Süd-Toskana:Italiens romantische Pracht

Einsame Landhäuser auf sanften Hügeln, Klöster und Zypressen - das ist die Sehnsucht vieler Italien-Urlauber. Eine Reise durch die Bilderbuch-Toskana.

Wo bleibt der "Schwarze Abt"? Flach steht der Vollmond am Horizont, die Ruine der Klosterkirche ragt wie ein in Stein gemeißeltes Geheimnis in den Nachthimmel. Jetzt müsste nur noch der schrille Schrei einer Frau zu hören sein, und die Stimmung eines Edgar-Wallace-Romans wäre perfekt.

Montepulciano Toskana, dpa

Bilderbuch-Toskana: Montepulcianos alte Stadtmauer ist vollkommen intakt.

(Foto: Foto: dpa)

Doch dies ist nicht England, dies ist der Süden der Toskana - und eben deshalb muss kein nächtlicher Besucher der Abtei San Galgano befürchten, hinter der nächsten Säule einem Mörder in Mönchskutte zu begegnen. Allein die Vorstellung aber reicht, um sich unbehaglich zu fühlen - zumal kein anderer Besucher weit und breit zu sehen ist.

San Galgano als einen Geheimtipp zu bezeichnen, wäre eine bewusste Irreführung von Touristen. Der ausufernde Parkplatz mitten in der Landschaft zeigt deutlich, was in der Hochsaison hier zu erwarten ist. Vor und nach dem Sommer verlieren sich die wenigen Touristen jedoch auf dem Gelände - und zwar nicht nur abends, wenn die Ruine effektvoll angestrahlt wird, sondern auch tagsüber. Während sich im nur gut 30 Kilometer entfernten Siena die Urlauber auf der Piazza del Campo auf die Füße treten, beweist die Abtei San Galgano, dass sich Entdeckungsfahrten quer durch die südliche Toskana lohnen.

San Galgano war einst eine Zisterzienserabtei. 1181 starb hier der Eremit Galgano Guidotti, das große gotische Kirchenschiff mitten auf dem Feld entstand dann ab 1218. Glücklich wurden die Mönche hier allerdings nicht lange, bereits 1474 zog es die letzten fort nach Siena. Das Kirchendach wurde im 16. Jahrhundert abgetragen, der Rest stürzte ein, 1786 wurde der Turm durch Blitzschlag zerstört - und schon war die Ruine fertig, die heutige Touristen zu sehen bekommen.

Ebenfalls südlich von Siena liegen die großen "M" der Süd-Toskana: Massa Maríttima, Montalcino und Montepulciano. Sie alle verbindet ein weiteres "M": das Mittelalter. In Montepulciano ist die alte Stadtmauer völlig intakt geblieben, so dass sich der Ort als geschlossenes Ensemble präsentieren kann. In den vielen Geschäften werden Lederwaren, Keramik oder Wein verkauft. Aushängeschild der Stadt ist der "Vino Nobile de Montepulciano", ein kräftiger Roter, der mindestens zwei Jahre im Holzfass reifen muss.

Italiens romantische Pracht

Montepulciano liegt inmitten der Crete Senesi, einer Landschaft voller Weizenfelder und Lehmhügel, auf denen vereinzelt Landhäuser stehen, deren Zufahrten von langen Zypressenalleen gesäumt werden - Bilderbuch -Toskana.

Weiter geht es in Richtung Montalcino, die Hügel werden nun etwas grüner: Weinbau bestimmt das Leben vieler Menschen, hier heißt das Spitzenprodukt "Brunello". Nur auf ausgesuchten Flächen dürfen die Reben für diesen Rotwein wachsen, der dann mindestens vier Jahre ins Holzfass muss. In einer Enoteca in Montalcino ist "Brunello" gerade im Sonderangebot zu haben: der 99er Jahrgang für 45 Euro die Flasche, während für andere Tropfen 120, 280 oder mehr Euro anzulegen sind.

Bei der Weiterfahrt zum Mittelmeer wandelt sich die Landschaft erneut: Von der Crete geht es in die Maremma, eine ebenfalls nur dünn besiedelte, aber umso grünere Gegend voller Hügel. Einst war sie das Armenhaus der Toskana - und das wirkt noch immer nach. Viele Dörfer sind wie ausgestorben, die meisten Fensterläden verschlossen. Ein längerer Stopp lohnt sich in Massa Maríttima. Auch diese Stadt besitzt ein Zentrum auf einem Berg mit engen Gassen, historischen Palästen und guten Restaurants. Sehenswert ist der fast 1000 Jahre alte Dom an der Piazza Garibaldi mit seiner breiten Freitreppe.

Die Küste ist nun nicht mehr weit, besonders beliebt ist der Ort Castiglione della Pescaía mit seiner Altstadt, die - wie könnte es anders sein? - auf einem Hügel thront. Mittags in der Nebensaison ist hier fast niemand unterwegs, nur ab und zu stört aus einer Nachbargasse das Zweitaktgeknatter eines Motorrollers die Stille. Von der Festungsmauer aus reicht der Blick bei klarer Sicht bis zur Insel Elba - und auch an diesigen Tagen weit über die Strände der Region.

Ein Bad anderer Art lässt sich in Satúrnia nehmen, eine Autostunde vom Meer entfernt. Der Name klingt nach himmlischen Sphären, aber tatsächlich geht es zu wie bei einem Termin mit dem Teufel: Eine 37,5 Grad heiße Schwefelquelle ergießt sich über einen Wasserfall in kleine Becken, über denen der Gestank von faulen Eiern liegt - was Touristen kaum davon abhält hineinzusteigen. Wer auf eine Dusche und einen Schrank für die Kleidung Wert legt, findet zwei Kilometer entfernt die "Terme di Satúrnia", die von der gleichen Quelle gespeist wird. Hier kostet die Tageskarte jedoch 22 Euro.

Eines bleibt aber in jedem Fall zurück, egal wo gebadet wird: der Schwefelduft auf der Haut, gegen den kein noch so intensives Duschen hilft. Selbst spät am Abend beim Besuch der Abtei San Galgano stinkt der Körper wie nach einem Rendezvous mit des Teufels Großmutter. Ist das vielleicht der Grund, warum sich der "Schwarze Abt" nicht zeigt?

Informationen: Italienische Zentrale für Tourismus ENIT, Neue Mainzer Straße 26, 60311 Frankfurt, Tel.: 069/23 74 34, E-Mail: enit.ffm@t-online.de www.enit-italia.de

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