Sommerurlaub in aller Welt:Weg hier!

Sommerferien. Das Wort lässt keinen gleichgültig. Die Briten lieben "Glamping", die Franzosen stehen im Stau - und die anderen? Eine Reise-Rundschau zur Hochsaison.

Von SZ-Korrespondenten aus aller Welt

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Territorialverhalten am Pool

Quelle: dpa

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Die Briten lieben "Glamping", die Franzosen stehen im Stau - und die Anderen? Eine Reise-Rundschau zur Hochsaison. Von SZ-Korrespondenten aus aller Welt

Sommerferien. Das Wort lässt keinen gleichgültig. Egal, in welchem Land und in welcher Sprache. Für Kinder ist die Zeit zwischen zwei Schuljahren eine schier unendliche Phase der Muße. Quasi eine fünfte Jahreszeit, die, wenn man Glück hat, unvergessliche Abenteuer bereithält.

Für Erwachsene sieht die Sache naturgemäß anders aus - egal, wo auf der Welt. Die einen haben nur ein paar Tage frei, die anderen müssen sparen. Aber fast alle träumen: vom perfekten Urlaub.

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Schweden

Der lange Sommerurlaub ist den Schweden heilig. Weil ihre Winter so lang und die warmen, hellen Tage rar sind, wollen sie möglichst jede Minute davon im Freien verbringen. Deswegen verschwinden sie spätestens im Juli kollektiv in die Ferien. Sich dem Trend zu widersetzen und im Sommer zu arbeiten, hat wenig Sinn. Man erreicht in den schwedischen Unternehmen und auf Ämtern sowieso niemanden: Sommer, das ist in Schweden die Zeit der Anrufbeantworter und Abwesenheitsmails. Was bis dahin nicht erledigt wird, bleibt bis September liegen. Von Juni bis August wird beispielsweise in vielen Krankenhäusern nicht mehr operiert, es sei denn es geht um Leben und Tod. Selbst einige schwedische Polizeiwachen sind im Sommer nur noch an manchen Wochentagen besetzt.

Die großen Ferien beginnen mit der größten Party des Jahres: Midsommar, die Sonnenwende, ist in Schweden der wichtigste Feiertag nach Weihnachten. Er liegt immer auf dem Samstag zwischen 20. und 26. Juni. Bereits am Freitag vorher, dem Mittsommerabend, leeren sich die Städte und bleiben die meisten Geschäfte und Restaurants geschlossen. Denn die Schweden feiern Midsommar auf dem Land, mit Freunden und Familie. Sie schmücken einen Maibaum mit Blättern und Blumen und tanzen um ihn herum. Nach dem Fest bleiben viele gleich wo sie sind, in ihrem Sommerhaus an einem der vielen Seen, auf den Schären oder an der Küste.

Silke Bigalke

Jahresurlaub im Durchschnitt: 25 Tage

Sommerferien für Schüler: Etwa zehn Wochen, meist zwischen Juni und August, über den genauen Zeitraum darf jede Schule selbst entscheiden

Beliebte Reiseziele: Schweden, Dänemark, Spanien, Türkei oder Thailand

Beachgoers and holidaymakers enjoy a day in Mar del Plata

Quelle: REUTERS

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Argentinien

Argentinien liegt auf der unteren Hälfte der Erdkugel, deshalb sind dort jetzt keine Sommer-, sondern Winterferien. Wer es sich leisten kann, geht Skifahren, in argentinischen Wintersportorten wie Bariloche, Las Leñas oder Ushuaia oder auf der chilenischen Seite der Anden. Ushuaia befindet sich übrigens auf Feuerland, die Antarktis ist da unten näher als Buenos Aires. Eine andere Minderheit der Argentinier - mit Zugriff auf Euros oder Dollars - fliegt nach Miami oder nach Europa. Die Mehrheit aber bleibt zuhause und wartet zum Beispiel darauf, dass es in der Hauptstadt, wie im Jahr 2007, mal wieder schneit, wozu es allerdings derzeit bei bis zu 13 Grad entschieden zu warm ist.

