Sommer in Grönland:Wo die Eisberge flüstern

Sonnenschutz nicht vergessen: An der Südspitze Grönlands ist im Hochsommer sogar Zelten möglich.

Der Hund ist fast nicht zu sehen, sein beige-graues Fell hebt sich kaum vom sandbedeckten Basaltgestein ab. Zusammengerollt schläft er tief, die Schnauze in den buschigen Schwanz geknuddelt. Es ist Sommer in Grönland, und den verbringen die Schlittenhunde zum großen Teil mit Siesta. Im Gegensatz zum Rest der Insel: Im Sommer wird gebaut, gefischt und gejagt - und die Touristen sind da.

Kalaalit Nunaat, "Land der Menschen", wird Grönland genannt. Dabei wohnen nur rund 56 000 Einwohner auf einer Fläche, die sechs Mal so groß ist wie Deutschland. Das Eis lässt nicht viel Raum, nur ein Sechstel der mehr als 2,175 Millionen Quadratkilometer großen Insel ist eisfrei.

Geographisch zählt Grönland zu Nordamerika, politisch aber als autonomer Bestandteil zum Königreich Dänemark. Deswegen wird Dänisch und Grönländisch gesprochen und mit Dänischen Kronen bezahlt.

Die meisten Touristen zieht es an die Südwestküste. In dieser Region kann es im Einfluss des Golfstroms im Juli und August richtig sommerlich werden - bis zu 20 Grad. Das ist warm genug zum Zelten, und so kommen auch Rucksacktouristen gerne auf die Insel, wo es ähnlich wie in Skandinavien im Sommer sehr lange hell ist.

Wer viel sehen will, aber abends doch in ein gemachtes Bett klettern möchte, besteigt am besten ein Schiff. Im Jahr 2006 legten gut 25 Kreuzfahrtschiffe in den Inselhäfen an. Weil die Fischer nicht so oft etwas Neues zu sehen bekommen, ruht die Arbeit, wenn die Gäste der "MS Disko II", der "MS Multanovskiy" oder der "MS Bremen" die Gangway herunterklettern. Erst nach ausgiebiger Pause mit verschränkten Armen werden dann wieder Schwarzer Heilbutt entladen, Grönlandshrimps in Eis gepackt und Robben gehäutet.

Die meisten Kreuzfahrt- und Expeditionsschiffe kreuzen vor der Westküste. Dort befinden sich im Süden Sehenswürdigkeiten aus der Wikingerzeit wie das Dorf Qassiarsuk, die grönländische Heimat von Erik dem Roten. Der Wikinger war im Jahr 985 nach Christi Geburt der Anführer der ersten europäischen Siedler und gilt als der Entdecker Grönlands.

Auch die Hauptstadt Nuuk, in der rund ein Viertel der Bevölkerung lebt, ist ein Ziel. Besonders beliebt aber ist die Route von Kangerlussuaq über die Diskobucht rund um die Diskoinsel mit dem Eisfjord Kangia nach Uummannaq im Norden.

Besucher bringen Abwechslung

Die Häfen ähneln ein wenig denen an der norwegischen Küste. Die Ansiedlungen sind beschaulich, die Holzhäuser bunt gestrichen. Die Einwohner freuen sich über Besucher. Sie bringen Abwechslung in den Alltag. In dem Dorf Ukkusissat zum Beispiel führen Jugendliche einheimische Tänze vor, in Itilleq ist Fußball spielen angesagt - wenn auch regelwidrig mit 32 Mann im Feld.

Von den Ortschaften aus lassen sich schöne Ausflüge in die Wildnis machen. Je nach Fitness kann man einfach nur weit geradeaus wandern oder aber auch Anhöhen erklimmen. Von dort schweift der Blick dann weit über ein strahlend blaues Meer mit grauweißen Eisbergen - oder auch landeinwärts über grüne Tundra mit rosa Heideröschen und weißem Wollgras, Wildbächen und Wasserfällen. Wohin es einen auch zieht: Wege gibt es nicht, es geht immer querfeldein.

Wichtig sind bei allen Ausflügen Sonnenmilch und Mückenschutz - auch wenn das fast niemand erwartet. Die Sonne kann jedoch sehr intensiv werden. Ist sie wieder weg, sinken die Temperaturen rapide.

Also ist "Zwiebellook" angesagt. Bei Windstille wiederum überfallen Mücken geradezu heißhungrig die seltenen Wanderer. Da ist eine Fahrt mit dem Fischkutter zu den Eisbergen eine willkommene Abwechslung.

Eisberge sind die eigentliche Attraktion Grönlands. Wer einmal fast lautlos mit einem Expeditionsschiff an den weißen Kolossen vorbeigefahren ist, nervt seine Bekanntschaft nach der Rückkehr mit endlosen Schilderungen von Größe, Grün- und Blauschattierungen - und Geräuschen.

Eisberge "flüstern" im Wasser. Zumindest klingt das leise Knistern, das beim Entweichen der Jahrtausende alten Luft aus dem schmelzenden Eis zu hören ist, sehr ähnlich.

Geradezu ergreifend ist der Anblick von Walen. Das Zischgeräusch, das die Säuger beim Atemholen machen, hat hohen Wiedererkennungswert. Der Wanderer auf den Klippen richtet bei diesem Geräusch sofort den Blick aufs Meer und sucht nach den Wasserfontänen. In der Diskobucht schwimmen Buckelwale und Grönlandwale, oft in großen Gruppen.

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