Souvenirs, Souvenirs:Mit Voodoo gegen Islands Banker

Gut möglich, dass nach Islands Regierenden auch die Banker seit kurzem ein seltsames Gefühl in Herz- und Stirngegend spüren.

J. Temsch

Eine Reise geht so schnell zu Ende. Und die Erinnerungen verblassen auch immer sofort. Also bringen wir jetzt öfter mal was mit und stellen unsere Fundstücke in lockerer Folge vor.

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(Foto: Foto: oh)

Schwarze Magie wirkt! Jedenfalls ist die Regierung Islands diese Woche zurückgetreten. Jetzt fehlen nur noch ein paar Banker. Gut möglich, dass auch sie seit kurzem ein seltsames Gefühl in Herz- und Stirngegend spüren.

Dieses Gefühl ist nicht direkt ein stechender Schmerz, es ist mehr so ein Nagen. Es ist ein unangenehmes Gefühl. Eines, das nachts wachhält und Bauchgrimmen verursacht.

Hoffentlich ist das so. Denn dann funktionieren die Voodoo-Puppen wirklich, die neuerdings in Islands Hauptstadt Reykjavik in Umlauf sind. Und dann gibt es tatsächlich noch so etwas wie Gerechtigkeit.

Voodoo-Zauber ist eigentlich überhaupt nicht das, was man auf der kalten Insel im Nordatlantik vermutet. Voodoo ist eine heißblütige Religion aus Afrika und Haiti. Dazu passen Lagerfeuer, Trommeln, Ekstase, geschlachtete Hühner und halbnackte Gläubige. Nicht Thermalbäder, Björk, Frösteln, fermentiertes Haifischfleisch und bärtige Menschen in Daunenjacken. Einerseits.

Andererseits haben sich die Isländer seit je mit Geistern angefreundet. Ihr Land teilen sich die 300000 Einwohner mit Trollen und Elfen. Im Polarlicht sehen spirituelle Traditionalisten die Heimat der Seelen Verstorbener. Voodoo-Puppen passen also sehr wohl ins nordische Arsenal des Aberglaubens und sind eine putzige Erscheinungsform globalisierter Teufelskunst.

Womit wir beim Kapital wären, das ebenfalls weltweit agiert. Islands Wirtschaft boomte, die Unternehmen gingen auf Einkaufstour in Europa, die Banken trieben das Land an den Rand des Staatsbankrotts. Kurz gesagt: total fauler Zauber, gegen den nun Gegenzauber helfen soll.

Die liebevoll handgenähten Voodoo-Puppen gibt es im Hexenladen "Nornabudin", einem unscheinbaren Holzhäuschen im Zentrum Reykjaviks, dort, wo die Stadt so harmlos aussieht wie Astrid Lindgrens Bullerbü.

Eva, die junge, blonde Hexe, bietet zwei Arten von rußgeschwärzten Kerlchen an. Die einen haben blaue Haare und symbolisieren Finanzminister Arni Mathiesen. Die anderen haben rote Haare und stehen für den anonymen fiesen Geschäftsmann an sich, den sie in Island "Wikinger" nennen - einst durchaus respektvoll gemeint, heute nur noch ein Schimpfwort.

Mit einem Haar wirkt der Zauber noch besser

Die Gebrauchsanweisung ist aus dem Kino bekannt: Man steckt Nadeln in die Körperteile, an denen man dem Adressaten unangenehme Gefühle zuzufügen wünscht. Wenn man ein Haar der Zielperson in die Rückennaht der Puppe einfädele, sagt Eva, wirke der Zauber noch besser. Man kann zur Not auch ein Porträtfoto aus der Zeitung ausreißen und der Puppe aufkleben. Und man kann das Männchen auch für einen beliebigen anderen Menschen verwenden.

Eva ist im übrigen eine gute Hexe. Sie wünscht den Geschäftsleuten nicht etwa Krankheiten oder gar den Tod. Das unangenehme Gefühl, das sie in Herz und Kopf hervorrufen will, heißt: schlechtes Gewissen.

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