Der argentinische Sommerurlaub ereignet sich im Januar, dem in der Regel heißesten Monat des Jahres. Dann kann man sich dieses Land so vorstellen wie Spanien im August. Es glüht. Und auch dann gibt es grob unterteilt mehrere Reisegruppen: Die Elite vergnügt sich im Seebad Punta del Este in Uruguay oder an den schönsten Stränden Brasiliens. Die Masse drängt sich in Mar del Plata, dem argentinischen Rimini, oder kühlt sich in den Weiten Patagoniens. Und viele Leute bleiben auch im südamerikanischen Sommer zuhause. Bei aktuell rund 30 Prozent Inflation sind ihnen Reisen schlicht zu teuer.

Peter Burghardt

Jahresurlaub im Durchschnitt: 15 Tage, Wochenenden mitgezählt

Sommerferien für Schüler: Mitte Dezember bis Anfang März

Beliebte Reiseziele: Argentinien, Uruguay, Brasilien

Im Bild: Mar del Plata

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Quelle: AFP

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Frankreich

Jedes Jahr dasselbe. Egal, ob die Familie ihren zweiwöchigen Urlaub in der Nähe von Arles (wie 2012), an der Côte d'Azur (2013) oder wie in diesem Sommer hoch oben in den See-Alpen verlebt: "Vorher und hinterher stehen wir immer im Stau", stöhnt Claire, die Nachbarin, "voriges Jahr haben wir an einem Freitag knapp 300 Kilometer in neun Stunden geschafft." Es gibt kein Entrinnen für die Verwaltungsangestellte und Mutter von drei Kindern. Denn Robert, ihr Mann, muss sich als Ingenieur nach dem Ferienkalender seines Betriebes richten. Also rein in den Massenstau: Abfahrt gegen Sonnenaufgang am ersten Samstag im August, Rückkehr zwei Wochen später am Sonntag.

Die Sommerferien sind den Franzosen heilig. Ihr Pilgerpfad ist die "Autoroute du Soleil" (A6/A7), auf dem sich jedes Jahr im Herdentrieb Millionen Urlauber Richtung Mittelmeer quälen. Typisch französisch ist es, die "grandes vacances" gemeinsam mit Verwandten und Freunden zu verleben. Das hat den Vorteil, oft kostenlos in deren Bungalow oder Ferienappartement unterzukommen. So nutzt auch Claire samt Familie diesmal das Chalet der Schwiegereltern. Frankreichs Wirtschaftskrise zwingt zum Sparen, das geplante Urlaubsbudget fällt mit durchschnittlich 889 Euro pro Familie zwölf Prozent knapper aus als im Vorjahr. Viele dürften diesen engen Rahmen letztlich aber wohl überdehnen: Als Lieblingsaktivität im Urlaub geben Franzosen (neben Lesen) schließlich an: "gutes Essen".

Christian Wernicke

Jahresurlaub im Durchschnitt: 25 Tage

Sommerferien für Schüler: gut acht Wochen, Anfang Juli bis Anfang September

Beliebte Reiseziele: Frankreich, la plage - der Strand

Blackpool Tourist Board Launch New Campaign

Quelle: Getty Images

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Großbritannien

Vergangenes Jahr waren es noch Bali im Sommer und das Skigebiet Portes du Soleil im Winter. Aber dieses Jahr will Sarah es mit einer "Staycation" versuchen. Als alleinerziehender Mutter erscheint es der Londoner Ärztin einfacher, während der Sommerferien im Land zu bleiben. Das erleichtere nicht nur die logistischen Absprachen mit dem Vater ihres Sohnes, sagt sie: "Es kostet einfach weniger." Für Sarah, wie für viele Briten, ist das unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen ein wichtiger Faktor. Für einigermaßen gut situierte Engländer der Post-Thatcher-Ära galt lange: ein richtiger Sommerurlaub ist es nur, wenn man weit wegfliegt.

