Warnstreik des Sicherheitspersonals:Diese Rechte haben Flugpassagiere

Warnstreik am Stuttgarter Flughafen

Warnstreik an Airports in Deutschland.

(Foto: dpa)
  • An acht deutschen Flughäfen fallen am Dienstag wegen eines Warnstreiks des Sicherheitspersonals viele Flüge aus.
  • Betroffen sind die Airports Frankfurt, Hamburg, München, Hannover, Bremen, Leipzig/Halle, Dresden und Erfurt.
  • Die Gewerkschaft Verdi fordert für die bundesweit 23 000 Beschäftigten eine einheitliche Bezahlung von 20 Euro pro Stunde.

Was tun beim Streik? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

  • Ist mein Flug vom Streik betroffen?

Erste Ansprechpartner an Streiktagen sind Reiseveranstalter und Fluggesellschaft. Bei Daten aus dem Internet ist es sinnvoll, sich diese auszudrucken, um später einen Beleg zu haben. Von den Flugausfällen betroffene Passagiere würden per Mail oder SMS informiert, teilte Ryanair mit. Ihnen würden Umbuchungen oder voller Ersatz der Tickets angeboten.

  • Welche Ansprüche haben Passagiere, wenn ihr Flug verspätet abfliegt?

Wer wegen des Streiks auf dem Flughafen festsitzt, muss von der Airline betreut werden. Das können Betroffene gemäß der EU-Richtlinie 261/2004 erwarten: Ab zwei Stunden Verspätung haben sie Anspruch auf Leistungen wie zwei Telefonate, zwei E-Mails, Getränke, Essen und gegebenenfalls eine Übernachtung im Hotel. Die zweistündige Wartezeit gilt für Flüge von bis zu 1500 Kilometern. Bei einer Strecke von 1500 bis 3500 Kilometern gibt es nach drei Stunden Unterstützung, ab 3500 Kilometern Strecke nach vier Stunden.

Ab einer Wartezeit von fünf Stunden können Passagiere vom Beförderungsvertrag zurücktreten und eine Erstattung des Flugpreises verlangen.

  • Müssen Passagiere für die Betreuungskosten zunächst selbst aufkommen?

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass die Betreuung kostenlos bereitgestellt wird. Das klappt aber oft nicht. Sollte die Airline trotz Nachfrage keine Betreuung bereitstellen können, muss sich der Fluggast selbst um Verpflegung und möglicherweise ein Hotelzimmer kümmern. Dann ist es wichtig alle Belege aufzubewahren, um die Kosten anschließend der Fluggesellschaft in Rechnung stellen zu können. Diese Kosten sind verschuldensunabhängig. Die Airline muss dem Fluggast also helfen, egal ob die Verspätung durch eine Aschewolke, einen Sturm oder eben einen Streik der Flugbegleiter entstanden ist.

  • Bekommen Fluggäste eine Entschädigung für annullierte Flüge?

Bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung von drei Stunden oder mehr haben Passagiere zwar laut EU-Verordnung Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro - aber nur, wenn kein "außergewöhnlicher" Umstand daran schuld ist. Der BGH hat entschieden, dass dazu auch Streiks zählen und Airlines daher nicht zur Entschädigung verpflichtet sind. Komplett ausgeschlossen sind Ausgleichszahlungen trotzdem nicht. "Entscheidend ist, ob die Airline alle zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um die Auswirkungen des Streiks zu vermeiden", sagte Ronald Schmid, Professor für Luftverkehrsrecht in Dresden. "Die Airline muss sogar eine Umbuchung zu einem anderen Veranstalter vornehmen, wenn es möglich ist". Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, muss die Airline die Übernachtung im Hotel übernehmen. Nur wenn sie im Einzelfall vor Gericht nachweisen könne, dass sie alles versucht habe, müsse sie keinen Ausgleich zahlen, sagt Reiserechtler Schmid.

Auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stärkte die Rechte von Fluggästen bei Streiks. Hintergrund des Verfahrens war die ungewöhnlich große Zahl von Krankmeldungen, mit denen Mitarbeiter der Airline Tuifly im Herbst 2016 den Flugbetrieb teilweise lahmgelegt hatten. Ein solcher wilder Streik als Reaktion auf innerbetriebliche Umstrukturierung sei für eine Airline kein "außergewöhnlicher Umstand", sondern eine beherrschbare Situation und Teil der normalen Betriebstätigkeit. Den Passagieren stehe in solchen Fällen eine Entschädigung zu.

  • Muss ich trotz Streik pünktlich am Flughafen sein?

Auch bei einer großen absehbaren Verspätung sollten Passagiere immer zur ursprünglichen Abflugzeit am Flughafen sein. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Fluggesellschaft kurzfristig einen Ersatzflug anbieten kann - und der Reisende ihn dann verpasst.

Zubringerflug ausgefallen, Urlaub verkürzt?

  • Welche Rechte habe ich, wenn mein Zubringerflug wegen des Streiks ausfällt und mein Anschlussflug ohne mich abhebt?

