Station 1: Brixton:Das einstige Zentrum politischer Bewegung lockt auch die Yuppies an

Susanne L. Born

Die Schwarzen aus Jamaika, Kenia, Tansania und von den britischen Jungferninseln haben Brixton bereits in den 60er Jahren zu einem Zentrum der politischen Bewegung gemacht. Der Kampf galt gleichen bürgerlichen Rechten, dem Abbau von rassistischen Vorurteilen und der Frauenbildung. Kulturelle Einrichtungen etablierten sich, im Laufe der Zeit kamen Restaurants, Cafés und Bars hinzu.

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Die Lebensmittel auf dem Brixton Market sind so facettenreich wie die Herkunft ihrer Verkäufer

(Foto: Foto: Shura Kraëff)

Im "Ritzy", einem wunderschönen Kino im Art-Deco-Stil, werden neben Hollywood-Produktionen Filme von indischen und karibischen Regisseuren wie Hardeep Singh Kohli und Malcom D. Lee gezeigt. Die Filme handeln von Jugendlichen der zweiten Einwanderergeneration, die sich zwischen den Kulturen verlieren und ihre Identität zu formulieren versuchen.

Diese Probleme haben die neuen Zuwanderer aus Zimbabwe, Ghana und der Republik Südafrika noch vor sich. Der 18jährige Manadou kam vor einigen Monaten aus Ghana und arbeitet nun am Gemüsestand seiner Tante auf dem Brixton Market. Er kann sich nicht vorstellen woanders zu leben. "Brixton ist meine Heimat, hier kann ich meine Sprache sprechen und unter meinen Landsleuten sein."

Die Stimmung auf dem farbenprächtigen Markt ist lebendig. Aus dem Afroshop wummert den Vorübergehenden Reggaemusik entgegen. Eine Gruppe von karibischen Christen schreit Gospelsongs gen Himmel. Gleich nebenan sind magische Heiligenbilder für den Vodoo-Zauber zu haben. Der Schlachter hat Schweinefüße mit 20 Pence das Kilo im Angebot und aus Südafrika sind gerade Kartons mit bunten Stoffen eingetroffenen. Außerdem im Marktangebot: Plastikschuhe, Bügelbretter und Regenschirme, sehr wichtig in England.

Brixton verliert sein Einwanderergesicht

Samstags gehen die jungen Brixtoner aus, was vor allem für die Frauen minutiöser Vorbereitung bedarf. Sie verbringen fast den ganzen Tag im Haarsalon - das Zöpfchenpflechten dauert eine halbe Ewigkeit. Währenddessen feilen und malen Koreaner am Fingernagel-Look, es soll sich doch lohnen: Im Danceclub "Samantha's", der zusammen mit dem schwarzen Soulsender Bassline HOT 97.9 FM die besten DJs auf die Bühne bringt, bekommt das schönste "Brixton-Girl" einen Sonderpreis.

Zurschaustellungen anderer Art sind in der "Brixton Art Gallery" zu sehen. Malerei und Bildhauerei aus Einwandererhand stehen im Mittelpunkt, mit Werken von Frauen wird ein weiterer Schwerpunkt gesetzt. Jazzmusik und feurige Cajun-Cocktails gibt es im "Baze2Baze", wo eine multikulturelle Servicebrigade darüber lamentiert, wie Brixton allmählich sein Einwanderergesicht verliert. Die Yuppies aus dem West End haben nämlich den wilden Charme des Viertels entdeckt. Sicheres Anzeichen: Ein Ableger von "Body Shop", Kommerz gewordene Ökoidee, hat sich bereits niedergelassen - wer aus der Brixton tube kommt, stolpert fast von selbst hinein.

Underground: Brixton Tube Markt in der Market Row und den darumliegenden Straßen (direkt an der Underground Station), tgl. 9 bis 15 Uhr. The Ritzy Cinema, Brixton Oval, Coldharbour Lane, Brixton, Tel. 020/7737-2121. Baze2Baze, 10-12 Turnstall Rd. (gegenüber Brixton Tube), tgl. 9 bis 23.30 Uhr.

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