Aber seit die Finanzen das bei manchen nicht mehr zulassen, hat auch die Mittelschicht wieder den Strandurlaub in Wales und Wanderungen im Lake District oder in den Highlands für sich entdeckt. Wenn man campen geht, muss es ja nicht gleich das billigste Zelt oder ein spießiger Wohnwagen sein: "Glamping" (Glamour Camping) heißt das Urlaubskonzept, dem sich diesen Sommer auch Sarah verschrieben hat. Jurten mit Federkernbetten und grundrenovierte Fünfzigerjahre-Trailer mit Klimaanlage bieten einen gewissen Luxus, sind aber für kleineres Geld zu haben als eine Mehrpersonenreise mit Langstreckenflug. Englische Arbeiter hingegen strömten früher, wenn sie denn überhaupt frei bekamen, zu Zehntausenden in die proletarischen Seebäder Blackpool oder Margate. Die sind mittlerweile ziemlich heruntergekommen. Heute liegen die beliebtesten Reiseziele für Engländer, die einen erschwinglichen Urlaub am Meer verbringen wollen, in Spanien: Costa Blanca und Mallorca. Beide sind mit Flug meist noch billiger als Glamping im Lake District.

Alexander Menden

Jahresurlaub im Durchschnitt: gesetzlich garantiert sind 28 Tage

Sommerferien für Schüler: acht Wochen an Privatschulen, sechs Wochen an staatliche Schulen. Zwischen Ende Juli und Anfang September

Beliebte Reiseziele: Großbritannien und Südeuropa, vor allem Spanien

Im Bild: Strandkiosk in Blackpool

Taj Mahal Agra Indien

Quelle: SZ

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Indien

Die Mehrheit der 1,2 Milliarden Inder lebt von weniger als umgerechnet zwei US-Dollar am Tag. Für sie bleibt Urlaub: ein Traum. Die Menschen hier schuften in der Landwirtschaft, um der Familie das Überleben zu sichern. Oder sie schließen sich dem Millionenheer an, das vom Land in Megastädte wie Delhi oder Mumbai zieht - in der Hoffnung, hier als Dienstboten, Fahrer oder Wachmänner einen Job zu finden. "Ich habe meine Eltern und mein Dorf besucht", erzählen die Arbeitsmigranten dann ein bis zweimal im Jahr, wenn sie nach ein paar Tagen in ihrer Heimat wieder zurück zum Arbeiten in der Metropole sind. Diese kurzen Abstecher sind für sie eine Art Urlaub, zumindest eine Auszeit vom harten Alltag. Auszeiten nehmen sich Millionen Inder auch Jahr für Jahr während religiöser Feiern und für Pilgerreisen.

Aber es gibt auch eine wachsende indische Mittelschicht, und die hat ihr Faible für das Reisen entdeckt. Zwar überwiegt nach wie vor das Entdecken des eigenen Landes, aber auch Fernziele werden immer häufiger gebucht. Ein Mittelschichts-Einkommen ist jedoch nicht mit einem deutschen Gehalt zu vergleichen. Inder gelten denn bislang bei Reiseveranstaltern nach wie vor als sparsam, auch wenn sie in Umfragen betonen, nun mehr für ihre Urlaube ausgeben zu wollen. Völlig losgelöst vom Rest der Bevölkerung verbringen die Milliardäre und Millionäre, von denen es in Indien etliche gibt, ihren Urlaub: Ihre Reisen, etwa nach Dubai oder London, sind vor allem ausgiebige Shoppingtouren.

Tobias Matern

Jahresurlaub im Durchschnitt: Etwa 12 Tage. Die meisten Inder arbeiten im informellen Sektor und haben keinen Rechtsanspruch auf Urlaub. Dazu kommen circa 15 Feiertage.

