Die Lage Bikaners am Rande der Wüste Thar hat die Stadt und ihre Händler wohlhabend gemacht. Die prachtvollen Havelis, kleine Paläste mit Innenhöfen, zeugen heute noch davon. Bei vielen dieser Häuser bedarf es jedoch etwas Phantasie, um sich den früheren Reichtum ihrer Besitzer vorzustellen. Mit dem Rückgang der Kamelkarawanen verloren die Kaufleute ihre Haupteinnahmequelle, viele Havelis stehen heute leer oder sind nur noch ein Abklatsch ihres einstigen Glanzes.
Nicht so das Bhanwar Niwas, in dem wir heute zu Gast sind. Die Familie von Sunil Rampuria zog mit dem Ende des Handels ins ferne Kalkutta. Die Erinnerung an den alten Familiensitz im Kopf, kehrte Rampuria an den Ort seiner Vorväter zurück und baute das Haus seiner Familie in ein schmuckes kleines Hotel um. Mit viel Liebe und Geduld hat Sunil Rampuria Stücke zusammengetragen, die ihm gefallen. Und dies sind nicht vorwiegend indische Möbel und Kunstgegenstände, sondern vielmehr Zeugnisse europäischer Kultur. Und so finden sich Jugendstilleuchter im Treppenaufgang und Blumenbilder an den Wänden des Speisesaales.
Doch das Interieur ist es nicht allein, das das Bhanwar Niwas zu etwas Besonderem macht. Sein Besitzer ist nämlich kein Hindu, sondern ein Jain. Die Besonderheiten des Jainismus sind für den Europäer nicht leicht zu durchschauen. Eines aber erkennt auch der Laie sofort: Das Essen im Bhanwar Niwas ist anders! Es ist mehr als der Verzicht auf Fleisch. Auch nicht alles Pflanzliche darf gegessen werden und so entstehen Gerichte, die wir anderswo auf unserer Reise nur noch einmal bekommen haben. Aber davon mehr in einer Woche.
Zuerst geht es morgen aber weiter nach Khimsar. Dort wird uns Kunwar Gajendra Singh in seinem Hotel Khimsar Fort begrüßen, wo wir auch einen Puppenspieler treffen werden, der uns einiges über die Eigenheiten des Marionettentheaters in Rajasthan erzählen wird.