Wird wegen der Arbeitsniederlegung der Flug gestrichen, muss die Airline nach der EU-Verordnung für Fluggastrechte den Passagier per Ersatzflug zum Ziel befördern. Werde ein Zubringerflug bestreikt und deshalb der normal startende Anschlussflug verpasst, stünden dem Fluggast keine weiteren Schadenersatzansprüche zu, so Reiserechtsexperte Robert Bartel von der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Handelt es sich dabei jedoch um einen bestreikten Zubringer-Inlandflug wie beispielsweise von Berlin nach Frankfurt, der ausfällt oder sich erheblich verspätet, müsste die Airline ersatzweise eine Bahnfahrt auf ihre Kosten zur Verfügung stellen, wenn sich der Anschlussflug dadurch pünktlich erreichen ließe. Versäumt die Airline das, kommen Schadenersatzansprüche wegen eines Organisationsverschuldens in Betracht.

  • Kann ich mir auf Kosten der Airline einen Mietwagen nehmen oder ein Bahn-Ticket kaufen?

Die Airline ist verpflichtet, die Fluggäste auch an Streiktagen schnellstmöglich an ihr Ziel zu bringen. In der Regel versuchen Fluggesellschaften, dies durch kostenlose Umbuchungen zu erreichen. Ist das nicht möglich, muss sich die Airline laut Robert Bartel von der Verbraucherzentrale Brandenburg um eine Ersatzbeförderung kümmern: Innerhalb von Deutschland könne das zum Beispiel eine Umbuchung auf die Bahn oder ein Bustransfer sein. Auf längeren Strecken gibt es eventuell die Möglichkeit, von einem benachbarten Flughafen aus zu starten. Verärgerte Fluggäste sollten aber nicht ohne Absprache mit der Airline ein Zug- oder Bus-Ticket kaufen, um so ans Ziel zu gelangen oder einen Anschlussflug zu erreichen.

  • Flug verspätet, Termin geplatzt. Bekomme ich den Ticketpreis zurück, wenn ich vom Flug zurücktrete?

Passagiere können von ihrem Flug zurücktreten, dürfen dann aber nicht darauf hoffen, den Ticketpreis erstattet zu bekommen. Die Fluggastrechteverordnung sieht im Streikfall neben kostenloser Umbuchung zwar auch Rückerstattung vor - allerdings erst, wenn die Verspätungsfrist von fünf Stunden überschritten wird. "Dauert ein Streik zwei Stunden und der Passagier kann nach zwei Stunden und drei Minuten befördert werden, dann muss er das einfach hinnehmen", sagt Rechtsanwalt Holger Hopperdietzel. Wenn der Streik aber erkennbar länger dauert und "die Airline nicht in der Lage ist, eine Ersatzbeförderung bereitzustellen, kann ich den Vertrag kündigen und den gesamten Ticket- oder Reisepreis zurückfordern", so Rechtsanwalt Paul Degott. Reisebüros dürfen für die Rückabwicklung des Ticketkaufes keine Extra-Gebühren verlangen.

  • Welche Regelungen gelten bei Pauschalreisen?

Pauschalreisende können zwar keinen Schadenersatz für einen entgangenen Urlaub geltend machen, falls ihr Flieger wegen des Streiks erst am nächsten Tag abhebt. Doch der Reiseveranstalter ist in der Gewährleistungspflicht, da der Flug Teil des Vertrags ist. Der verhinderte Urlauber kann daher den Reisepreis anteilig um den entgangenen Urlaubstag mindern.

Urlauber, die Flug, Hotel und Mietwagen nicht als Paket bei einem Veranstalter sondern selbst und einzeln gebucht haben, haben schlechte Karten. Sie können weder beim Hotel noch bei der Mietwagenfirma eine Leistungsminderung wegen des verspäteten Fluges geltend machen.

  • Gibt es Anspruch auf Schadenersatz, wenn durch den verspäteten Abflug der Start einer Kreuzfahrt verpasst wird?

Wenn der Flug isoliert von der Kreuzfahrt gebucht worden ist, erleidet der Passagier zwar einen materiellen Schaden, weil er seine Kreuzfahrt nicht pünktlich antreten kann. Doch diesen Schaden bekommt der Fluggast nicht von der Airline ersetzt, weil diese an der verhinderten Beförderung nicht ursächlich schuld ist. Wurden aber Flug und Kreuzfahrt als Paket gebucht, dann wird die unterbliebene Beförderung zum Schiff juristisch als Reisemangel betrachtet - zu Lasten des Veranstalters.

  • Welche Rechte haben Reisende, deren Urlaub sich verkürzt?

Entgehen dem Pauschalreisenden durch den Streik Urlaubstage, muss der Veranstalter den Anteil des Reisepreises für diese Tage zurückerstatten, erklärt Rechtsanwalt Paul Degott. Verkürzt sich der Urlaub massiv - kommt der Betreffende also bei einem einwöchigen Urlaub zum Beispiel erst drei Tage später an -, seien außerdem die Chancen auf Schadenersatz gut: Dann gibt es nicht nur das Geld für die Tage zurück, an denen der Urlaub ausgefallen ist, sondern auch eine Entschädigung dafür, dass der Urlaub insgesamt beeinträchtigt war.

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