Sommerferien für Schüler: sechs bis acht Wochen, je nach Jahrgang

Beliebte Reiseziele: Im Inland: Delhi, Mumbai und Goa. Im Ausland: Thailand, Dubai, Singapur, London und Hongkong

Miami Beach - Stadtansichten

Quelle: Thomas Eisenhuth/dpa

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USA

Amerikaner haben kaum Urlaub. Das ist ein Klischee, und es stimmt, jedenfalls fast. Die Vereinigten Staaten kennen als einzige große Industrienation keinen gesetzlichen Urlaubsanspruch. Immerhin machen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft durchschnittlich 16 Tage im Jahr Ferien. Staatsbedienstete sind zum Teil wesentlich besser dran, Kleinverdiener haben dagegen oft gar keine bezahlte Auszeit. Die Idee des großen Sommerurlaubs ist in den USA aus diesen Gründen also fast unbekannt, Europäer sorgen immer wieder für Verblüffung, wenn sie von ihren eigenen Drei- oder Vier-Wochen-Ferien berichten.

Umso wichtiger sind für Amerikaner Kurzurlaube; sie werden meist um einen der nationalen Feiertage herum gelegt, vor allem dem Memorial Day (letzter Montag im Mai), dem Nationalfeiertag (4. Juli), dem Labor Day (erster Montag im September) und Thanksgiving (vierter Donnerstag im November). Thanksgiving wird meist für Familienbesuche genutzt. Beliebt ist auch ein Kurzurlaub im Frühjahr ("Spring Break").

Nikolaus Piper

Jahresurlaub im Durchschnitt: 16 Tage

Sommerferien für Schüler: acht bis zehn Wochen (in New York etwa von Ende Juni bis Anfang September)

Beliebte Reiseziele: USA, Mexiko, Karibik

Im Bild: Miami Beach, Florida

Herbst in den Alpen

Quelle: dpa

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Deutschland

Es hat sich zum Glück ein bisschen was geändert, seit die Familie Löffler aus Ampermoching ans Tyrrhenische Meer aufbrach, fast schon besessen von der Furcht, böse Mafiosi könnten ihr Auto stehlen. 1988 brachte Gerhard Polt seine heitere Strandkomödie "Man spricht Deutsh" in die Kinos. Der missgelaunte, ängstliche, geizige und zugleich anspruchsvolle Urlauber aus Germanien mag seither eine Witzfigur sein, aber ganz falsch ist das Klischee nicht. Ein paar wenig überraschende Daten, ermittelt von der Stiftung für Zukunftsfragen: Am liebsten bleiben die Deutschen zuhause, jeder Vierte plant den Haupturlaub im eigenen Land, gerne in Bayern und neuerdings auch an der Ostsee. Danach kommen die Klassiker Spanien (mit der unvermeidlichen Insel Mallorca), die alte Polt-Destination Italien und die Türkei. Griechenland liegt gleichauf mit Skandinavien, und das zeigt schon, dass die Sehnsucht nach dem billigen Arkadien mit der Blockhütten-Romantik in wilder Natur konkurriert.

Nichts ist dem reisenden Deutschen aber so wichtig wie das Preis-Leistungsverhältnis; man hält gerne den Geldbeutel zu, wenn man ihn nicht gleich im Sicherheitsgürtel versteckt. Außerdem wird der Urlaub tendenziell immer kürzer. Zugleich gilt aber auch: Reiselustige Deutsche trifft man überall, auf vernebelten Andengipfeln ebenso wie auf afrikanischen Pauschal-Safaris. Und nein: Man spricht nicht nur Deutsh, sondern passt sich heute beflissen an die Landessprachen und Sitten an. Nur das Nörgeln im Urlaub können sich die Deutschen nicht mehr abgewöhnen.

Christian Mayer

Jahresurlaub im Durchschnitt: per Gesetz mindestens 24 Werktage

Sommerferien für Schüler: in der Regel sechs Wochen

Beliebte Reiseziele: Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Österreich

Im Bild: Forggensee und Alpenpanorama in Bayern

© SZ vom 2./3.8.2014/ihe
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