf dem Nil" und "Mord im Orientexpress" zu finden, ist dank charakteristischer Protagonisten oder entsprechender Filmkulissen nicht sonderlich schwer. Schwieriger gestaltet sich die Umsetzung von Krimis, wenn sich diese hauptsächlich durch Landschaften und Dialoge auszeichnen - wie etwa ausgerechnet die Eifelkrimis. Das entsprechende Zimmer zeigt dann auch nur ein paar Bücher und Plakate der ZDF-Filme, das war's. Dafür sollen bald mehr Klassiker folgen. Columbo und Mankells Wallander stehen besonders hoch im Kurs. Das Krimihotel, DZ mit Frühstück ab 79 Euro, Am Markt 14, 54576 Hillesheim, Tel.: 06593/98089600, diverse Arrangements, z. B. mit Krimi-Wanderung oder -Dinner, www.krimihotel.de